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Programm / Ausschreibung | Energie.Frei.Raum, Energie.Frei.Raum, Energie.Frei.Raum 2. AS 2020 | Status | laufend |
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Projektstart | 01.10.2023 | Projektende | 31.03.2025 |
Zeitraum | 2023 - 2025 | Projektlaufzeit | 18 Monate |
Keywords | Power-to-Gas; Batteriespeicher; Netzdienlichkeit; Sektorkopplung; Wasserstoff; H2-ready; Betankung; Methanisierung |
Projektbeschreibung
Ausgangssituation, Problematik & Motivation
Österreich hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2030 den nationalen Nettostrombedarf aus erneuerbarer Erzeugung zu decken. Dadurch wird eine signifikante Mehrbelastung für die elektrischen Netze auf allen Spannungsebenen erwartet. Diese begrenzten Netzkapazitäten bzw. deren Ertüchtigung stellen eine wesentliche Kernaufgabe zur Erreichung der national gesteckten Ziele dar. In der Vergangenheit wurden Netzertüchtigungen im Wesentlichen am kostengünstigsten durch Betriebsmittelverstärkungen erreicht. Mit dem fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren und damit notwendigen (teils sprunghaft ansteigenden), umfassenderen Netzausbaumaßnahmen, auch auf höheren Spannungsebenen, ist dies nicht mehr überall automatisch der Fall. Eine wesentliche mögliche Alternative zur herkömmlichen Netzverstärkung stellt der netzdienliche Einsatz von Power-to-Gas-Anlagen dar. Mit solchen Anlagen wäre es möglich, Netzengpässe mit einer zeitnahen Realisierbarkeit, zielgerichtet und wirksam zu beseitigen. Wesentlicher Vorteil dabei ist, dass eine Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur mit signifikanter Transport- und Speicherinfrastruktur für erneuerbare Energieträger zur Verfügung steht. Über die Steigerung der Aufnahmefähigkeit der elektrischen Netze hinaus, wird ein zentraler Mehrwert durch die Erzeugung und Bereitstellung von erneuerbarem Wasserstoff bzw. erneuerbaren Gasen geschaffen. Der Einsatz von netzdienlichen Power-to-Gas-Anlagen stellt, aufgrund der sich ergebenden Synergieeffekte durch den vermiedenen Netzausbau, potenziell eine äußerst effiziente Maßnahme mit entsprechendem Skalierungseffekt dar.
Der netzdienliche Einsatz von Power-to-Gas-Anlagen ist heute jedoch nicht Stand der Technik bzw. sind viele Fragestellungen aus regulatorischer, technischer und ökonomischer Sicht noch zu klären.
Ziele und Innovationsgehalt
Das vorliegende Projekt zielt auf eine gesamtheitliche Analyse eines netzdienlichen Einsatzes von Power-to-Gas-Anlagen ab. Dies umfasst sowohl eine regulatorische, technische sowie ökonomische Perspektive, die allesamt bis heute nicht umfassend analysiert bzw. konzeptioniert wurden. Das Projekt dient im Sinne eines Gesamtkonzeptes dazu, erste Schritte in der Planung eines Reallabors netzdienlicher Power-to-Gas-Anlagen zur Erprobung des Konzepts gemäß §22a ElWOG zu setzen. Perspektivisch legt das Projekt auch die Basis für verbesserte, regionale Grüngaserzeugung und Verringerung der Importabhängigkeit (Substitution Erdgas) sowie die Kombination mit Agri-PV als regionale Energieerzeugungsgemeinschaften inkl. Bürgerbeteiligungsmodellen. Diese umfassende Bewertung stellt auch den zentralen Innovationsgehalt des Projektes dar.
Angestrebte Ergebnisse bzw. Erkenntnisse
Am Ende des Projektes soll eine klare Aussage über die grundlegende Darstellbarkeit von netzdienlichen Power-to-Gas-Anlagen aus technischer, regulatorischer und wirtschaftlicher Sicht verfügbar sein. Ein klares und praktikables Organisationsmodell unter Beachtung relevanter Stakeholderinteressen und einem multimodalen Einsatz der Elektrolyseanlagen soll verfügbar sein. Zusätzlich soll eine Potenzialabschätzung über das gesamte Versorgungsgebiet der Energienetze Steiermark verfügbar sein.
Abstract
Initial situation, problem & motivation
Austria has set an ambitious target to cover the national net electricity demand from renewable generation by 2030. This is expected to result in a significant additional stress for the electrical grids at all voltage levels. These limited grid capacities and their upgrades represent a key core challenge for achieving the national targets. In the past, grid upgrades were essentially achieved in the most cost-effective manner through equipment reinforcements. With the progressive expansion of renewables and the resulting need for (sometimes skyrocketing), more comprehensive grid expansion measures, including at higher voltage levels, this is no longer automatically the case everywhere. A significant possible alternative to conventional grid reinforcement is the grid-serving use of power-to-gas plants. With such plants, it would be possible to eliminate grid bottlenecks in a timely, targeted and effective manner. The main advantage is that the existing gas infrastructure with significant transport and storage infrastructure for renewable energy sources can be used.
Beyond increasing the absorptive capacity of the electrical grids, key value is added through the generation and supply of renewable hydrogen. The use of grid-serving electrolysis plants is potentially an efficient measure with a corresponding scaling effect due to the resulting synergy effects from the avoided grid expansion. However, the grid-serving use of power-to-gas plants is not state of the art today, and many issues still need to be clarified from a regulatory, technical and economic perspective.
Goals and innovation content
The present project aims at a holistic analysis of a grid-serving application of electrolysis plants. This includes a regulatory, technical and economic perspective, all of which have not yet been comprehensively analyzed or conceptualized. In the sense of an overall concept, the project serves to take the first steps in the planning of a real laboratory of grid-serving power-to-gas plants for testing the concept according to §22a ElWOG. In perspective, the project also lays the foundation for improved, regional green gas production and reduction of import dependency (substitution of natural gas) as well as the combination with Agri-PV as regional energy communities incl. citizen participation models. This comprehensive evaluation also represents the central innovation of the project.
Intended results and findings
At the end of the project, a clear statement on the basic feasibility of grid-serving power-to-gas plants from a technical, regulatory and economic point of view should be available. A clear and practicable organizational model considering relevant stakeholder interests and a multimodal deployment of the electrolysis plants shall be available. In addition, an assessment of the potential over the entire supply area of Energienetze Steiermark should be available.
Endberichtkurzfassung
Im Zuge der Energiewende verfolgt Österreich das Ziel, bis 2030 den gesamten Stromverbrauch bilanziell aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Der damit einhergehende massive Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen führt jedoch zu erheblichen Herausforderungen im Stromnetz. Besonders in ländlichen Verteilnetzen treten immer häufiger Engpässe auf, die dazu führen, dass erneuerbare Einspeisung nicht vollständig aufgenommen werden kann und abgeregelt werden muss. Klassische Maßnahmen wie der Ausbau der Netzinfrastruktur (z.?B. durch neue Leitungen oder Transformatorstationen) sind zwar wirksam, jedoch oft teuer, langwierig in der Umsetzung und gesellschaftlich schwer durchsetzbar. Vor diesem Hintergrund wurde im Projekt untersucht, inwieweit Elektrolyseanlagen im Verteilnetz als netzdienliche Maßnahme eingesetzt werden können, um Netzengpässe zu vermeiden und gleichzeitig wirtschaftlich nutzbaren grünen Wasserstoff zu erzeugen.
Die Forschungsfrage lautete, ob und unter welchen Bedingungen Elektrolyse eine technisch, wirtschaftlich und regulatorisch tragfähige Alternative zum klassischen Netzausbau darstellen kann. Als Grundlage für die regulatorische Analyse diente der aktuell geltende Gesetzesrahmen (ElWOG) sowie der aktuelle Entwurf des österreichischen Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWG). In beiden Regulatorien wird in bestimmten Ausnahmefällen eine Beteiligung von Verteilnetzbetreiber:innen (DSOs) an Flexibilitätskomponenten wie Elektrolyseanlagen ermöglicht. Besitz und Betrieb durch DSOs ist jedoch nur unter einer Reihe von Voraussetzungen zulässig. Nach Prüfung von kostengünstigeren Alternativen bzw. einer Ausnahmegenehmigung des Regulators darf die Anlage nur netzdienlich betrieben werden, wobei ein rein netzdienlicher Betrieb wiederum keine wirtschaftliche Rechtfertigung findet.
Im Projekt wurden diese regulatorischen Rahmenbedingungen detailliert analysiert und mit konkreten Organisationsmodellen verknüpft. Dabei wurde insbesondere untersucht, inwiefern marktlicher Betrieb (z.?B. Strombezug in Zeiten niedriger Preise und Verkauf von Wasserstoff) mit netzdienlichen Anforderungen vereinbar ist. An vier ausgewählten Standorten des Netzgebiets der Energienetze Steiermark wurden darauf aufbauend realistische Fallstudien erstellt, die sich durch hohe Einspeisekappung, Netzengpässe und Nähe zur Wasserstoffinfrastruktur auszeichnen. Für diese Standorte wurden umfassende techno-ökonomische Analysen durchgeführt – unter Einsatz eines gekoppelten Simulationsmodells, bestehend aus Netzsimulation, wirtschaftlicher Optimierung (marktbasiert), technischer Anlagenmodellierung und einer Wirtschaftlichkeitsrechnung.
Die Simulationen zeigten, dass ein rein netzdienlicher Betrieb zwar theoretisch zur vollständigen Aufnahme der Einspeisespitzen geeignet ist, in der Praxis aber wirtschaftlich kaum tragfähig ist. Die resultierenden Volllaststunden lagen je nach Standort zwischen 20 und 500 Stunden pro Jahr – zu wenig, um die Fixkosten der Anlagen zu decken. Erst durch eine zusätzliche marktliche Nutzung der Elektrolyse – insbesondere bei Wasserstoffpreisen ab etwa 6–7?€/kg – wird ein wirtschaftlicher Betrieb realistisch. Bei diesen Preisniveaus übernimmt der marktliche Betrieb zunehmend auch netzdienliche Funktionen, da Preistäler im Strommarkt häufig mit Netzengpässen korrelieren. Somit kann die Kombination aus netzdienlichem und marktbasiertem Einsatz zu einer hohen Auslastung und zugleich Systemnutzen führen – ganz ohne zusätzliche Steuerung durch den DSO.
Ein weiterer zentraler Befund betrifft die optimale Dimensionierung der Anlagen. Während der maximale Nutzen rein netztechnisch bei 100?% Auslegung liegt, zeigte sich wirtschaftlich ein Optimum bereits bei rund 50?% der Maximalleistung. In diesem Bereich können etwa 90?% der potenziellen Abregelungsverluste vermieden werden – bei gleichzeitig deutlich geringeren Investitionskosten. Dies legt nahe, dass eine strategische Unter-Dimensionierung in Verbindung mit marktlichen Erlösen die ökonomisch sinnvollste Lösung darstellt.
Im Vergleich mit klassischen Netzverstärkungsmaßnahmen offenbarten sich zusätzliche Vorteile: Während diese im Modell durchgehend negative wirtschaftliche Barwerte aufwiesen (d.?h. ihre Kosten wurden durch die gewonnene Einspeisung über den Betrachtungszeitraum nicht kompensiert), konnten Elektrolyseanlagen unter den genannten Bedingungen positive Nettonutzen generieren – besonders dann, wenn sie marktlich betrieben werden dürfen. Daraus ergibt sich eine klare Empfehlung zur Prüfung alternativer Ausschreibungsmodelle, bei denen die technische Bereitstellung durch Marktteilnehmer:innen erfolgt und der DSO lediglich netzdienliche Leistungen beschafft.
Der Ausblick verweist auf mehrere Forschungsbedarfe: Die Studie beruht auf historischen Strompreisdaten und berücksichtigt keine dynamische Wasserstoffnachfrage. Auch systemische Zusatznutzen – etwa eine gesteigerte Resilienz des Energiesystems oder Entlastung höherer Netzebenen – wurden bislang nicht monetär bewertet. Für weiterführende Forschung empfiehlt sich daher, Nachfrageeffekte und langfristige Preisentwicklungen systematisch zu integrieren sowie breitere Standortanalysen durchzuführen. Ebenso sollten die Potenziale einer Integration in sektorübergreifende Infrastrukturen – etwa für Wärme oder Mobilität – verstärkt in den Fokus rücken.