REAL-LAST
Reale Verkehrslastmodelle von Brückenbauwerken
Programm / Ausschreibung | Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft - Transnational, DACH 2021 | Status | abgeschlossen |
---|---|---|---|
Projektstart | 01.12.2021 | Projektende | 30.04.2024 |
Zeitraum | 2021 - 2024 | Projektlaufzeit | 29 Monate |
Keywords | Lastmodelle; Probabilisitik; Bestandsbrücken; Ermüdung; Optimierung; |
Projektbeschreibung
Die bestehenden Ingenieurbauwerke im Straßennetz wurden auf Basis der zum Zeitpunkt der Planung des Bauwerkes gültigen nationalen Normen und Regelungen erstellt. Die Altersstruktur der Ingenieurbauwerke umfasst historisch bedingt einen großen Anteil von Bauwerken, die bereits mehr als 40 Jahre alt sind. Die der aktuellen EN 1991-2 zugrunde gelegten Lastmodelle stammen aus Verkehrsmessungen aus dem Jahre 1986. Neue Sensortechnik in der Straßeninfrastruktur, kontinuierliche Erfassung von Fahrzeugen durch Ausbau von Zähl- oder WIM-Stellen, aber auch Fahrzeugentwicklungen (automatisierter Verkehr) ermöglichen es, Verkehrsflüsse auf Straßen besser zu erfassen, bzw. lassen auch neue Kommunikationsmöglichkeiten zwischen dem Fahrzeug und der Infrastruktur inklusive Brücken zu. Diese Technologien sind für die Bauwerke derzeit noch Großteils völlig ungenützt. Durch optimale Nutzung dieser Technologien ist es jedoch möglich, Ist-Verkehrsszenarien besser zu bestimmen, und damit die Modellgrundlagen der derzeit gültigen normativen Lastmodelle wie Annahmen für Stauwahrscheinlichkeiten, Fahrstreifenwahl, Bewertung von Ausreißer-Fahrzeugen genauer und realitätsnäher zu definieren und fortlaufend zu bewerten.
Das Projekt REAL-LAST entwickelt und verifiziert einen Algorithmus zur streckenspezifischen Anpassung der Verkehrslastmodelle/Anpassungsfaktoren (Alpha-Faktoren) der LM1/ELM(X) gem. EN 1991-2 auf Basis der Fusion unterschiedlicher Datenquellen und unter Beachtung der Spezifik der Bestandsbrücken zum Zweck der Nachrechnung von Brücken am hochrangigen Streckennetz im D-A-CH Raum.
Der im Rahmen des Projekts zu entwickelnde Algorithmus besteht aus mehreren Modulen: Verkehrsdatenfusion, Verkehrssimulation, Brückenanalyse sowie Lastmodellkalibrierung und muss in der Lage sein, mit unvollständigen Verkehrsdaten auf einem Straßenabschnitt umzugehen, die verfügbaren Daten zu verwenden bzw. Lücken zu füllen, um das am besten geeignete streckenabhängige Lastmodell zu erstellen. Auf dieser Grundlage kann der Algorithmus die Anpassungsfaktoren entweder für den Straßenabschnitt oder mit zusätzlichen Informationen für eine bestimmte Brücke liefern, wobei Unsicherheiten der Modellierung, der Adaptierung der Anpassungsfaktoren usw. berücksichtigt werden. Dies ermöglicht eine schrittweise Bewertung des Straßenabschnitts oder der Brücke, wobei zusätzliche Daten zu genaueren Anpassungsfaktoren führen, d. h. mit reduzierten Unsicherheiten und Teilfaktoren unter Beibehaltung des Zuverlässigkeitsniveaus des Tragwerks.
Dazu werden vom Konsortium bereits umfassend vorhandene Daten und Forschungsergebnisse zu Lastmodellen sowie seitens der Auftraggeber zur Verfügung gestellte Datenquellen fusioniert. Dies sind u.a. Daten aus Zählstellen, Weigh-in-Motion (WIM), Videoüberwachung und Maut, sowie weitere flexibel einbezogene Sonderdatenquellen (neue Messsysteme, ITS-Systeme, LKW als Sensor), aber auch gänzlich neue Systeme wie mobile Verkehrsflusserfassungsanlagen, spezielle Trajektorienauswertung aus Videodaten oder Messdaten aus Echtzeitverkehrserfassung an bestehenden Glasfasern mit Distributed Fibre Sensing. Dabei sollen relevante Verkehrsparameter gefunden und mittels Verkehrssimulation ein streckenabhängiges Lastmodell auf Basis der Auswertung dieser realen Daten entwickelt werden. Durch die streckenspezifische (bis zu 30 km) datenbasierte Kalibration der Anpassungsfaktoren der Lastmodelle gemäß EN 1991-2 soll der Bezug zum LM1 bzw. ELM(X) für eine statisch-konstruktive Betrachtung der Bestandsbrücken hergestellt werden.
Ergebnis des Projekts REAL-LAST ist ein validierter Algorithmus zur Bestimmung der streckenspezifischen Anpassungsfaktoren (Alpha-Faktoren) auf Basis von unterschiedlichen Datenquellen für LM1 bzw. ELM(X) gem. EN 1991-2 oder Ergänzungslastmodellen. Die ingenieurpraktische Anwendbarkeit und der Nutzen dieses neu entwickelten Algorithmus werden im Zuge des Projekts an insgesamt drei Use Cases (je einer aus DE, AT und CH) demonstriert.
Abstract
national rules and standards at the time of planning/construction. The age distribution of these structures shows that a large proportion of them is 40 years or older and the current load models in EN 1991-2 are based on traffic surveys in 1986. New sensor technologies in road infrastructure, continuous traffic data collection via volume and WIM measurements, but also ongoing developments in vehicle technologies (automated traffic) allow more accurate traffic surveys and provide new means of communication between the vehicles and the infrastructure including bridges. Currently these technologies are largely unused when it comes to engineering structures. The optimised use of these sensors would allow today’s traffic scenarios to be determined more reliably, and thus provide more realistic parameters for standardised load models regarding assumptions of the likelihood of traffic jams, lane changes and outlier vehicles.
The project REAL-LAST develops and verifies an algorithm for adapting the traffic load models LM1/ELM(X) in EN 1991-2 to specific routes (adjustment factor alpha) based on the data fusion from different sources to reassess existing structures on the high-level road network of the D-A-CH region.
The algorithm developed in the course of the project consists of several modules: Traffic data fusion, traffic simulation, bridge analyses as well as load model calibrations. It needs to be able to handle incomplete sets of traffic data for a certain route by using the available data to fill gaps in order to find the best-fit load model for a given route. Thus, the algorithm can deliver the adjustment factors for a certain section or – given additional information – for a certain bridge, considering uncertainties in modelling, the adaptation of the adjustment factors and so on. This allows a stepwise assessment of the road section or bridge, where additional information can lead to more accurate adjustment factors, i.e. with lower uncertainties while keeping the reliability level of the structure constant.
To this end, comprehensive data and research results concerning load models will be provided by the consortium and data sources from the client will be amalgamated. This includes information from traffic counts, WIM, video surveys and toll, as well as special data sources where needed (new measurement systems, ITS systems, trucks as sensors) or even completely new systems such as mobile traffic volume recorders, trajectories from video data or real-time data from distributed fibre optic sensing. These sources should allow relevant traffic parameters to be found in order to develop customised load models for specific routes using traffic simulations. Given the route-specific (up to 30 km) calibration of the load models’ adjustment factor according to EN 1991-2, the connection to LM1/ELM(X) can be made for structural reliability assessments of existing structures.
The outcome of the project REAL-LAST is a validated algorithm for finding specific adjustment factors (alpha factors) for given routes based on different data sources for LM1 or ELM(X) in EN1991-2 or complementary models. The practical applicability of the new algorithm will be demonstrated in the course of the project given three use cases (one from Germany, Austria and Switzerland, respectively).
Endberichtkurzfassung
REAL-LAST entwickelte Algorithmen zur streckenspezifischen Kalibrierung von Verkehrslastmodellen an Brücken, welche die örtlichen Spezifika des Verkehrs und der Brückenkonfigurationen berücksichtigen.
Im Projekt wurde ein Algorithmus zur Lastmodellkalibrierung entwickelt, der sich aus 4 Modulen zusammensetzt: 1) Verkehrsdatenfusion, 2) Verkehrssimulation, 3) Brückenanalyse, 4) Lastmodellkalibrierung.
Die im Projekt ausgewerteten Daten der Zählstellen und der Weigh-In-Motion Messanlagen in den drei D-A-CH Ländern erlaubten zusammen mit der entwickelten Algorithmik eine Anwendung in verschiedenen Fällen der Verfügbarkeit von Daten über den Verkehr. Als maßgebend für die Brücken haben sich die Genehmigungspflichten Fahrzeuge, sowie überladene Sattelschlepper herausgestellt.
Die Verkehrssimulation generiert Achslastfolgen gemäß den Verkehrseigenschaften aus der Verkehrsdatenfusion mit der Dauer von 1 Jahr. Mit diesen Achslastfolgen werden Zeitfunktionen der inneren Brückenkräfte ermittelt, die der Lastmodellkalibrierung dienen. Dabei wurden zwei Ansätze verfolgt: 1) statistische Auftretenswahrscheinlichkeit der Lastniveaus, 2) vollprobabilistische Methodik, die zusätzlich auch den Widerstand modelliert.
Es wurden Algorithmen zur Anpassung der Lastfaktoren α Q , α q für die Grenzzustände der Tragfähigkeit, sowie der λ -Faktoren für die Ermüdungsbewertung ausgearbeitet. Dabei zeigte sich, dass bei der vollprobabilistischen Methodik im Durchschnitt ca. 17% geringere Lastmodellfaktoren resultieren. Der Einfluss vom Genehmigungspflichten Schwerverkehr war vor allem bei Brücken mit kurzen Spannweiten dominant.
Das Projekt lieferte auch neue Messdaten der Fahrzeugabstände im Stau, die videobasiert mit der „Mobility Observation Box“ erfasst wurden. Weiterhin wurde auch ein neues Modell zur Abbildung dynamischer Lastvergrößerungsfaktoren entwickelt.
Kurzzusammenfassung
Problem
In den letzten Jahrzehnten ist ein starker Anstieg des Schwerverkehrsaufkommens auf den Straßen Europas festzustellen und auch für die Zukunft wird ein weiterer Zuwachs prognostiziert. Die Altersstruktur der Ingenieurbauwerke umfasst historisch bedingt einen großen Anteil von Bauwerken, die bereits über 40 Jahre alt sind und entsprechend den nationalen Normen, die zum Zeitpunkt der Planung gültig waren, entworfen wurden.
Gewählte Methodik
Eine streckenspezifische Anpassung der Verkehrslastmodelle für das hochrangige Streckennetz, die sowohl lokale Verkehrsmessdaten als auch auftretende Brückenkonfigurationen berücksichtigt, ermöglicht die Anwendung objektspezifisch differenzierter Lasten.
Ergebnisse
Algorithmen zur streckenspezifischen Anpassung der Lastfaktoren α Q , α q für die Grenzzustände der Tragfähigkeit, sowie der λ-Faktoren für die Ermüdungsbewertung wurden entwickelt. Dabei wurde sowohl Fließverkehr als auch der Stau simuliert. Die lokalen Verkehrscharakteristika werden durch Verkehrsdatenfusion bestimmt.
Schlussfolgerungen
Während bei kleinen Brückenspannweiten der Einfluss vom Fließverkehr dominiert, ist bei Spannweiten ab ca. 30 m der Stau maßgebend. Es wird generell empfohlen, zwei Faktoren ( α Q , α q ) in der Anpassung zu verwenden. Mit bekannter Verkehrsstärke und Lastmodellkalibrierung auf Basis der EN 1991-2 können bereits gute Näherungswerte erzielt werden. Der Einbezug von lokalen Weigh-In-Motion Daten und eine vollprobabilistische Kalibrierung auf Zielzuverlässigkeit sind in Härtefällen empfehlenswert.