Push Over
Erdbebennachweis bei Vollfertigteilwänden (Push Over)
Programm / Ausschreibung | IWI, IWI, Basisprogramm Ausschreibung 2022 | Status | abgeschlossen |
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Projektstart | 01.06.2022 | Projektende | 31.08.2023 |
Zeitraum | 2022 - 2023 | Projektlaufzeit | 15 Monate |
Keywords |
Projektbeschreibung
Ausgangssituation, Problematik und Motivation zur Durchführung:
Der moderne Hochbau ist durch die Forderungen nach schneller und kostengünstiger Bauausführung geprägt. Dies hat zu einer zunehmenden Rationalisierung durch weitgehende Vorfertigung der Bauelemente geführt. Hierbei stehen neben der Bauzeitverkürzung die Einsparungen von Schalungs- und Gerüstkosten im Vordergrund. Gleichzeitig ermöglicht die hohe Genauigkeit, eine witterungsunabhängige Fertigung sowie die besonders gute Überwachung im Werk eine gleichbleibend hohe Ausführungsqualität. Neue Grundsätze der Ressourceneffizienz und der Nachhaltigkeit machen es notwendig bestehende Systeme weiterzuentwickeln, um eine bessere Umweltverträglichkeit der eingesetzten Rohstoffe und Verarbeitungstechniken zu ermöglichen und am Markt zu etablieren.
Angestrebte Ergebnisse und Erkenntnisse:
Der Einsatz von Vollfertigteilwänden steht vor allem bei mehrgeschossigen Bauvorhaben immer wieder zur Diskussion. Oft wird die Meinung vertreten, dass Fertigteile nicht die notwendige Aussteifung besäßen, d.h. dass diese nicht genügend Sicherung gegen Horizontalkräfte wie Wind, Erddruck oder der Lotabweichung sowie Erdbeben bieten. In der Tat bildet die Verbindung der Betonfertigteile eine Schwachstelle, die gerade bei Horizontallasten besonders zu beachten ist. Um diesen Horizontalkräften entgegen zu wirken, werden häufig die Vollfertigteilbauweise mit Doppelwänden und Ortsbeton kombiniert, was dazu führt, dass keine Optimierung der Wandstärken (mehr Beton und Bewehrung) möglich ist und kein Nutzflächengewinn erreicht werden kann. Darüber hinaus kommen aufwendige und kostspielige Wand/Decken bzw. Wand/Wand-Verbindungen und teure geschoßübergreifende Zugverbindungen zum Einsatz. In Erbeben gefährdeten Gebieten wird die Vollfertigteilbauweise daher nur selten und nicht durchgängig eingesetzt, und kann in Kombination mit Ortsbeton ihre Ressourceneffizienz nicht entfalten. Darüber hinaus fehlen die Datengrundlage und die Prüfverfahren für nichtlineare Nachweisverfahren, um Vollfertigteilwände als Schubwände ohne geschossübergreifende Bewehrung in österreichischen Erbebengebieten zuverlässig und ohne Risiken einsetzen zu können.
Schubwände ist ein für die Aufnahme von Horizontallasten im Gesamtgebäude notwendiges Bauteil. Aussteifende Wände - oft auch als Schubwände bezeichnet - stellen immer ein tragendes Element dar und dürfen aus dem Baukörper grundsätzlich nicht entfernt werden, da ansonsten die Standsicherheit gefährdet wird.
Ziele und Innovationsgehalt gegenüber dem Stand der Technik / Stand des Wissens:
Ziel des Projektes ist es, Vollfertigteilwände, die als Schubwände auch wesentliche Horizontallasten aufnehmen sollen, bei der Montage lediglich im Mörtelbett ohne durchgehende Bewehrung zu verssetzen und die Grundlagen für eine sogenannte „Pushover-Analyse“ bei Erdbeben für die vermörtelte Vollfertigteilwand-Bauweise zu schaffen. Gemäß einer Vorausstudie scheint es nicht unmöglich zu sein, mittels dem im „Eurocode 8“ grundsätzlich geregelten, kapazitätsorientierten Verfahren, d.h. unter Ausnutzung von plastischen Bereichen der Konstruktion, Erdbeben geringer bis mittlerer Intensität für Fertigwandsysteme, die lediglich im Mörtelbett versetzt sind, nachzuweisen.
Es soll ermittelt werden, ob ausreichend Daten bzw. Verfahren vorliegen, um, für Gebiete geringer und mittlerer Seismizität und Gebäuden bis zu sechs oberirdischen Geschoßen, das Verhalten der Schubfuge von Fertigteilwänden hinsichtlich des Schubwiderstand und des plastisches Verhaltens der Schubfuge ohne Bewehrungsanteil in einem Rechenverfahren abbilden zu können. Hier ist vor allem das Verhalten nach dem Erreichen des Grenzwiderstandes auf Schub (Übergang von Haft- zur Gleitreibung) unter Wechselbeanspruchung von besonderem Interesse. Bei vorhandenen, langen, plastisch nutzbaren Gleitwegen ist der Kapazitätsnachweis als Nachweis des Widerstandes im Lastfall Erdbeben besonders wirtschaftlich zu führen.
Das Projekt wird in Zusammenarbeit von drei Projektpartnern durchgeführt, Fa. Mischek Systembau GmbH, Fa. Maba Fertigteilindustrie GmbH und Technische Universität Wien (TU WIEN), Forschungsbereich Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau (ITI).