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ESTRAL

Ecological and Safe TRAffic systems by digitalising Law

Programm / Ausschreibung Leuchttürme eMobilität, Zero Emission Mobility, Zero Emission Mobility 2022/01 Status laufend
Projektstart 01.09.2023 Projektende 28.02.2025
Zeitraum 2023 - 2025 Projektlaufzeit 18 Monate
Keywords Verkehrsrecht, Verordnungen, Digitalisierung, Services

Projektbeschreibung

Die StVO ist seit 1960 in Kraft - die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich seitdem stark verändert. Der Nutzungsdruck im öffentlichen Raum hat zugenommen, Anforderungen an die Verkehrssicherheit sind gestiegen und die Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit wird aufgrund der zunehmenden Digitalisierung zunehmend erschwert. Neue Technologien, neue Formen der Mobilität und negative Umweltbeeinträchtigungen erhöhen die Komplexität zusätzlich. Die Instrumente der 1960er Jahre sind dafür nicht immer ausreichend. Die Digitalisierung bietet großes Potential den geschilderten Herausforderungen besser zu begegnen.

Neue Formen und Kanäle sind notwendig, um verkehrsrechtliche Vorschriften umfassend, detailreich, dynamisch, situationsabhängig oder zielgruppenorientiert zu formulieren und so Verkehrsmanagement effizient und wirkungsvoll zu gestalten. Digitalisierung ermöglicht es, dass mit der jeweils passenden Methode zur digitalen Datenübertragung auch komplexe Verkehrsvorschriften situationsabhängig und vollinhaltlich die gewünschte Zielgruppe an Verkehrsteilnehmer:innen erreichen und somit ihre volle Wirkung erzielen können.

Das Projekt ESTRAL (Ecological and Safe TRAffic systems by digitizing Law) hat folglich zum Ziel, die Entwicklung von Handlungsempfehlungen zur Erstellung digitaler Rechtsvorschriften im Straßenverkehr anhand ausgewählter Anwendungsfälle zum Zweck der Erhöhung der Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit des Verkehrssystems sowie die Darstellung des resultierenden Nutzens.

Abstract

The StVO has been in use since 1960 - the social environment has changed significantly since then. The usage pressure on public space has increased, requirements for road safety have risen and maintaining legal clarity is becoming more and more difficult due to increasing digitalization. New technologies, new forms of mobility and negative environmental impacts add to the complexity. The instruments of the 1960s are not always sufficient for this. Digitalization offers great potential to better meet the challenges mentioned above.

New ways and forms are needed to formulate traffic regulations in a comprehensive, detailed, dynamic, situation-dependent or target group-oriented manner and thus to design traffic management efficiently and effectively. Digitalization makes it possible that with the appropriate method of digital data transmission, even complex traffic regulations can reach the desired target group of road users in a situation-dependent manner and with full content, and therefore achieve their full potential.

The ESTRAL project (Ecological and Safe TRAffic systems by digitizing Law) therefore aims to develop recommendations for action for the creation of digital legal provisions in road traffic on the basis of selected use cases for the purpose of increasing the safety, efficiency and sustainability of the traffic system as well as the presentation of the resulting benefits.

Endberichtkurzfassung

Die Regelung des Straßenverkehrs in Österreich steht zunehmend im Fokus: Gesellschaftliche Veränderungen, technologische Entwicklungen und das Bekenntnis zur Erreichung der Klimaziele machen eine Modernisierung erforderlich. Die etablierten Instrumente der StVO stoßen dabei an ihre Grenzen. Das Projekt ESTRAL setzt genau hier an: Es will durch Digitalisierung von Verkehrsvorschriften und Verwaltungsprozessen die Verkehrssicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit verbessern und somit die Mobilitätswende aktiv unterstützen.

Kernstück des Konzeptes ist die Digitalisierung der Kundmachung von Verkehrsmaßnahmen (Gebote, Verbote etc. im Sinne der StVO) und die authentische Kundmachung in digitaler Form, ähnlich wie dies bereits seit Jahrzehnten im Rechtsinformationssystem RIS erfolgreich etabliert ist. Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen bleiben jedoch weiterhin bestehen und dienen fortan der Republikation der digitalen Kundmachung.

Die Kundmachung der digitalen Verkehrsmaßnahmen erfolgt in einem neu zu schaffenden Verkehrsmaßnahmenregister, dem österreichweit zentralen Datenpool mit sämtlichen aktuell relevanten Verkehrsregelungen, von dauerhaften über temporäre, dynamische bis hin zu mobilen Verkehrsmaßnahmen. Involviert sind Behörden und Straßenerhalter aller Gebietskörperschaften, wodurch sämtliche Kategorien des Straßennetzes abgedeckt sind.

Auf dieses Verkehrsmaßnahmenregister greifen – vorzugsweise über einen österreichischen Mobilitätsdatenraum – sämtliche Service-Provider zu. Diese integrieren die rechtsverbindlichen „amtlichen“ Verkehrsmaßnahmen in ihre Services. Auf diese Weise stehen den Verkehrsteilnehmerinnen sowohl unmittelbar als auch im Rahmen automatisierter Fahrfunktionen erstmals Services mit einer hohen und vor allem verlässlichen Qualität zur Verfügung. Ein wesentliches Qualitätskriterium ist die Vollständigkeit der zugrundliegenden Daten. Um diese zu erzielen ist zusätzlich zur digitalen Kundmachung neuer Verkehrsmaßnahmen auch die Digitalisierung des Altbestandes an Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen erforderlich.

Auch wenn aus Sicht von Verkehrsteilnehmerinnen und Service-Providern bereits die Digitalisierung der Kundmachung den erwarteten Nutzen stiftet, generieren Behörden und Straßenerhalter ihren vollen Nutzen erst mit Digitalisierung sämtlicher zeitlich vor der Kundmachung liegender Prozessschritte: dem behördlichen Ermittlungsverfahren sowie dem behördlichen Willensbildungsprozess. Diese Prozessschritte sind dahingehend überarbeitet, dass sie sowohl für planbare als auch für nicht planbare Ereignisse genauso wie für die partiell erforderliche nachträgliche Dokumentation des Willensbildungsprozesses als Folge der Bestandsdigitalisierung einem einheitlichen Schema folgen und entsprechend technisch unterstützt werden können.

Im Wesentlichen erfolgt die technische Unterstützung durch bestehende Systeme beziehungsweise mit deren Erweiterung. Dabei handelt es sich vor allem um die Graphenintegrationsplattform GIP (inklusive Maßnahmenassistent) und die Echtzeit-Verkehrsinformation Straße EVIS, aber auch diverse elektronische Aktenverwaltungssysteme (ELAK) bis hin zur Verkehrsauskunft Österreich (VAO). Zusätzlich bestehen eine Vielzahl stakeholderspezifischer Lösungen, die jedenfalls zu integrieren sind. Neu zu entwickeln sein werden jedenfalls das Verkehrsmaßnahmenregister sowie gegebenenfalls innovative Digitalisierungstools, vor allem im Zusammenhang mit nicht planbaren Ereignissen sowie der Bestandsdigitalisierung.

Eine wesentliche Herausforderung wird die Implementierung der angepassten Prozesse in bestehende Governance-Strukturen. Dabei handelt es sich um einen Change-Prozess innerhalb der öffentlichen Verwaltung, der jedenfalls professionell zu begleiten und zusätzlich durch Maßnahmen zum Kompetenzaufbau im thematischen Schnittbereich zwischen Verkehr, E-Government, Technik und Recht zu flankieren ist.

Um die erforderliche rechtliche Basis zu schaffen, bedarf es einer Reihe von Novellierungen auf einfachgesetzlicher Ebene (vor allem StVO) sowie entsprechender Durchführungsverordnungen. Größte Herausforderung wird vermutlich die verfassungsrechtliche Verankerung der digitalen Kundmachung im Verkehrsmaßnahmenregister inklusive der erforderlichen Kompetenzdeckung sein.

Alle erforderlichen Schritte zur Realisierung des Konzeptes von ESTRAL sind in einem Umsetzungsplan zusammengefasst, der sowohl die einzelnen Maßnahmen als auch deren schrittweise Implementierung detailliert beschreibt. Die Implementierung folgt zwei Pfaden: erstens den Digitalisierungsstufen, also einer schrittweisen Erhöhung des Digitalisierungsgrades, sowie zweitens der Hierarchie des Straßennetzes beginnend bei den Autobahnen und Schnellstraßen, gefolgt von den Landesstraßen bis hin zu den Gemeindestraßen. Dieser Umsetzungsplan ermöglicht zusätzlich, dass die unionsrechtlichen Vorgaben zur Bereitstellung verkehrsbezogener Daten (IVS-Richtlinie, Delegierte Verordnungen) entsprechend erfüllt werden können.

Nutznießer der ESTRAL Konzeption sind sämtliche Beteiligte entlang der Wertschöpfungskette: die öffentliche Verwaltung profitiert von Digitalisierung und vereinheitlichten Prozessen, die Services-Provider profitieren von vertrauenswürdigen und vollständigen Daten, und die Verkehrsteilnehmerinnen profitieren von verlässlichen Services, die auf ihre individuellen Bedürfnisse bestmöglich abgestimmt sind.