Decarb Alt Erlaa
Transformation des Wohnparks Alt Erlaa zu einem klimaneutralen Quartier
Programm / Ausschreibung | Smart Cities, TLKNS, Transformative Lösungen für Klimaneutrale Städte 2023 | Status | laufend |
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Projektstart | 01.07.2024 | Projektende | 30.06.2025 |
Zeitraum | 2024 - 2025 | Projektlaufzeit | 12 Monate |
Keywords | Thermische Sanierung; Heizungsumstellung; Soziale Begleitung; Risikoanalyse; CO2-Senken |
Projektbeschreibung
Decarb Alt Erlaa sondiert die Möglichkeiten, den Wohnpark Alt Erlaa, eine der größten Wohnanlagen Österreichs und ein überregional ausstrahlendes Leitprojekt des sozialen Wohnbaus, zu einem klimaneutralen Quartier zu transformieren; mit den Elementen thermischer Sanierung, Dekarbonisierung des Heizungssystems, sozialwissenschaftlicher Begleitung, Sondierung innovativer Technologien zur CO2-Bindung im Betrieb sowie mit einer systematischen Risikoanalyse.
Die Wohnanlage bietet mit Ihrer ungewöhnlichen Dimension von ca. 3.000 Wohnungen auf 340.000 Quadratmetern Bruttogrundfläche, mit ihrer architekturhistorischen und sozioökonomischen Bedeutung und mit Ihrem energieintensiven Baustandard der 1970er und 1980er Jahre, sehr chancenreiche aber auch sehr herausfordernde Bedingungen für die Entwicklung zu einem klimaneutralen Quartier.
Die Sondierung einer Transformation zum klimaneutralen Quartier erweitert und vertieft die bisherigen Planungsvorarbeiten und erweitert deren Ziele.
Das Projekt beinhaltet systematische Potenzialanalysen hinsichtlich bautechnischer Maßnahmen, hinsichtlich gebäudetechnischer Maßnahmen und hinsichtlich einer sozialwissenschaftlichen Begleitung des Transformationsprozesses. Es beinhaltet außerdem die Machbarkeitsanalyse innovativer out of the box - Technologien zur CO2 Bindung im Betrieb sowie eine systematische Risikoanalyse. Mit seiner beachtlichen Dimension ist es geeignet, substanzielle technologische und soziale Innovationen anzustoßen und umzusetzen.
Im Fall eines positiven Ausgangs der Sondierung ist geplant, die erarbeiteten Maßnahmen umzusetzen, die Transformation zum klimaneutralen Quartier also durchzuführen und in einem aufbauenden, dreijährigen Kooperativen F&E Projekt auch weiter wissenschaftlich zu begleiten.
Abstract
Decarb Alt Erlaa explores the possibilities of transforming the Wohpark Alt Erlaa, one of Austria's largest residential complexes and a leading social housing project with supra-regional appeal, into a climate-neutral district; with the elements of thermal refurbishment, decarbonization of the heating system, social science support, exploration of innovative technologies for CO2 binding in operation and a systematic risk analysis.
With its unusual dimensions of 3,000 flats within 340,000 square meters of gross floor area, its architectural-historical and socio-economic significance and its building standard from the 1970s and 1980s, the residential complex offers very promising but also very challenging conditions for the development of a climate-neutral district.
The exploration of a transformation to a climate-neutral neighborhood expands and deepens the previous planning work and extends its goals.
The project includes systematic potential analyses with regard to structural engineering measures, building technology measures and social science support for the transformation process. It also includes the feasibility analysis of innovative out-of-the-box technologies for CO2 binding in operation as well as a systematic risk analysis. The project's office-based dimension makes it suitable for initiating and implementing substantial technological and social innovations.
In the event of a positive outcome of the exploratory study, it is planned to implement the measures developed, i.e. to carry out the transformation to a climate-neutral neighborhood and to continue to provide scientific support in a three-year cooperative R&D project.
Endberichtkurzfassung
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Decarb Alt Erlaa” wurde die Möglichkeit einer umfassenden Transformation des Wohnparks Alt Erlaa in ein klimaneutrales Quartier untersucht. Der Wohnpark ist die größte Wohnanlage Österreichs und ein überregional beachtetes Leitprojekt des sozialen Wohnbaus. Mithilfe systematischer Potenzialanalysen in den Bereichen bautechnische und gebäudetechnische Maßnahmen sowie sozialwissenschaftliche Begleitung sollte herausgefunden werden, wie eine klimaneutrale Zukunft für diese Großwohnanlage gestaltet werden kann. Ergänzend wurde geprüft, inwieweit innovative Technologien zur Bindung von Kohlenstoff im laufenden Betrieb eingesetzt werden können, sowie eine Risikoanalyse durchgeführt, um das auf diese Sondierung folgende Umsetzungsprojekt abzusichern. Die zentrale Forschungsfrage lautete: „Welche Kombination aus technischen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen ist geeignet, um den Wohnpark bis 2040 klimaneutral zu machen und gleichzeitig die hohe Lebensqualität und Zufriedenheit der Bewohnerschaft t zu erhalten?”
Der Wohnpark Alt Erlaa umfasst rund 3.200 Wohnungen auf einer Bruttogrundfläche von 350.000 Quadratmetern. Die aus den späten 1970er und frühen 1980er Jahren stammende Bausubstanz weist einen für heutige Standards hohen Energiebedarf auf und verfügt über ein hohes Transformationspotenzial. Geplant sind eine umfassende thermische Sanierung sowie die Dekarbonisierung des Heizsystems. Die bisherigen Planungen konzentrierten sich auf Effizienz und Umstellung der Energieversorgung. Die Sondierung einer Transformation zum klimaneutralen Quartier erweitert und vertieft die bisherigen Planungsvorarbeiten und deren Ziele.
Die Sondierung verfolgte das Ziel, einen umfangreichen Maßnahmenkatalog für eine klimaneutrale Transformation vorzubereiten. Dazu gehörten: (1) Detaillierte Potenzialanalysen zu bautechnischen und gebäudetechnischen Maßnahmen, (2) eine sozialwissenschaftliche Begleitung zur Einbindung der Bewohnende in den Transformationsprozess, (3) eine Abschätzung des Potentials und möglicher Einbindung innovativer Technologien zur Kohlenstoffbindung im Wohnpark und (4) die Durchführung einer Risikoanalyse zu technischen, organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Aspekten.
Die methodische Herangehensweise unterschied sich je nach Arbeitspaket und inhaltlichem Schwerpunkt. Im Bereich der bautechnischen Maßnahmen kamen Wärmebedarfssimulationen zum Einsatz, um die verschiedenen Einzelmaßnahmen und Varianten der thermischen Sanierung zu quantifizieren. Zusätzlich wurden auf Basis der bisherigen Erfahrungswerte des Konsortiums und fundierter Schätzungen Aussagen zur sozialen Wirkung sowie zur Wirtschaftlichkeit getroffen. Die vorgeschlagenen gebäudetechnischen Maßnahmen wurden einerseits quantitativ über Berechnungen und andererseits qualitativ über nominale Einstufungen bewertet. Parallel zu den technischen Bewertungen führte die sozialwissenschaftliche Begleitung Befragungen, Fokusgruppen und Beteiligungsformate durch, um Akzeptanz, Informationsbedarf und Mitwirkungsbereitschaft zu ermitteln. Die Machbarkeitsstudie innovativer Verfahren zur Bindung von Kohlendioxid im Betrieb basierte auf einer Kombination aus Literaturrecherche, Pilotprojektdaten und Herstellerangaben. Für jede Technologie wurden Funktionsweise, technische Rahmenbedingungen, ökologische Wirkungen, räumliche Anforderungen und Kosten bewertet. Ergänzend wurden rechtliche Aspekte, Skalierbarkeit auf Quartiersebene sowie soziale Akzeptanz berücksichtigt. Die Risikoanalyse wurde mit einer „Failure Mode and Effects Analyse“ (FMEA) durchgeführt, um mögliche Schwachstellen systematisch zu identifizieren und bewerten. Auf Basis aktueller Planungsunterlagen wurden Fehlerarten, Ursachen und Auswirkungen erfasst und mittels Risikoprioritätszahl quantifiziert. Die Analyse erfolgte in interdisziplinären Workshops, an denen Vertreter aus den Bereichen Forschung, Planung, Sozialwissenschaft und Eigentümerschaft beteiligt waren. Aufbauend auf den Ergebnissen der vorangegangenen Arbeitspakete wurden abschließend abgestimmte Maßnahmenpakete zur Sanierung und Dekarbonisierung des Wohnparks entwickelt. Diese gelten als Grundstein des nachfolgenden Umsetzungsprojektes.
Das Projekt „Decarb Alt Erlaa“ hat gezeigt, dass die Dekarbonisierung und Sanierung des Wohnparks zu technisch möglich und sozial verträglich umsetzbar sind. In der bautechnischen Analyse konnte nachgewiesen werden, dass auch Wohnanlagen aus den 1970er- und 1980er-Jahren mit komplexen Strukturen im bewohnten Zustand durch gezielte Maßnahmenpakete ihren Heizwärmebedarf deutlich senken und sogar den klimaaktiv-Standard erreichen können. Die gebäudetechnische Potenzialanalyse bestätigte die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit lokaler Wärmequellen und zeigte, dass eine vollständig emissionsarme Wärmeversorgung möglich ist. Die sozialwissenschaftliche Begleitung hat verdeutlicht, dass Akzeptanz, Transparenz und Mitgestaltung der Bewohnerschaft für den Projekterfolg entscheidend sind. Ebenfalls von maßgebender Bedeutung für den Projekterfolg war die Risikoanalyse, die die Aspekte technische Machbarkeit, Finanzierung, rechtliche Rahmenbedingungen und soziale Faktoren frühzeitig durchleuchtet hat und bereits in frühen Planungsphasen erheblich zur Risikoreduktion beitragen kann. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Transformation des Wohnparks zu einem vollständig klimaneutralen Quartier mit wesentlichen Herausforderungen verbunden ist. Zwar wurden umsetzbare Potenziale für die Pyrolyse von Gartenabfällen zur CO2-Bindung identifiziert, jedoch ist das Ausmaß nicht ausreichend. Die beiden anderen untersuchten Technologien weisen derzeit noch erhebliche Hürden auf.
Im bereits genehmigten Demonstrationsprojekt JUNG Erlaa werden die im Rahmen dieser Sondierung erarbeiteten Konzepte konkret umgesetzt. Dies umfasst die empfohlene thermische Sanierung sowie die Umstellung des Heizungssystems auf Wärmepumpen mit Nutzung lokaler Wärmequellen durch Tiefensonden und Abwasserwärmerückgewinnung. Weiters ist die Pilotierung einer Pyrolyseanlage für Gartenabfälle geplant. Parallel dazu werden die im Projekt entwickelten Beteiligungs- und Kommunikationsformate fortgeführt, um eine hohe Transparenz und Akzeptanz während der Umsetzung sicherzustellen. Ebenso weitergeführt wird die kontinuierliche Risikobewertung. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse sind nicht nur für den Wohnpark Alt Erlaa von Bedeutung, sondern auch für vergleichbare großvolumige Wohnanlagen, die im Rahmen der Wärmewende vor ähnlichen Herausforderungen stehen.