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Marktprämien 2.0

Weiterentwicklung der Marktprämienförderung unter Einbeziehung der Rolle von PPAs

Programm / Ausschreibung Energie.Frei.Raum, Energie.Frei.Raum, Energie.Frei.Raum 2. AS 2020 Status laufend
Projektstart 01.11.2023 Projektende 30.04.2025
Zeitraum 2023 - 2025 Projektlaufzeit 18 Monate
Keywords Marktprämiensystem, Contract for Difference, Power Purchase Agreement

Projektbeschreibung

Mit dem Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) im Jahr 2021 erfolgte in Österreich die Anpassung des Fördersystems für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EE) an die geänderten beihilferechtlichen EU-Vorgaben. Diesen Vorgaben entsprechend legt § 9 des EAG die Förderung durch Marktprämie als Instrument der Betriebsförderung im EAG fest. Eine Marktprämie ist ein Zuschuss auf den vermarkteten und in das öffentliche Netz eingespeisten Strom, der die höheren Gestehungskosten für erneuerbaren Strom ausgleichen soll. Innerhalb der EU erfolgte im Laufe der vergangenen Jahre in nahezu allen Mitgliedsstaaten eine Umstellung auf ein derartiges Förderschema.
Von zentraler Bedeutung in der Förderermittlung ist der Begriff des anzulegenden Wertes (azW), da dieser Wert die Gesamterlöse aus betrieblicher Sicht bestimmt. Anfangs wenig beachtet, aber aktuell angesichts hoher Energiepreise von großer praktischer Relevanz erscheint hierbei die Regelung, dass falls der Referenzmarktwert den azW um mehr als 40% übersteigt, bei größeren Anlagen eine teilweise Rückzahlung des den azW übersteigenden Teils vorgesehen wird, um Überförderungen zu vermeiden (vgl. EAG § 11 Abs. 6). Damit enthält das Marktprämienmodell Elemente eines Differenzkontrakts.
Diese Rückzahlungsregelung wurde in der jüngeren Vergangenheit viel kritisiert. So sehen manche Branchenvertreter:innen diese Regelung als schwer vereinbar mit der Refinanzierungspraxis an, andere Akteure erachten die Einführung eines vollständigen Differenzkontrakts als volkswirtschaftlich zielführend und effizient, um aus Konsument:innensicht kostengünstig die Energiewende zu bewerkstelligen.
Ein weiterer zentraler Aspekt des geplanten Sondierungsvorhabens ist die Entwicklung praxistauglicher Vorschläge zur Verbesserung der Anreizwirkung der bestehenden Marktprämienregelung hinsichtlich der Systemintegration und des Beitrags zur erforderlichen Systemflexibilität des erzeugten und eingespeisten erneuerbaren Stroms. Speziell bei steuerbaren Energietechnologien wie Biomasse, Biogas oder Speicherwasserkraft lohnt sich hier der Blick auf die Förderpraxis und gewonnene Erfahrungen in anderen Ländern, welche bereits in der Vergangenheit entsprechende Anreize zur verstärkten Marktintegration gesetzt hatten.
Neben der detaillierten Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Marktprämienregelungen des EAG umfasst das geplante Themenspektrum auch die Betrachtung von Power Purchase Agreements (PPAs) als komplementäres Element im Rahmen einer Marktprämienregelung bzw. als Alternative hierzu. Im Zuge der Direktvermarktung sind ja Energieerzeuger:innen verpflichtet, den erzeugten Strom selbst zu vermarkten. Diesbezüglich werden neben der Teilnahme an der klassischen Strombörse auch PPAs in vielen Ländern von den involvierten Akteur:innen genutzt. Eine Analyse der in anderen Ländern gängigen Praxis samt Erfahrungsbewertung erscheint auch für heimische Akteur:innen von Interesse und soll ggf. für die weitere Verbreitung von PPAs im heimischen Kontext dienen (wie im Rahmen eine F&E Folgeprojekts anvisiert).

Ziel der geplanten Kurzstudie „Marktprämien 2.0“ ist, zeitnah Vorschläge für eine inhaltliche Reform und Weiterentwicklung des vor kurzem in Österreich etablierten Marktprämiensystems zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien im heimischen Strommarkt zu entwickeln. Das Lösen obig skizzierter Problemfelder wie etwa der systemische Umgang mit etwaigen Übergewinnen, die Verbesserung der Anreizelemente zur Marktintegration sowie die Minimierung von Risiken seitens der Projektfinanzierung wird hierbei als zentral angesehen. Des Weiteren wird auch der mögliche Beitrag von PPAs in obigem Kontext eingehend beleuchtet. Hiermit soll ein zeitgerechtes und kosteneffizientes Erreichen der EAG-Ausbauziele gewährleistet werden.

Zur Erreichung des obig genannten Ziels wird ein klares analytisches Konzept verfolgt, das die nachfolgend erläuterten Aspekte umfasst:
- Ländervergleich samt Fallstudienbetrachtung (AP2) bzgl. der Detailimplementierung der Marktprämienregelungen und der Rolle von PPAs
- Detailanalyse der Finanzierungsbedingungen - Status Quo und Ausblick (AP3)
- Modellbasierte Analyse künftiger Marktwerte erneuerbarer Energien (AP4)
- Entwicklung und Bewertung von Lösungskonzepten zur Weiterentwicklung der heimischen Marktprämienregelungen (AP5) für erneuerbare Stromerzeuger:innen
- Stakeholder-Dialog und Synthese (AP6).

Die zielgerichtete Vorgehensweise, angepasst an den gegebenen inhaltlichen Kontext, fußt hierbei auf wissenschaftlich bewährten Methoden. Die Kombination dieser ist jedoch hochgradig innovativ, da sowohl die Fragestellung als auch die angepasste Methodik unserem Wissen entsprechend bis dato in keinem Forschungsvorhaben sich widerspiegelte.
Hiermit soll ein wesentlicher Beitrag zur Lösung regulatorischer Probleme geleistet, wovon die Gesellschaft wie auch Marktakteur:innen profitieren können und werden. Marktakteur:innen können ebenso vom generierten Sachwissen profitieren und die seitens des Projektteams bereitgestellten Informationen in ihre Entscheidungsprozesse einfließen lassen.

Abstract

With the entry into force of the Renewable Energy Sources Expansion Act (EAG) in 2021, the support system for electricity generation from renewable energies (RE) was adapted in Austria to the changed EU state aid requirements. According to these requirements, § 9 of the EAG defines the promotion through market premiums as an instrument of business promotion in the EAG. A market premium is a subsidy on the electricity that is marketed and fed into the public grid, which is intended to compensate for the higher production costs for renewable electricity. Within the EU, almost all member states have switched to such a funding scheme over the past few years.
The concept of the value to be applied (azW) is of central importance in determining the subsidy, since this value determines the total revenue from the operational point of view. Initially little noticed, but currently in view of the high energy prices of great practical relevance, the regulation that if the reference market value exceeds the azW by more than 40%, a partial repayment of the part exceeding the azW is provided for in larger systems in order to avoid excessive subsidies ( cf. EAG § 11 Para. 6). The market premium model thus contains elements of a contract for difference.
This repayment scheme has been widely criticized in the recent past. Some industry representatives see this regulation as difficult to reconcile with refinancing practice, while other actors consider the introduction of a complete contract for difference to be economically expedient and efficient in order to achieve the energy transition cost-effectively from the consumer's point of view.
Another central aspect of the planned exploratory project is the development of practical proposals to improve the incentive effect of the existing market premium scheme with regard to system integration and the contribution to the required system flexibility of the generated and fed-in renewable electricity. Especially in the case of controllable energy technologies such as biomass, biogas or storage hydroelectric power, it is worth taking a look at the funding practice and the experience gained in other countries, which have already provided appropriate incentives for increased market integration in the past.
In addition to the detailed design and further development of the market premium regulations of the EAG, the planned range of topics also includes the consideration of power purchase agreements (PPAs) as a complementary element within the framework of a market premium regulation or as an alternative to it. In the course of direct marketing, energy producers are obliged to market the electricity they generate themselves. In this regard, in addition to participation in the classic electricity exchange, PPAs are also used in many countries by the actors involved. An analysis of current practice in other countries, including an evaluation of experience, also appears to be of interest to domestic actors and should possibly serve to further disseminate PPAs in the domestic context (as envisaged in the context of a follow-up R&D project).

The aim of the planned short study "Market premiums 2.0" is to promptly develop proposals for a substantive reform and further development of the market premium system recently established in Austria to promote the expansion of renewable energies in the domestic electricity market. Solving the problem areas outlined above, such as the systemic handling of any excess profits, improving the incentive elements for market integration and minimizing risks on the part of project financing is viewed as central. Furthermore, the possible contribution of PPAs in the above context is also examined in detail. This is intended to ensure that the EAG expansion targets are achieved in a timely and cost-efficient manner.

To achieve the above goal, a clear analytical concept is pursued, which includes the aspects explained below:
- Country comparison including case study consideration (AP2) regarding the detailed implementation of the market premium regulations and the role of PPAs
- Detailed analysis of the financing conditions - status quo and outlook (AP3)
- Model-based analysis of future market values of renewable energies (WP4)
- Development and evaluation of solution concepts for the further development of the domestic market premium regulations (AP5) for renewable electricity producers
- Stakeholder dialogue and synthesis (WP6).

The targeted approach, adapted to the given content context, is based on scientifically proven methods. However, the combination of these is highly innovative, since both the question and the adapted methodology have not been reflected in any research project to date, according to our knowledge.
This is intended to make a significant contribution to solving regulatory problems, from which society and market players can and will benefit. Market players can also benefit from the generated property

Endberichtkurzfassung

Das Projekt hat zentrale Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des österreichischen Marktprämiensystems hervorgebracht. Ein wichtiges Ergebnis ist die vergleichende Analyse europäischer CfD-Umsetzungen. Sie zeigt, dass Details wie Referenzpreisberechnung, Realisierungsfristen oder Markteintrittsoptionen entscheidend für die Investitionssicherheit und Marktwirkung sind. Innovative Ansätze bzgl. Referenzperiode, Laufzeit oder Anpassungen des Strike-Preises liefern wertvolle Anregungen.

Die modellierten Strompreis- und Marktwertszenarien für 2030 und 2050 verdeutlichen, dass mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien Flexibilitätsoptionen (Speicher, steuerbare EE, Netzausbau) unverzichtbar sind, um Preisvolatilität zu begrenzen und ebenso dass Förderungen Erneuerbarer weiterhin notwendig sind.

Darüber hinaus wurde die Rolle von PPAs im Zusammenspiel mit CfDs und Marktprämien untersucht. PPAs spielen in Österreich derzeit kaum eine Rolle und wären nur dann relevant, wenn ihr Ausbau politisch gewollt wäre. Zwar sind PPAs grundsätzlich möglich, werden aber durch die Marktprämienregelung faktisch erschwert, da für Anlagenbetreibende erhebliche Rückzahlungsrisiken entstehen. Um einen PPA-Markt zu fördern, wären daher eigene Förderschienen oder eine Anpassung der Referenzmarktwert-Logik nötig. PPAs sind vor allem in den Ländern etabliert, wo öffentlichen Förderinstrumente fehlen oder nicht hinreichend wirksam sind.

Die Analyse der verschiedenen Reformoptionen zeigt, dass Österreich vor einer grundlegenden Entscheidung steht. Das bestehende Marktprämienmodell nach dem EAG hat zwar zum Ausbau erneuerbarer Energien beigetragen, erfüllt aber die neuen europäischen Anforderungen wohl nicht in allen Details. Ebenso scheint das bestehende Modell nicht den Erfordernissen eines Marktes, der zunehmend von extremen Preisschwankungen geprägt ist, gänzlich gewachsen zu sein. Die Optionen A bis D verdeutlichen die Spannweite möglicher Reformpfade – von einer vorsichtigen inkrementellen Anpassung über den Übergang zu zweiseitigen Differenzverträgen bis hin zu weitreichenden Systemwechseln mit Kapazitätszahlungen.

Kurzfristig bis mittelfriste erscheint Option A als die ideale Lösung, um die Schwächen des bestehenden Modells abzufedern. Langfristig jedoch wird Österreich kaum umhinkommen, das europäische Leitmodell zu übernehmen. Zweiseitige Differenzverträge (Option B) bieten eine gute Balance zwischen Planungssicherheit für Investoren und Kompatibilität mit den Vorgaben der EU. Sie ermöglichen stabile Zahlungsströme, reduzieren die Finanzierungskosten und sichern den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien. Gleichermaßen verschärfen sie aber auch die Erlösentgangsproblematik im Fall von negativen Preisen.

Die Optionen C und D bleiben interessante theoretische Konzepte, sind jedoch mit erheblichen Risiken verbunden. Kapazitätszahlungen, sei es jährlich oder einmalig bei Errichtung, erfordern einen vollständigen Systemumbau, der technisch, administrativ und rechtlich kaum zu bewältigen wäre. Zudem sind die Anreize für effizienten Betrieb und langfristige Marktintegration in diesen Modellen schwach ausgeprägt.

Über die reine Frage des Förderdesigns hinaus muss die Politik künftig zwei zusätzliche Themen stärker in den Blick nehmen. Erstens das wachsende Problem negativer Preise: Diese werden in den kommenden Jahren zunehmen und könnten die Erlöse vieler Betreibenden massiv beeinträchtigen. Fördermodelle müssen so ausgestaltet werden, dass sie Fehlanreize vermeiden, gleichzeitig aber die Investitionsbereitschaft nicht gefährden. Zweitens die Rolle steuerbarer erneuerbarer Energien: Nur wenn diese gezielt gefördert und in die Märkte integriert werden, kann das System die notwendige Flexibilität erreichen, um große Mengen variabler Erzeugung aus Windkraft und PV erfolgreich aufzunehmen.

Insgesamt lässt sich festhalten: Österreich braucht eine Förderpolitik, die sich an den europäischen Vorgaben orientiert, gleichzeitig aber nationale Besonderheiten berücksichtigt. Der Übergang zu CfDs scheint dabei langfristig unausweichlich. Hier erscheinen aber Verfeinerungen in der Ausgestaltung der Förderregelungen notwendig, um bestmöglich der Problematik negativer Strompreise und des damit verbundenen Erlösentgangs bestmöglich zu begegnen bzw. diese nicht zu verschärfen. Ergänzend dazu sollten spezifische Instrumente für steuerbare erneuerbare Energien eingeführt und Mechanismen zum Umgang mit negativen Preisen entwickelt werden. Nur so kann der Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgreich fortgesetzt werden – in einem Marktdesign, das sowohl Investor:innen Sicherheit bietet als auch die Interessen der Verbrauchenden wahrt.

Besonders die aktuelle Regelung zu negativen Preisen gemäß § 15 EAG wird zunehmend kritisch gesehen, da sie die Erlössicherheit untergräbt und Investitionen in neue Projekte erschwert (RIS, 2025), (Resch, Monsberger, Liebmann, Schwabeneder, & Schöniger, 2025), (ACER, 2024), (IEA, 2023), (Agora Energiewende, 2022). Eine zeitnahe Reform dieser Vorschrift erscheint sinnvoll, um Fehlanreize zu vermeiden und zugleich Investitionsbereitschaft sicherzustellen.

Zudem wurde untersucht, wie die Weiterentwicklung der Marktprämienregelung die Finanzierungsbedingungen von Energieprojekten sachgerecht berücksichtigen kann. Im Mittelpunkt steht das Konzept des WACC, das trotz methodischer Limitationen eine zentrale Rolle in Gutachten und Praxis spielt, aber im Kontext erneuerbarer Projekte teilweise ungeeignet erscheint. Die Analysen zeigen, dass die Heterogenität der Betreiber:innen und die Volatilität relevanter Parameter zu Verzerrungen führen können, weshalb alternative Ansätze – insbesondere Auktionsmechanismen – als vielversprechender erachtet werden. Änderungen am derzeitigen Förderregime sollten dabei inkrementell erfolgen und durch transparente Kommunikation sowie Stakeholder:innen-Einbindung flankiert werden. Insgesamt zeigt sich, dass die aktuelle Marktprämienregelung zumindest in einem kleinen Umfang Anpassungen bedarf.

Stellungnahmen der Erneuerbaren-Branche betonen, dass das bestehende österreichische Förderregime auf Basis des EAG noch jung ist und bisher keine ausreichende Evaluierung seiner Wirksamkeit erfolgt ist. Grundlegende Änderungen am Fördersystem würden erhebliche Unsicherheiten schaffen, Finanzierungskosten erhöhen und den dringend notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien verzögern. Besonders hervorgehoben wird, dass die vorgeschlagenen Anpassungen überwiegend Verschlechterungen darstellen und den Markthochlauf gefährden könnten. Anstatt zusätzliche regulatorische Eingriffe vorzunehmen, wäre es zielführender, die tatsächlichen Hemmnisse beim Ausbau – wie Netzkapazitäten, Flächenverfügbarkeit und Genehmigungsverfahren – systematisch zu adressieren und technologieübergreifend zu analysieren. Zudem sollten Besonderheiten des österreichischen Energiemarktes berücksichtigt werden, um Investitionsanreize und Planungssicherheit zu stärken.