SmartAktiv
Smarte Aktivierung zur Verbesserung Kognitiver Leistungsfähigkeit durch Entscheidungsassistenz und Digitale Biomarker
Programm / Ausschreibung | Digitale Technologien, Digitale Technologien, Digitale Lösungen für Mensch und Gesellschaft Ausschreibung 2022 | Status | laufend |
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Projektstart | 17.04.2023 | Projektende | 16.03.2025 |
Zeitraum | 2023 - 2025 | Projektlaufzeit | 24 Monate |
Keywords | Demenzvorsorge, Multimodale Aktivierung, Virtuelle Realität, Kognitives Assessment |
Projektbeschreibung
Kognitive Fähigkeiten sind wichtige Voraussetzungen, um möglichst lange selbstständig und selbstbestimmt zu leben. Lassen einige dieser Fähigkeiten im Alter und bei Pflegebedürftigkeit nach, steigt auch das Risiko, an Demenz zu erkranken. Gezielte körperliche und geistige Aktivität sowie soziale Kontakte können helfen, die Kognition möglichst lange zu erhalten – oder zu verbessern. Ebenso ist eine gesundheitsförderliche Lebensweise bedeutsam. Dies trägt zudem dazu bei, Demenz vorzubeugen. Das gilt auch für hochaltrige und pflegebedürftige Menschen. Laut der „Bevölkerungsprognose 2022″ der Statistik Austria wird die Zahl der in Österreich lebenden Personen im Alter über 64 Jahren von aktuell 1,77 Millionen bis zum Jahr 2040 um 50% auf 2,66 Millionen Menschen wachsen. Aktuellen Schätzungen zufolge leben in Österreich bereits heute 130.000 Personen mit Demenz. Aufgrund des erwarteten kontinuierlichen Altersanstiegs wird sich dieser Anteil bis 2050 verdoppeln.
Unimodale Behandlungsstrategien werden aktuell von Mehrkomponenten- Interventionskonzepten abgelöst, wie z.B. in erfolgreichen Präventionsstudien (FINGER, Ngandu et al., 2015). Die Kombination von kognitiver, physischer und sozialer Stimulation verspricht ein signifikantes Erfolgspotential (Kane et al., 2017). Zentrale Bedeutung für die nötige Verhaltensänderung haben motivationale Komponenten, wie z.B. bisher marginalisierte spielerische Ansätze. Die Software BRAINMEE von digitAAL Life GmbH hat diesen multimodalen Ansatz in ihrer innovativen Software digital umgesetzt. Methoden der virtuellen Realität, in denen Partizipanten immersiv in virtuelle Welten eintauchen können, verbessern das subjektive Wohlbefinden (Tominari et al., 2021) und verbessern kognitive und motorische Funktionen bei älteren Erwachsenen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder Demenz (Zhu et al., 2021).
SmartAktiv verfolgt das Ziel eines innovativ umfassenden Service zur Aktivierung von Personen mit kognitiven Einschränkungen. SmartAktiv ist sowohl in das aktuelle Ökosystem in Pflegeheimen eingebettet als auch für den Verbleib in der eigenen Wohnung aus verschiedenen Gründen hervorragend geeignet.
Virtuelle Ausflüge in natürliche Umgebungen wie Wälder oder Grünflächen können einen positiven Effekt auf die Gesundheit und das Wohlbefinden haben (Mostajeran et al., 2021). Die VR-Video Journeys zu Naturerlebnissen (z.B., virtuelle Waldaufenthalte, Wanderungen in die Berge und entlang Seen) motivieren deshalb im Sinne von „Green Health“ ) zur Mobilisierung in der eigenen Umgebung.
Das zugrundeliegende Multidomänen Konzept von SmartAktiv involviert die Nutzer:innen in (a) kognitive, (b) koordinativ körperliche, und (c) soziale Aktivierung und dokumentiert diese, ergänzt mit Information über Lifestyle-Risikofaktoren, mittels digitaler, sensorgestützter Daten.
Abstract
Cognitive abilities are important prerequisites for living independently and self-determined for as long as possible. If some of these abilities deteriorate in old age and in need of care, the risk of developing dementia also increases. Targeted physical and mental activity as well as social contacts can help to maintain - or improve - cognition for as long as possible. A healthy lifestyle is also important. This also helps to prevent dementia. This also applies to very old people and people in need of care. According to the "Population Forecast 2022″ of Statistics Austria, the number of people over 64 years of age living in Austria will grow by 50% from the current 1.77 million to 2.66 million people by 2040. According to current estimates, there are already 130,000 people living with dementia in Austria today. Due to the expected continuous increase in age, this number will double by 2050.
Unimodal treatment strategies are currently being replaced by multi-component intervention concepts, such as in successful prevention studies (FINGER, Ngandu et al., 2015). The combination of cognitive, physical and social stimulation promises a significant potential for success (Kane et al., 2017). Motivational components, such as previously marginalised playful approaches, are of central importance for the necessary behavioural change. The BRAINMEE software from digitAAL Life GmbH has digitally implemented this multimodal approach in its innovative software. Virtual reality methods in which participants can immersively immerse themselves in virtual worlds improve subjective well-being (Tominari et al., 2021) and improve cognitive and motor functions in older adults with mild cognitive impairment or dementia (Zhu et al., 2021).
SmartAktiv aims to provide an innovative comprehensive service to activate people with cognitive impairment. SmartAktiv is both embedded in the current ecosystem in care homes and ideally suited for people to remain in their own homes for a variety of reasons.
Virtual trips to natural environments such as forests or green spaces can have a positive effect on health and well-being (Mostajeran et al., 2021). The VR video journeys to nature experiences (e.g., virtual forest stays, hikes in the mountains and along lakes) therefore motivate people to mobilise in their own environment in the sense of "Green Health" ).
The underlying multi-domain concept of SmartAktiv involves the user in (a) cognitive, (b) coordinative physical, and (c) social activation and documents these, supplemented with information about lifestyle risk factors, by means of digital, sensor-based data.
Endberichtkurzfassung
Das Projekt SmartAktiv hatte das Ziel, digitale Technologien zur Förderung der kognitiven Gesundheit im Alter weiterzuentwickeln und die Früherkennung kognitiver Beeinträchtigungen – insbesondere von „Mild Cognitive Impairment“ (MCI) – durch den Einsatz von Virtual Reality (VR) und Eye-Tracking zu unterstützen. Die zentrale Projektidee bestand darin, reale Alltagssituationen – z.?B. Bezahlen an einem Automaten, ein Waldspaziergang oder die Orientierung in einer Stadtumgebung – in VR-Szenarien realitätsnah abzubilden und diese mit Methoden der Biosignalverarbeitung sowie maschinellen Lernens zu kombinieren. Die so entstehende Testumgebung sollte sowohl Trainings- als auch Assessmentelemente beinhalten und somit ein kombiniertes, anwendernahes Werkzeug für Prävention und Risikoabschätzung darstellen.
In der ersten Projektphase wurden die VR-Szenarien gemeinsam mit Anwender:innen, Entwickler:innen und Expert:innen aus Pflege, Psychologie und Technik entworfen. Die Interaktionen in den VR-Welten wurden mittels Eye-Tracking, Herzfrequenz- und Pupillometrie-Messungen begleitet. Parallel dazu wurde ein adaptives Tablet-Training zur kognitiven Förderung integriert, das ergänzende Übungen (z.?B. Rechnen, visuelle Suche, Puzzles) bereitstellte.
Zentrale Ergebnisse wurden in den späteren Projektphasen durch die systematische Erprobung und Evaluation der entwickelten Anwendung in einer Vorstudie und einer Pilotstudie mit älteren Erwachsenen ohne sowie mit kognitiver Beeinträchtigung (MCI, moderate Einschränkungen) erhoben. Insgesamt wurden über 40 Teilnehmer:innen eingebunden, darunter auch Gesundheitsprofessionen (z.?B. Ergotherapeut:innen, Psycholog:innen), um die Anwendbarkeit in realen Versorgungssettings zu prüfen.
Ein zentrales Ergebnis war die Validierung digitaler Marker für kognitive Beeinträchtigung. Merkmale wie verlängerte Interaktionsdauer, verringerte horizontale Sakkadenamplituden, veränderte Fixationsmuster und reduzierte Pupillendynamik zeigten signifikante Korrelationen mit dem MoCA-Gesamtscore – einem etablierten Instrument zur Erfassung kognitiver Leistungsfähigkeit. Besonders auffällig war, dass VR-Szenarien mit visueller Komplexität (z.?B. Naturumgebung, Suchaufgaben, Bezahlprozesse) besonders differenzierende Effekte zeigten. Diese Ergebnisse wurden mittels nichtparametrischer Statistik (Spearman-Korrelation, Mann-Whitney-U-Test) validiert. Es ergaben sich klare Unterschiede zwischen gesunden und kognitiv beeinträchtigten Teilnehmer:innen, z.?B. im Verhalten bei einfachen Entscheidungsprozessen (z.?B. Ticketkauf) oder im visuell-kognitiven Explorationsverhalten.
Ein weiterer Projektfokus lag auf der Entwicklung eines Machine-Learning-basierten Entscheidungsmodells. Dabei wurden digitale Merkmalsvektoren – abgeleitet aus Eye-Tracking- und Interaktionsdaten – mit psychologischen Testwerten verknüpft, um ein Screening-Modell für das Risiko kognitiver Beeinträchtigung zu trainieren. Die Evaluation der Modelle (CART, Support Vector Machine, k-NN) erfolgte über 10-fache Cross-Validation. Die besten Modelle erzielten AUC-Werte bis 0.80, Genauigkeit von über 0,74 und Spezifizität über 0.82, was ein vielversprechendes Potenzial für praxistaugliche Anwendung zeigt.
In Bezug auf die Nutzererfahrung zeigte sich eine hohe Akzeptanz der Technologie, insbesondere für das immersive VR-Training. Während das Tablet-Modul als niedrigschwellige Einstiegshilfe fungierte, wurde das VR-Erlebnis als motivierend, realistisch und ansprechend beschrieben. Kleinere technische Herausforderungen (z.?B. Hand-Tracking-Schwierigkeiten) wurden identifiziert und im weiteren Projektverlauf berücksichtigt. Die Cybersickness war minimal und stellte kein Ausschlusskriterium dar.
Zusätzlich zur technischen Validierung erfolgte eine umfassende qualitative Evaluation durch Fokusgruppen. Gesundheitsprofessionen bewerteten das System als geeignet für präventive Anwendungen, äußerten aber auch den Bedarf an unterstützenden Strukturen (z.?B. Schulung, Betreuung während der Anwendung). Die Ergebnisse flossen in eine designbasierte Weiterentwicklung der Anwendung ein.
Insgesamt leistet SmartAktiv einen relevanten Beitrag zur Digitalisierung der geriatrischen Prävention und Frühdiagnostik. Das Projekt zeigt exemplarisch, wie moderne Technologien wie VR, Eye-Tracking und Machine Learning in ein integratives System überführt werden können, das nicht nur Trainingspotenzial besitzt, sondern auch diagnostische Aussagen ermöglicht. Die Projektergebnisse wurden in wissenschaftlichen Fachkreisen präsentiert (u.?a. auf der Alzheimer Europe Conference 2024, AHFE open access 2024 & 2025) und bilden die Basis für zukünftige Anwendungen in Pflegeeinrichtungen, Tageszentren oder dem betreuten Wohnen.
Mit SmartAktiv wurde somit ein innovativer, evidenzbasierter Ansatz geschaffen, der die digitale Unterstützung kognitiver Gesundheit im Alter zukunftsweisend mitgestaltet.