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Faserbetontübbinge

Bildung einer Grundlage für den Einsatz von Faserbetontübbingen in Österreich

Programm / Ausschreibung IWI, IWI, Basisprogramm Ausschreibung 2023 Status abgeschlossen
Projektstart 01.04.2023 Projektende 31.08.2024
Zeitraum 2023 - 2024 Projektlaufzeit 17 Monate
Keywords

Projektbeschreibung

Das wesentliche Ziel des Vorhabens ist die Schaffung einer Grundlage, um den Einsatz von faserbewehrten Tübbingen in Österreich zu ermöglichen. Hierzu müssen Fragen nach Bemessung, Herstellung und Qualitätssicherung mit einer ausreichenden Tiefe beantwortet werden. Es sind Misch- und Herstellungsversuche zur Feststellung der optimalen Eigenschaften des Frischbetons sowie der Faserverteilung und -orientierung erforderlich. Zusätzlich sind Bauteil- und Modellversuche durchzuführen, sowie die Entwicklung eines Rechenmodells zur Bemessung und besseren Charakterisierung von Tübbingen vorgesehen.
Durch die enge Zusammenarbeit von Forschung, Planungsbüros, Baufirmen, Faserherstellern als auch den Tunnelbetreibern soll sichergestellt werden, dass das Vorhaben auf einer breiten wissenschaftlichen und anwendungstechnischen Basis steht und die gesetzten Ziele auch erreicht werden. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen dieses Forschungsprojekts und nach einer Pilotanwendung sollen nationale Regelwerke in Form von Merkblättern und einer Richtlinie der Österreichischen Bautechnik Vereinigung (ÖBV) ausgearbeitet werden.

Endberichtkurzfassung

Faserbeton hat sich international im Betonbau als Alternative zu stahlbewehrtem Beton für spezielle Anwendungen, wie Industriefußböden, Kellerwände, Sanierungen sowie Spritz- und Ortbetoninnenschalen im Tunnelbau, etabliert. In einigen Ländern werden bereits Faserbetontübbinge oder Tübbinge mit kombinierter Stabstahl- und Faserbewehrung eingesetzt. Sowohl in Österreich als auch in Deutschland, Schweden, Italien und USA, aber auch in den Richtlinien der ITA (International Tunnelling Association) sind Vorgaben für die Bemessung und Konstruktion von Bauteilen aus Faserbeton, mit und ohne zusätzlicher Stahlbewehrung vorhanden. Durch den fehlenden Nachweis der Rissweitenbegrenzung ergibt sich allerdings zwischen der ÖBV-Richtlinie Tübbingsysteme aus Beton und der ÖBV-Richtlinie Faserbeton ein Widerspruch, der die Anwendung von Faserbetontübbingen in Österreich ausschließt.

Gemeinsam mit wissenschaftlichen sowie wirtschaftlichen Projektpartnern, welche durchaus bereits Erfahrungen in der Anwendung von Faserbeton vorweisen konnten, wurde daher das dreijährige Forschungsprojekt Faserbetontübbinge, als Collective Research Projekt der FFG mit der ÖBV in der Projektleitung, ins Leben gerufen. Durch eine vollständige und umfangreiche Versuchsdokumentation von Probekörpern im Labormaßstab sowie auch Tübbingen im Maßstab 1:1 wurden Erkenntnisse für den Einsatz von Faserbetontübbingen in Österreich gewonnen.

Begonnen wurde das Versuchsprogramm mit Untersuchungen im Labormaßstab zur Ermittlung der Frisch- sowie Festbetoneigenschaften gemäß den einschlägigen Normen. Ziel dieser Laboruntersuchungen war es, den Einfluss von Faserart und -gehalt auf die Eigen-schaften von Frisch- und Festbeton zu analysieren. Aus diesen konnte eine ideale Rezeptur mit entsprechendem Fasergehalt für Stahl- sowie Kunststofffasern für die weitergehenden Versuche im größeren Maßstab festgelegt werden. Zeitgleich erfolgten Auswertungen vorhandener Beprobungsergebnisse von bestehenden Tunnelbauwerken mit Faserbeton. Konkret wurde eine nachträgliche Innenschalensanierung mit der Auftragung von 15 cm Stahlfaserbeton an der A 10 Tauernautobahn, Tunnelkette Werfen, untersucht und vorrangig die Chlorideindringung mit der von Stahlbeton verglichen. Allgemein wurden fachliteraturbasierte Untersuchungen zum Langzeitverhalten sowie der Beurteilung der Dauerhaftigkeit für Faserbeton getätigt, und daraus ein umfangreicher Bericht, welcher auch auf das Kriechverhalten von Kunststoff- sowie Stahlfaserbeton eingeht, erstellt. Die Erkenntnisse der Kleinversuche wurden zusätzlich an unterschiedlichen Probekörpergeometrien bzw. mittelgroßen Biegebalken überprüft, ehe die Herstellung der Tübbinge erfolgte. Die Versuchsanordnung der am Tübbingprüfstand der Montanuniversität durchgeführten Versuche beinhaltete drei unterschiedliche Belastungsszenarien, welche mittels variierender Einspannungskraft den Ringschluss und der darin vorhandenen Druckkraftübertragung realitätsnah repräsentierten. Dadurch konnte das Biegetragverhalten von Tübbingen aus Stahl- sowie aus Kunststofffaserbeton untersucht und hinsichtlich des Rissverhaltens ausgewertet werden. Als maßgebliche Lastfälle erfolgten zusätzliche Großversuche zum Momenten-Verdrehungs-Verhalten der Längsfuge sowie der Aufnahme der Pressenkräfte einer TVM im Zusammenhang mit Materialparametervalidierungen für die FEM-Simulationen. Im Zuge der Überprüfung der Konformität der zahlreichen Versuchsprogramme entstanden neue Forschungsfragen, wie etwa die Faserverteilung und Orientierung, insbesondere in Stahlfaserbetontübbingen. Dazu wurden ergänzend Untersuchungen zum Energieeintrag des Schalungsrüttlers sowie der Betonmischungseinbringung eingeleitet. Zusätzlich fanden experimentelle Analysen zur Leitfähigkeit von Stahlfaserbeton statt, welche ausführlich die Einflüsse zur Streustromkorrosion im Vergleich zur Stabstahlbewehrung beurteilten.

Aus den Analysen zur Dauerhaftigkeit von Faserbeton ging eine starke Abhängigkeit von der Rissbreite hervor, weshalb die Rissbreitenbeschränkung mit 0,4 mm festgelegt wurde. Zwar weisen Kunststofffasern chemische Inertheit auf, jedoch zeigen sie im gerissenen Zustand eine höhere Instabilität. Daher sollte der Ausnutzungsgrad von 50 % der Nachrisszugfestigkeit nicht überschritten werden, um ein lineares Kriechverhalten zu gewährleisten. Die Bestandsaufnahmen der Tunnelinnenschalen aus Stahlfaserbeton konnten nach 17 Betriebsjahren eine geringere Chlorideindringung als jene aus Stahlbeton aufweisen. Auch hinsichtlich des Streustroms konnte die eindeutige Verringerung zur Korrosionsanfälligkeit im Vergleich zu Stahlbeton bestätigt werden. Aus den Tübbingversuchen konnte der positive Einfluss der Einspannungskraft auf das Rissverhalten vertiefend bestätigt werden, zusätzlich konnte daraus ein Ansatz zur Bemessung von Stahlfaserbeton ohne Spaltzugbewehrung abgeleitet werden. Die gesammelten Ergebnisse sollen in weiterer Folge in einen umfangreichen ÖBV Sachstandsbericht münden und mit genügend detailreicher Informationen zur Unterstützung der Aufnahme von Faserbeton im Tunnelbau dienen. Zudem können die gewonnenen Erkenntnisse der aktuell noch in Bearbeitung stehenden Fassung der ÖBV Richtlinie Tübbingsysteme aus Beton ergänzend beitragen.