Prefab.Facade
Performance-Steigerung von kreislauffähigen, seriell vorgefertigten Fassadenelementen
| Programm / Ausschreibung | IWI 24/26, IWI 24/26, Basisprogramm Ausschreibung 2025 | Status | laufend |
|---|---|---|---|
| Projektstart | 01.10.2024 | Projektende | 30.09.2025 |
| Zeitraum | 2024 - 2025 | Projektlaufzeit | 12 Monate |
| Keywords | |||
Projektbeschreibung
Der Klimawandel stellt aktuell eine der größten Herausforderungen der Gegenwart dar. Der Einfluss des Bausektors ist dabei mit einem Rohstoffverbrauch von 47,5 Gigatonnen pro Jahr und einem Energieverbrauch 40%, hier vor allem im Bestand, der weltweiten verbrauchten Gesamtenergie enorm. Die Sanierung von Bestandsgebäuden und insbesondere die Erneuerung und thermische Sanierung der Fassade ist daher gegenwärtig zu einem der wichtigsten Teilbereiche der Baubranche zu zählen. Das Vorantreiben der Forschung, das Umsetzen industrieller Prozesse in der Baubranche sowie die großflächige Etablierung von ökologisch und ökonomisch attraktiven vorgefertigten Systemen ist daher unabdingbar.
Das Branchenprojekt „Prefab.Facade“ zielt darauf ab, Grundlagen für die Entwicklung und Performance-Steigerung von kreislauffähigen, seriell vorgefertigten Fassadenelementen zu schaffen. Ziel ist es, die Branche in diesem Bereich durch vorwettbewerbliche Forschung zu unterstützen, um langfristig eine großflächige konkurrenzfähige Verfügbarkeit derartiger Systeme zu ermöglichen.
Im vorliegenden Projekt werden über den Stand der Technik und der Wissenschaften hinaus
a) neue Strategien zur Bestandsaufnahme, zur digitalen Segmentierung und zur Datenaufbereitung für den Produktionsprozess,
b) neue technische Ansätze hinsichtlich Konstruktionsweise, Herstellung, Verbindung und Montage von vorgefertigten gedämmten Fassadenelementen,
c) neue Ansätze für eine automatisierte Herstellung erforscht und
d) die Systeme objektiv hinsichtlich des ökologischen und ökonomischen Potentials evaluiert.
Durch diese Untersuchungen können nicht vorhandene für die Branche dringend notwendige Grundlagendaten und Ansätze erforscht werden, um darauf aufbauend Systeme und Produkte für eine spätere breite Anwendung am Markt entwickeln zu können.
Konkret werden folgende bisher ungeklärte Forschungsfragen bearbeitet:
• Welche Materialien bzw. Konstruktionsweisen eignen sich für die ökologische und auch wirtschaftliche Herstellung von vorgefertigten gedämmten Fassadensystemen?
• Welche Vermessungsstrategien eignen sich für die Bestandaufnahme bei Bestands- bzw. auch Neubauten als Basis für die Planung- und Montage von vorgefertigten gedämmten Fassadenelementen? Ist die automatische Vermessung mittels Drohnen im Vergleich zu Flächenscans bzw. einer Vermessung einzelner Punkte vorteilhaft?
• Wie kann eine Vermessungsdatenaufbereitung- und Weitergabe digital effizient und insbesondere auch bei KMU umgesetzt werden? Welcher Datenumfang ist erforderlich?
• Welche Restriktionen gibt es für die Umsetzung von parametrischen Planungsmodellen? Wie können diese aufgebaut und mit dem Bestandsmodell einerseits bzw. auch der teilautomatischen bzw. automatischen Herstellung der Elemente andererseits verknüpft werden? In welcher Form kann ein parametrischer Planungsansatz auch bei KMU zu einer Steigerung der Gesamteffizienz führen?
• Welche Teilprozesse eigenen sich für eine (teil-)automatische Vorfertigung z.B. mittels Industrieroboter, die insbesondere auch bei KMU einsetzbar sind? Welche Ansätze gibt es hinsichtlich möglicher Automatisierungsstrategien? Welche Randbedingungen schränken die Automatisierung von Teilprozessen bzw. vom gesamten Vorfertigungsprozess ein?
• Welche Materialien, Systemkomponenten und Prozesse haben den größten Einfluss auf die Ökobilanz? Wie kann deren Anteil reduziert und somit die Gesamtbilanz verbessert werden?
• Welche Prozesse bzw. Kostenpositionen haben den größten Einfluss auf die Herstellungskosten? Welche Anpassungsmöglichkeiten gibt es hinsichtlich einer Kostenreduktion ohne mit Qualitätseinbußen oder Einbußen hinsichtlich der Ökologie und Recyclierbarkeit konfrontiert zu sein?
Endberichtkurzfassung
Das Forschungsprojekt „Prefab.Facade – Performancesteigerung von kreislauffähigen, seriell vorgefertigten Fassadenelementen“ wurde von ecoplus, Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH als Projektträger, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Hochbau, Holzbau und kreislaufgerechtes Bauen an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und der KOPPELHUBER 2 und Partner ZT OG als wissenschaftliche Dienstleister sowie zahlreichen Kooperationspartnern aus der Baubranche (Planung, Produktion und Herstellung) durchgeführt. Gefördert durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und kofinanziert von den Projektpartnern, zielte das Vorhaben darauf ab, die Grundlagen für die Entwicklung modularer Holzrahmensysteme zu schaffen, die eine nachhaltige und effiziente Sanierung von Bestandsgebäuden ermöglichen. Im Mittelpunkt standen die Maximierung des Vorfertigungsgrades, die Etablierung einer durchgängigen digitalen Prozesskette von der Bestandsaufnahme bis zur Montage, die ökologische und ökonomische Optimierung der Systeme sowie die Förderung der Kreislauffähigkeit und Ressourceneffizienz.
Im Rahmen der kooperativen Systemanalyse wurden die Anforderungen an die Fassadensysteme definiert und verschiedene Systemkonzepte entwickelt. Dabei lag der Fokus auf der Tragstruktur, den Anschlusssituationen und der Verbindungstechnik. Durch eine umfassende Literaturrecherche und den Austausch mit Expert*innen wurden Optimierungspotenziale hinsichtlich Materialeinsatz, Recyclingfähigkeit und Kreislauffähigkeit identifiziert. Die Ergebnisse bildeten die Grundlage für die weiteren Arbeitspakete und die Entwicklung der Prototypen.
Die digitale Prozesskette wurde als zentrales Element für die Planung und Umsetzung der Sanierung entwickelt. Es wurden allgemein die Anforderungen an eine Bestandsanalyse definiert sowie relevante Einflussparameter definiert. Zur geometrischen Analyse wurden weiter im Detail Laserscanning, Drohnen-Photogrammetrie, die Punktwolkenanalysen und (teils automatisierte) Überführung in digitale Planungsmodelle analysiert. Als Ergebnis liegen nun die wichtigsten Zusammenhänge vor und es gibt erste Ansätze wie die Planungsmodelle parametrisiert werden können um die Planung zu unterstützen und dann eine effiziente Überführung in eine (automatisierte) Fertigung schaffen zu können.
Die Integration von Industrierobotern in die Fertigung von Holzrahmenelementen wurde experimentell untersucht. Dabei wurden innovative Verbindungstechniken wie Schwalbenschwanzverbindungen getestet, die eine metallfreie Konstruktion ermöglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Automatisierung die Fertigungszeit verkürzt, jedoch hohe Anforderungen an die Programmierung und Anpassungsfähigkeit der Systeme stellt. Die Kombination aus parametrischen Entwurfsmodellen und flexiblen Steuerungssystemen erwies sich als vielversprechend, um die Fertigung an unterschiedliche Geometrien und Anforderungen anzupassen.
Im Rahmen der experimentellen Untersuchungen wurden Prototypen von Fassadenelementen im Maßstab 1:1 entwickelt und im Rahmen von Experimenten auch hergestellt. Der Fokus lag auf der Montage, der Minimierung von Wärmebrücken und der Untersuchung von fugenlosen, hinterlüfteten Putzfassaden. Die Tests zeigten, dass ein hoher Vorfertigungsgrad die Bauzeit vor Ort reduziert, jedoch Nacharbeiten an Stoß- und Anschlussbereichen erforderlich sind. Die Montage der Elemente wurde durch innovative Befestigungssysteme erleichtert, jedoch stellte die präzise Referenzierung zwischen Bestand und Element eine zentrale Herausforderung dar. Bauphysikalisch bestätigten 2D-/3D-Wärmebrückenberechnungen sowie hygrothermische Betrachtungen die Robustheit des diffusionsoffenen Aufbaus: Durch eine Anpress. Randdämmungen, segmentierende Kompribänder und eine gezielt geführte Windsperre konnten Konvektionspfade („Wind-washing“) unterbunden, fRsi-Grenzwerte sicher eingehalten und kritische Knoten (Fenster, Ecken, Deckenkanten) durch punktuellen Einsatz von Edelstahlankern signifikant verbessert werden. Als Ergebnisse liegen Nachweise zur Funktionalität hinsichtlich Schimmel- und Kondensationssicherheit sowie für die Reduktion linearer (ψ) und punktueller (χ) Wärmebrücken an den untersuchten Details vor.
Die ökologische Analyse der Prefab.Facade ergab, dass modulare Fassadensysteme eine deutlich höhere Kreislauffähigkeit (bis zu 80 %) und geringere Umweltbelastungen als herkömmliche Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) aufweisen können. Durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe wird biogener Kohlenstoff gespeichert, und die Rückbaubarkeit der Materialien ermöglicht eine Wiederverwendung oder ein Recycling.
Die Ergebnisse der ökonomischen Analyse zeigen, dass die Wirtschaftlichkeit stark von der Gebäudetypologie und der Skalierbarkeit der Systeme abhängt. Die zweigleisige Bewertung aus AN-Kalkulation (bauteilorientiert) und AG-Kostenplanung (element-/funktionsorientiert) zeigt, dass Fensteranteile und Anschlussdichten die zentralen Kostentreiber sind: Während WDVS flächenstabil mit geringer Varianz kalkulierbar bleibt, reagiert die vorgefertigte Holzfassade stark auf Geometrie und Anschlusskomplexität und ist insbesondere bei klaren Rastern, hohem Vorfertigungsgrad und standardisierten Details wirtschaftlich. Für eine belastbare Gegenüberstellung sind die Verwendung von vergleichbaren Parametern (u. a. Fensterstandard, Oberflächen, U-Werte) essentiell; Skaleneffekte und standardisierte Detailkataloge senken die Kostenbandbreite der Holzfassade signifikant.
Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass kreislauffähige, seriell vorgefertigte Fassadensysteme ein großes Potenzial für die nachhaltige Sanierung von Bestandsgebäuden bieten, wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind und wenn die Konstruktion und Herstellung noch weiterentwickelt und optimiert wird. Die Kombination aus digitaler Prozesskette, automatisierter Fertigung und modularer Bauweise ermöglicht wenn erst voll erforscht und implementiert eine ressourcenschonende und effiziente Umsetzung. Herausforderungen bestehen weiterhin in der Zulassung neuer Baustoffe, der Optimierung der Materialwahl und der Reduktion von Nacharbeiten vor Ort. Die Ergebnisse liefern eine wertvolle Grundlage für die Weiterentwicklung nachhaltiger Bauweisen und leisten einen Beitrag zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Klimaneutralität im Bauwesen.