Hate Crime
Quantitative und qualitative von Vorurteilskriminalität (Hate Crime) in Österreich
| Programm / Ausschreibung | KIRAS, F&E-Dienstleistungen, KIRAS F&E-Dienstleistungen 2022 | Status | laufend |
|---|---|---|---|
| Projektstart | 02.10.2023 | Projektende | 31.12.2025 |
| Zeitraum | 2023 - 2025 | Projektlaufzeit | 27 Monate |
| Keywords | Vorurteilskriminalität, Sicherheit, Prävention, "Hate Crime" | ||
Projektbeschreibung
Das BMI als Bedarfsträger und Partner (Abteilung III/S/1 - Grund- und menschenrechtliche Angelegenheiten und Abt. 4 - Kriminalanalyse des Bundeskriminalamtes) führt mit dem einschlägig erfahrenen IHS eine umfassende Auswertung des Kriminalphänomens Hate Crime durch. Das Hellfeld wird vor allem basierend auf die polizeiliche PAD Erfassung angezeigter Straftaten der Jahre 2021, 2022 und 2023 erstmals in Österreich umfassend analysiert, um kriminologisch valide Tatzusammenhänge (insbesondere aus Opfer-TäterInnen- Beziehungen Tatorten, Tatzeiten) herauszuarbeiten.
Diese Ergebnisse werden auch für eine ergänzende repräsentative Dunkelfeldbefragung genutzt, um die avisierten Zielgruppen fundiert zu erweitern. Diese Erhebung knüpft an der Analyse exklusiv durch das IHS nutzbarer Rohdaten der repräsentativen ISRD- Erhebung (International Self Reported Delinquency Survey) 2022 unter 13-17 Jährigen an. Auch die ersten Ergebnisse der Dunkelfeldbefragung des IRKS- BMI Pilotberichts 2021 „Hate Crime in Österreich“ werden in das Design dieser neuen Befragung einfließen.
Diese Ergebnisse werden zusammen mit der geplanten IHS Analyse europäischer Best Practice Beispiele und Erfahrungswerte (Lessons Learnt) in die laufenden Community Policing Aktivitäten („Gemeinsam.Sicher“) des BMI einfließen. PR Kampagnen (zB. in Sozialen Medien) zur Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit und besonders vulnerabler Gruppen über das Kriminalitätsphänomen Hate Crime sowie Verbesserungen der Opferunterstützung sollen so evidenzbasiert gezielter geplant und umgesetzt werden können.
Abstract
The Federal Ministry of the Interior (BMI), as the responsible body and partner (Department III/S/1 - Fundamental and Human Rights and Department 4 - Criminal Analysis of the Federal Criminal Police Office), is conducting a comprehensive evaluation of the criminal phenomenon Hate Crime in cooperation with the IHS, which has experience in this field. The bright field will be analyzed comprehensively for the first time in Austria, primarily based on the police PAD recording of reported crimes for the years 2021, 2022 and 2023, in order to work out criminologically valid crime correlations (especially from victim-offender relationships, crime scenes, crime times).
These results will also be used for a representative, extended dark field survey in order to expand the targeted groups in a well-founded manner. Another starting point will be the analysis of unpublished raw data of the representative ISRD survey (International Self Reported Delinquency Survey) 2022 among 13-17 year olds, which can be used exclusively by the IHS. The initial results of the dark field survey of the IRKS- BMI Pilot Report 2021 "Hate Crime in Austria" will also be incorporated into the design of this new survey.
Together with the planned IHS analysis of European best practice examples and lessons learnt, these results will be incorporated into the BMI's ongoing community policing activities ("Gemeinsam.Sicher") in order to plan and, if necessary, implement more targeted PR campaigns (e.g. in social media) to raise awareness among the general public and particularly vulnerable groups about the crime phenomenon Hate Crime and to improve victim support.
Endberichtkurzfassung
Die Analyse von Vorurteilskriminalität (Hate Crime) in Österreich zeigt ein deutliches Spannungsfeld zwischen polizeilich erfassten Fällen (Hellfeld) und einem breiten Spektrum nicht angezeigter Diskriminierungs- und Viktimisierungserfahrungen (Dunkelfeld). Während Hate Crime im Hellfeld quantitativ begrenzt erscheint, ist seine gesellschaftspolitische Relevanz hoch, da sich Taten häufig gegen ganze Identitätsgruppen richten und damit den sozialen Zusammenhalt beeinträchtigen.
Hell- und Dunkelfeld bilden unterschiedliche Realitäten ab. Das Hellfeld erfasst primär sichtbare, strafrechtlich relevante Vorfälle und wird vor allem durch männliche Jugendliche mit weltanschaulichen, herkunfts- und religionsbezogenen Motiven geprägt, vielfach in Verbindung mit Online-Verhetzung. Betroffen sind hier insbesondere junge Männer und Nicht-Österreicher:innen. Frauen sowie Personen mit psychisch-kognitiven oder körperlichen Beeinträchtigungen erscheinen im polizeilichen Hellfeld hingegen vergleichsweise selten als Opfer.
Dunkelfeldanalysen zeigen demgegenüber ein deutlich breiteres und diverseres Bild von Betroffenheiten. Geschlechtsbezogene, behinderungsbezogene und herkunftsbezogene Diskriminierungen treten wesentlich häufiger auf, als es polizeiliche Daten abbilden. Frauen, vulnerable Identitätsgruppen und Personen mit Behinderungen berichten überdurchschnittlich häufig von Beleidigungen, Benachteiligungen und strukturellen Ungleichbehandlungen, die nur selten angezeigt werden und polizeilich teilweise schwer erfassbar sind. Unterstützungs- und Meldesysteme sind vielen Betroffenen nicht ausreichend bekannt.
Jugendliche weisen eine besonders hohe Risikoexponiertheit auf. Insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund oder belastenden familiären Rahmenbedingungen sind sowohl als Opfer als auch als Täter überdurchschnittlich betroffen. Männlich dominierte Peer-Gruppen, geringe familiäre Kontrolle und wahrgenommene kollektive Benachteiligung erhöhen das Risiko zusätzlich.
Die Präventionslandschaft in Österreich ist zwar vielfältig, jedoch fragmentiert, regional ungleich entwickelt und teilweise wenig sichtbar. Für eine wirksame Weiterentwicklung werden eine stärkere Koordination und nachhaltige Absicherung bestehender Maßnahmen, zielgruppenspezifische und niedrigschwellige Ansätze, partizipative Entwicklungsprozesse sowie ein klarer Fokus auf Jugendliche empfohlen. Ergänzend sind ein verbesserter Zugang zu Meldesystemen, die stärkere Bekanntmachung von Unterstützungsangeboten sowie eine weitergehende Sensibilisierung der Sicherheitsbehörden erforderlich.
Zur nachhaltigen Weiterentwicklung evidenzbasierter Präventionsstrategien sollten sozialwissenschaftliche Untersuchungen zu Delinquenz und Viktimisierung im Bereich Hate Crime dauerhaft als Ergänzung zu polizeilichen Lageberichten etabliert werden. Sie ermöglichen ein kontinuierliches Monitoring, verbessern die Datenbasis und tragen dazu bei, der hohen gesellschaftspolitischen Dynamik und Volatilität dieses Kriminalitätsphänomens angemessen zu begegnen.