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LeWeLaS

Lehm als Werkstoff für Lärmschutzwände im System Bahn

Programm / Ausschreibung Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft, MdZ - 18. Ausschreibung (2021) PM, System Bahn Status abgeschlossen
Projektstart 19.09.2022 Projektende 18.09.2023
Zeitraum 2022 - 2023 Projektlaufzeit 13 Monate
Keywords Lehm, Lärmschutzwand, Ökobilanz, Lebenszykluskosten-Analyse

Projektbeschreibung

Lärmschutzwände (LSW) sind Lärmschutzvorrichtungen, die die unmittelbare Übertragung des vom Verkehr ausgehenden Luftschalls hemmen. Diese spielen entlang der Bahnstrecken eine wichtige Rolle, um Siedlungsräume vor hoher Lärmbelastung zu schützen.

Lärmschutzwände bestehen derzeit aus sehr energieintensiven Materialien wie Beton, Glas, Aluminium, imprägniertem Holz, Kunststoffen oder Ziegelsteinen. Neben den hohen Kosten und dem hohen Energieaufwand bei der Herstellung ist ein Recyclingprozess bei Ersatz oder Rückbau nur selten möglich. Hier gilt es, preiswerte und zukunftsfähige Alternativen zu entwickeln.

Das Material Lehm kann mit seinem geringen Primärenergiebedarf, der regionalen Verfügbarkeit und der vollständigen Recycling- bzw. Rückführbarkeit eine gewinnbringende Alternative darstellen. Lehm fällt in großen Mengen als Aushubmaterial im Bahn- und Straßenbau an. Statt einer aufwändigen Entsorgung gilt es, das direkte Nutzungspotenzial des Materials zu eruieren. Aufgrund seiner Masse und seiner porösen Oberfläche bietet Lehm zudem einen optimalen Schallschutz. Die Einsatzmöglichkeiten des Materials Lehm im Bereich des Lärmschutzes sollen in diesem Projekt exemplarisch untersucht werden.

Folgende Forschungsfragen stehen im Mittelpunkt:

- Welche Lehmbautechniken eignen sich für Schallschutzwände (Wellerlehm, Stampflehm, Lehmziegel, Earthbags, Leichtlehm, Lehmverbundbaustoffe)?
- Welche Normen müssen berücksichtigt werden?
- Ökologische Synergien in der Materialbeschaffung? Aushubmaterial? Lehm als Entsorgungsprodukt?
- Welchen dynamischen Belastungen muss die Lärmschutzwand standhalten?
- Luftschalldämmung: Welche Werte können aufgrund der hohen Masse erreicht werden?
- Schallabsorption: Ist eine zusätzliche Absorptionsschicht notwendig?
- Life-cycle-assessment: Wie schneidet das Produkt in einer Live-Cycle-Analyse im Vergleich mit herkömmlichen Schallschutzwänden ab?
- Biodiversität: Können Lehm-Schallschutzwände zum Erhalt der Biodiversität beitragen?

Ergebnis:
In dieser Sondierung werden mehrere Varianten von LSW in Lehmbautechnik identifiziert und entworfen. Anschließend erfolgt eine umfassende Bewertung hinsichtlich Kriterien wie technische Performance, Wirtschaftlichkeit, Umweltfreundlichkeit und Zukunftsfähigkeit. Daraus werden bis zu drei Varianten ausgewählt, die in einem anschließenden Folgeprojekt als Prototypen gebaut und getestet werden sollen. Begleitet wird die Sondierung durch einen permanenten Dialog mit unterschiedlichsten StakeholderInnen, um die Anforderungen der BetreiberInnen, Hersteller- und Lieferfirmen usw. von Beginn an zu berücksichtigen.

Abstract

Noise barriers are structures that inhibit the direct transmission of airborne noise emitted by traffic. They play an important role along railroad lines to protect residential areas from high noise pollution.
Noise barriers are currently made of very energy-intensive materials such as concrete, glass, aluminum, impregnated wood, plastics or bricks. In addition to the high costs and large amount of energy input during construction, a recycling process is rarely possible when the noise barriers should be replaced or demolished. Therefore, it is necessary to develop inexpensive and sustainable alternatives.
With its low primary energy requirement, regional availability and complete recyclability, earthen material can be a best suitable alternative. Earthen material is produced in large quantities as excavated material during railroad and road construction. Hence, rather than desposing excavated material expensively, the direct utilization of it should be found out. In addition, earth offers an optimum sound insulation because of its mass and porous surface. This project exemplarily investigates the potential uses of earth as a construction material for noise protection.
The following research questions will be focused on:
- Which earthen material building techniques are suitable for noise barriers (cob walling, stamped earth, earth bricks, earthbags, light earth, earth composite building materials)?
- Which standards have to be considered?
- Ecological synergies in material sourcing? Excavated material? Earth as a disposal product?
- Which dynamic loads must the noise barrier withstand?
- Airborne sound insulation: which values can be achieved due to the high mass?
- Sound absorption: is an additional absorption layer necessary?
- Life-cycle assessment: how is the performance of the product in terms of life-cycle analysis as compared to the conventional noise barriers?
- Biodiversity: can earthen material noise barriers contribute to the preservation of biodiversity?

Results:
In this exploratory research, several variants of noise barriers using earth material construction techniques will be identified and designed. Subsequently, a comprehensive evaluation will be carried out on the basis of criteria such as technical performance, economic efficiency, environmental friendliness and future viability. After the evaluation, up to three variants will be selected to be built and tested as prototypes in a subsequent follow-up project. The exploration will be accompanied by a permanent dialog with a wide range of stakeholders, so that the requirements of the operators, manufacturers and suppliers etc. are taken in to account from the very beginning.

Endberichtkurzfassung

Lärmschutzwände (LSW) entlang der Bahnstrecken spielen eine wichtige Rolle, um Siedlungsräume vor hoher Lärmbelastung zu schützen. Lärmschutzwände bestehen derzeit aus sehr energie- und emissionsintensiven Materialien wie Beton, Glas, Aluminium, imprägniertem Holz, Kunststoffen oder Ziegelsteinen. Neben den hohen Kosten und dem hohen Energieaufwand bei der Herstellung ist ein Recyclingprozess bei Ersatz oder Rückbau nur selten möglich. Hier gilt es, preiswerte und zukunftsfähige Alternativen zu entwickeln.

Das Material stellt mit seinem geringen Primärenergiebedarf, der regionalen Verfügbarkeit und der vollständigen Recycling- bzw. Rückführbarkeit eine gewinnbringende Alternative dar. Aufgrund seiner Masse und seiner porösen Oberfläche bietet Lehm zudem einen optimalen Schallschutz. Die Einsatzmöglichkeiten des Materials Lehm im Bereich des Lärmschutzes wurde in diesem Projekt untersucht.

Das Forschungsprojekt LeWeLas zielt darauf ab, Aushublehm mit möglichst wenig Logistik- und Transporteinsatz in Verwendung zu bringen. Dabei sollte eine breite Lehmverwendung, unabhängig von der Zusammensetzung und Qualität des Aushublehms, gewährleistet sein. Zudem sollt es sich um ein massentaugliches System handeln, das automatisierte Verfahren für eine kosteneffiziente Umsetzung ermöglicht.

Um dieses Ziel zu erreichen wurden verschieden Lehmbautechniken (Stampflehm, Wellerlehm, Hybridbauweisen) analysiert. Nach einer statischen Berechnung ergeben sich für verschiedene Lehmarten der Belastung entsprechende Bauwerksbreiten, wobei angesichts der Platzierung im Streckenquerschnitt eine Situierung an der üblichen Stelle für Lärmschutzwände im direkten Anschluss an die Mastgasse aus wirtschaftlicher Sicht unter Berücksichtigung der rechtlichen und eisenbahntechnischen Vorgaben am sinnvollsten erscheint.

Lehm ist als alternativer Baustoffe für Lärmschutzwände aus technischer, bahnbetrieblicher und juristischer Sicht geeignet. Die Lärmschutzbauwerke werden aus statischen Gründen zwar wesentlich breiter und schwerer als bisherige Systeme, sind aber dennoch im Regelgleisquerschnitt unterzubringen. Basierend auf den Untersuchungen der oben angeführten Lehmbautechniken und Verfahren und deren Problematiken kristallisierte sich ein System heraus, das die gestellten Anforderungen erfüllt und für den Einsatz in Lärmschutzwänden besonders geeignet erscheint: Hyper-Adobe . Als Ergebnis der ausführlichen Analyse diverser Lehmbautechniken und Vergleichsbeispiele konzentrierte sich die Entwicklung der Prototypen daher auf dieses System. Erreichbare Bauwerksdimensionen von 3,7m Höhe bei 1,0m Breite sind für den Einsatzzweck gut geeignet.

Die Hyper-Adobe-Technik gleicht den konstruktiven Prinzipien der Superadobe-Technik, bei der geschlossene Säcke aus Polypropylen, Hanf oder Jute mit Lehm befüllt. Für Hyper-Adobe werden hingegen offene, grobmaschige Strukturen verwendet, in die der Lehmgefüllt wird. Durch die Maschenstruktur wird der Lehm sichtbar, durchdringt die Struktur und die gefüllten Maschenschläuche können sich in den Schicht-Fugen kraftschlüssig verbinden, ohne dass es einer zusätzlichen Stabilisierung bedarf. In der Regel wird mit Kunststoffnetzen gearbeitet, in welche der Aushublehm eingefüllt, mittels Stampfen verdichtet und in Form gebracht wird.

Prototypenentwicklung: Hyper-Adobe

Hyper-Adobe hat gegenüber anderen Lehmbautechniken folgende Vorteile:


Die Lehmqualität spielt nur eine untergeordnete Rolle, d.h. Aushubmaterial kann in einem Großteil der Fälle 1:1 ohne aufwändige Aufbereitung verarbeitet werden
Aufgrund der Stabilisierung durch Netze weist Hyper-Adobe eine lange Haltbarkeit auf und erfordert kaum Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten
Die Wand kann in voller Höhe ohne Trocknungszeiten aufgezogen werden
Gegenüber anderen Lehmbautechniken verändert sich Hyper-Adobe nicht, ist daher gut kalkulierbar und leichter in das Bauregulatorium zu integrieren
Die stabilisierende Wirkung der Netze erhöht die Resistenz gegen Erdbebenschäden


Für die Konstruktion von Lärmschutzwänden ist Hyper-Adobe aus folgenden Gründen besonders geeignet:


Anfallendes Aushubmaterial kann ohne Aufbereitung im erdfeuchten Zustand eingebracht werden
Die Netzschläuche können in einem fortlaufenden Verfahren befüllt, aufgebracht, verdichtet und in beliebigen Längen ausgeführt werden
Das Verfahren benötigt keine Feldfabriken, Hallen bzw. aufwändige Fertigungsstraßen
Durch die stabilisierenden Netze kann die Lärmschutzwand in voller Höhedurchkonstruiert werden, ohne lange Trocknungszeiten, die den Bauprozess verzögern
Der Sockelbereich sowie die Abdeckung können im selben Verfahren ausgeführt werden, wobei hier eine witterungsbeständige Befüllung zur Anwendung kommt
Die Struktur passt sich ohne Probleme der Topografie an, geschwungene Formen sind ebenso möglich wie gerade
Da das natürliche Material Lehm nach außen sichtbar ist, fügt sich die LSW in die natürliche Landschaft ein
Die Lehmoberfläche bietet Nistmöglichkeiten für diverse Insekten und trägt damit zum Erhalt der Biodiversität bei
Die Lärmschutzwand besteht zu über 90% aus Aushublehm und erfüllt damit sämtliche Kriterien eines gelungenen Kreislaufsystems.