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HAUSRAD

klimagerechte und zielgruppentaugliche Mobilitätsdienstleistungen im Wohnumfeld mit Transportrad

Programm / Ausschreibung Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft, MdZ - 18. Ausschreibung (2021) PM, System Bahn Status laufend
Projektstart 01.09.2022 Projektende 30.04.2025
Zeitraum 2022 - 2025 Projektlaufzeit 32 Monate
Keywords Transportrad; Zielgruppen; Neue Mobilitätsdienstleistungen

Projektbeschreibung

Transporträder sind klimaschonende Verkehrsmittel, die vielfältig eingesetzt werden können und das Potential haben PKW Transport-Fahrten zu ersetzen. Während sie in Großstädten schon zum Straßenbild gehören, sind sie in Kleinstädten und im ländlichen Raum noch wenig etabliert.
Das Projekt HAUSRAD zielt darauf ab Transportrad basierte neue Mobilitätsdienstleistungen (NMDL) - z.B. Produktservices mit neuen Organisations- und Nutzungsstrukturen, über Preismodelle und ergänzende Services - zu konzipieren, die auf die Anforderungen unterschiedlicher Zielgruppen in kleinstädtischen und ländlichen Räumen Rücksicht nehmen und einfach in den Alltag integrierbar sind. Dazu werden Bedürfnisse und Mindsets von (potentiellen) Nutzer:innen erhoben, erstmals auch durch eine österreichweite repräsentative Befragung. Darauf aufbauend werden NMDL ko-konzipiert und ausgewählte Konzepte in zwei Pilotorten, mit Fokus auf das Wohnumfeld (Amstetten und St. Andrä/Wördern) mit Testpersonen auf ihre Tauglichkeit und Effekte überprüft. Auf dieser Basis werden Umsetzungsmodelle für die österreichweite nachhaltige Ausrollung der entwickelten Transportrad basierten NMDL zusammen mit relevanten Stakeholder:innen erarbeitet. Der Innovationsgehalt liegt in der Erschließung neuer Zielgruppen und Räume für das Transportrad, der Fokussierung auf zielgruppenspezfische und Alltagstaugliche Konzipierung von Transportrad basierten NMDL und dem konsequent angewandten co-creation Ansatz.

Abstract

Transport bikes are climate-friendly means of transport that can be used in a variety of ways and have the potential to replace car transport journeys. While they are already part of the street scene in big cities, they are not yet well established in small towns and rural areas. The HAUSRAD project aims to design new mobility services (NMDL) based on transport bikes that take into account the needs of different target groups in small towns and rural areas and can be easily integrated into everyday life. For this purpose, the needs and mindsets of (potential) users will be collected, for the first time also through an Austria-wide representative survey, and concepts for NMDLs will be developed on this basis. Selected NMDL will be tested for their suitability and effects with test persons in two pilot locations with a focus on the residential environment (Amstetten and St. Andrä/Wördern). On this basis, implementation models for the sustainable roll-out of the developed transport bike-based MDL throughout Austria will be developed together with relevant stakeholders. The innovative content lies in the exploitation of new target groups and spaces for the transport bike, the focus on target group-specific and everyday-suitable conception of transport bike-based NMDL and the consistently applied co-creation approach.

Endberichtkurzfassung

KURZUSAMMENFASSUNG & EMPFEHLUNGEN
Klimagerechte und zielgruppentaugliche Mobilitätsdienstleistungen im Wohnumfeld mit Transportrad (Projekt HAUSRAD)
Ein Projekt finanziert im Rahmen der 18. Ausschreibung Mobilität der Zukunft, Personenmobilität, System Bahn

Im Rahmen des Projekts HAUSRAD wurden innovative, alltagstaugliche Mobilitätsangebote mit Transporträdern entwickelt, die die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen berücksichtigen. Ausgangspunkt war die Tatsache, dass rund 50?% der Pkw-Wege in Österreich kürzer als fünf Kilometer sind und somit problemlos mit (E-)Transporträdern zurückgelegt werden könnten – es mangelt jedoch bislang an entsprechender Verbreitung und Nutzungsbereitschaft.

Ziel des Projekts war es, flexible, zuverlässige, klimafreundliche und sozial inklusive Mobilitätslösungen im Wohnumfeld zu schaffen. Um dies zu erreichen, erfolgte eine Analyse rechtlicher und institutioneller Rahmenbedingungen, die Erhebung des Status quo neuer Mobilitätsangebote, eine österreichweite repräsentative Befragung zur Identifikation potenzieller Nutzer:innen und ihrer Bedürfnisse, qualitative Interviews mit Nutzer:innen und Nichtnutzer:innen sowie Workshops mit relevanten Stakeholdern zur Entwicklung konkreter Mobilitätsdienstleistungen. Exemplarische Mobilitätsdienstleistungen wurden in drei Pilotgemeinden (St. Andrä-Wördern, Leonding und Amstetten) über ein Jahr hinweg erprobt, evaluiert und die Erkenntnisse für Gemeinden aufbereitet.

Hoher Anteil an potenziellen Transportradnutzer:innen

Laut unserer österreichweiten repräsentativen Umfrage zeigen rund 33?% der Bevölkerung (etwa 2,5 Millionen Personen) Interesse daran, ein Transportrad auszuprobieren. Das Transportrad würde laut Befragung vorrangig für Einkaufs- und Freizeitwege sowie für den Kindertransport eingesetzt werden. Die Befragten schreiben dem Transportrad dabei vorwiegend positive Eigenschaften zu wie umweltfreundlich, kosteneffizient und gesundheitsfördernd. Auf Basis der Befragung wurden zudem Gruppen gebildet, die grundsätzlich an einer Transportradnutzung interessiert sind. Die Segmentierung erfolgte nach Mobilitätsverhalten, insbesondere der Radnutzung, sowie Einstellungen und Nutzungsabsichten in Bezug auf Transporträder. Potenzielle Nutzer:innen finden sich in allen Altersgruppen mit unterschiedlicher Bereitschaft zur Transportradnutzung - von ersten Überlegungen bis hin zu konkreten Nutzungsplänen.

Die potenziellen Nutzer:innen sind überwiegend 30 bis 69 Jahre alt, multimodal unterwegs, nutzen das Fahrrad bereits im Alltag, verfügen über eine höhere Bildung (Matura oder Hochschulabschluss) und wohnen meist im urbanen Raum. Auch bei jüngeren Personen – insbesondere multimodale Städter:innen im Alter von 16-29 Jahren - besteht ein Potenzial zur Transportradnutzung. Sie haben bislang noch wenig Bezug zum Transportrad, in neuen Lebenssituationen (z.B. Familiengründung) könnte das Transportrad jedoch relevant werden.

Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse unter den bisherigen Nicht-Nutzer:innen deutliche Nutzungshürden auf: 75?% der Befragten hatten sich vor der Studie noch nie mit dem Thema Transportrad auseinandergesetzt. Zudem kennen 65?% keine lokalen Transportrad-Angebote (z.?B. kommunale Sharing-Angebote). Für 47?% stellt eine unzureichende Radinfrastruktur eine zentrale Barriere für die Nutzung dar. Weitere 16% hatten überhaupt noch nie von Transporträdern gehört.

Transportradangebote zur Steigerung der Bekanntheit und Nutzung

Vielfältige, alltagsnahe und niederschwellige Angebote sind erforderlich, um potenzielle Nutzer:innen für das Transportrad zu gewinnen. Im Rahmen des Projekts wurden unterschiedliche Nutzungskonzepte entwickelt, die auf verschiedene Lebenslagen und Bedürfnisse zugeschnitten sind:



Sharing im Wohnbau: Transporträder werden wohnortnah – idealerweise näher als ein privater Pkw – zur gemeinschaftlichen Nutzung bereitgestellt


Transportrad-Abo: Ein persönliches Transportrad im „Sorglos“-Paket – inklusive Versicherung, Wartung und flexibler Kündigungsoption


Transportrad-Kurs: Praktische Schulungen mit Tipps und Tricks für sicheres Fahren und alltagstaugliche Nutzung von Transporträdern


Informationspaket „Mobil mit dem Transportrad“: Spezifische Informationen als Willkommens- oder Einstiegshilfe für interessierte Haushalte


Fahrtendienst mit dem Transportrad: Gemeinwohlorientierter Personentransport zur Unterstützung der Mobilität von Senior:innen oder mobilitätseingeschränkten Personen – ehrenamtlich oder als bezahlter Dienst


Lieferservice per Transportrad: Umweltfreundliche Zustellung von Einkäufen aus dem lokalen Handel oder der Gastronomie und soziale Lieferdienste für eingeschränkte Personen.



Drei Angebote – Sharing, Abo-Modell und Transportrad-Kurs – wurden in den Pilotgemeinden St. Andrä-Wördern, Leonding und Amstetten in der Praxis erprobt. Das Transportrad-Infopaket wurde prototypisch entwickelt. Die Konzepte Fahrtendienst und Lieferservice wurden im Rahmen von Workshops gemeinsam mit lokalen Akteur:innen theoretisch erörtert.

Transportrad-Sharing ein Schlüssel zu nachhaltiger Mobilität

„Ich würde sagen, dass ich für 50-60% der Wege, die ich mit dem Transportrad gemacht habe, das Auto genutzt hätte.“ (Sharing Nutzerin Sankt Andrä Wördern)

Sharing-Angebote leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung eines nachhaltigeren Mobilitätsverhaltens. In der Pilotgemeinde Leonding zeigte sich das Potenzial solcher Angebote deutlich: Drei von fünf Nutzer:innen griffen wiederholt auf das Transportrad-Sharing zu. Bemerkenswert dabei ist, dass die meisten Nutzer:innen nicht direkt in der benachbarten Wohnsiedlung lebten, sondern zwischen 500 Metern und 2 Kilometern vom Standort entfernt waren.

Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass ein attraktives Sharing-Angebot auch über die unmittelbare Nachbarschaft hinaus wirksam sein kann. Um den Nutzer:innenkreis zu erweitern und langfristige Akzeptanz zu sicher, ist jedoch eine kontinuierliche und gezielte Kommunikationsstrategie notwendig.

Aufgrund des erfolgreichen Pilotbetriebs hat sich die Gemeinde Leonding entschieden, das Sharing-Angebot fortzuführen und noch ein weiteres Transportrad an einem zweiten Standort in einer anderen Wohnsiedlung bereitgestellt.

Transportrad-Abo: Praxistest für die Alltagstauglichkeit

„Ein Abo ist so bequem, sich nicht selbst um die Versicherung kümmern, nur anrufen zu müssen, falls das Rad gewartet gehört. Es ist ein Rundum-Sorglos-Paket.“ (Abonnent in Amstetten)

Im Rahmen von HAUSRAD wurde erstmals in Österreich ein Transportrad-Abo erprobt, um dessen Alltagstauglichkeit zu testen. Eine Familie aus Amstetten erhielt für einen Zeitraum von fünf Monaten ein Transportrad im Rahmen eines umfassenden „Sorglos“-Pakets – inklusive Anlieferung, Versicherung sowie Übernahme von Reparaturkosten – zu einem fixen monatlichen Preis. Das Angebot wurde vom Forschungsprojekt finanziell unterstützt. Nach Ablauf des Testzeitraums entschied sich die Familie, ein eigenes Transportrad anzuschaffen – ein klarer Hinweis auf die Wirksamkeit des Abo-Modells als Einstieg in nachhaltige Mobilitätsformen.

Radfahrkurse als niederschwelliger Zugang zur Transportradnutzung

In der österreichweiten Befragung gab rund ein Viertel der Teilnehmenden an, sich auf einem Transportrad unsicher zu fühlen und 65% gaben an, dass sie keine Möglichkeiten kennen, um ein Transportrad zu testen. Um diesem Hemmnis zu begegnen, wurden im Rahmen von HAUSRAD verschiedene Formate kostenloser Transportradkurse erprobt.

Geplante Kurse mit Anmeldung, die in einer Wohnsiedlung in Leonding parallel zum Sharing-Angebot stattfanden, stießen auf geringe Resonanz. Deutlich erfolgreicher waren hingegen aufsuchende Kursformate – etwa bei Spielplätzen oder im Rahmen von Veranstaltungen. Diese niedrigschwelligen Angebote ermöglichten interessierten Personen einen unverbindlichen Erstkontakt mit dem Transportrad und reduzierten bestehende Unsicherheiten. Darüber hinaus erwiesen sich aufsuchende Radkurse als wirksames Mittel zur Bekanntmachung von Sharing-Angeboten und zur Förderung der allgemeinen Akzeptanz von Transporträdern im Alltag.

Transportrad-Infopaket: Sichtbarkeit schaffen durch gezielte Kommunikation

Ein zentrales Element zur Bekanntmachung von Transportrad-Angeboten ist zielgerichtete Kommunikationsarbeit. Insbesondere Neubürger:innen und Bewohner:innen in Wohnhausanlagen können durch ein Transportrad-Infopaket frühzeitig auf vorhandene Mobilitätsangebote aufmerksam gemacht werden.

Infomaterial

Die im Rahmen der Pilotbetriebe gewonnenen Erfahrungen wurden in Infoblättern für Gemeinden und Wohnbauträger aufbereitet und in einem kompakten Folder zusammengefasst, der an Gemeinden verteilt wurde. Diese Materialien stehen zum Download auf klimaentlaster.at bereit und liefern praxisrelevante Informationen zur Umsetzung und Betreuung solcher Angebote. Ziel ist es, die Akzeptanz und Nutzung von Transporträdern auf kommunaler Ebene zu fördern und die Implementierung in Wohnprojekten und generell die Nutzung durch die Bevölkerung zu erleichtern.

Empfehlungen

Das Transportrad wird von unterschiedlichen Altersgruppen genutzt und bietet eine praktikable, umweltfreundliche Alternative für den Alltag. Damit Transporträder von einer breiten Masse auch außerhalb von Städten genutzt werden, bedarf es einer Vielzahl an Maßnahmen: Umsetzen von Transportradangeboten, Verbesserungen in der Radinfrastruktur laut aktueller RVS-Richtlinien, kontinuierliche Kommunikationsmaßnahmen und Finanzierung. Wichtig dabei ist, verschiedene Maßnahmen nicht isoliert zu betrachten, sondern gezielt miteinander zu verknüpfen, um Synergieeffekte zu erzeugen und die Effektivität der Angebote zu steigern. Die oben angeführten Transportrad-Angebote benötigen jeweils unterschiedliche Rahmenbedingungen und Förderungen. Aus unserer Projekterfahrung lässt sich ableiten:

Sharing durch die Gemeinde: Transportrad-Sharing sollte, wie der öffentliche Verkehr, als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge betrachtet werden. Ein kostendeckender TR-Sharing-Betrieb ist ohne öffentliche Zuschüsse kaum möglich, rechnet sich aber durch Vorteile im Gesundheitsbereich, Klimaschutz und Verkehrsentlastung. Ein österreichweites Transportrad-Sharing-Angebot wäre daher sinnvoll. Tarife von 2-6€ pro Stunde für Transportrad-Sharing sind international üblich.

Sharing durch Wohnbauträger: Nicht nur Gemeinden auch Wohnbauträger können Transporträder für ihre Bewohner:innen bereitstellen. Sinnvoll ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen Gemeinden und Bauträgern, etwa im Rahmen von Mobilitätsverträgen oder städtebaulichen Vereinbarungen z.B. bei der Reduktion von PKW-Pflichtstellplätzen. Die Kosten können grundsätzlich auf Mieter:innen oder Wohnungseigentümer:innen umgelegt werden, wobei es v.a. im geförderten Wohnbau und im Bestand Heraus-forderungen gibt (vgl. SLIMobility, ReMobiWo). Um einkommensschwächeren Personengruppen Zugang zu Bikesharing zu ermöglichen, sollten die gesetzlichen Rahmenbedingungen im geförderten Wohnbau angepasst und gezielt Umsetzung und Betrieb gefördert werden. Ein Förderkriterium könnte etwa, die öffentliche Zugänglichkeit des Angebots sein. In diesem Fall sollte auch eine öffentliche Mitfinanzierung geprüft werden.

Transportrad als Abo: Gemeinde, Länder oder Bund könnten Privatpersonen Förderungen für TR-Abo-Kosten gewähren, z.B. als Starthilfe im ersten Abo-Jahr, um (finanzielle) Einstiegshürden zu senken.

Soziale Dienste - Fahrtendienste und Lieferservice – per Transportrad: Gemeinwohlorientierter Fahrtendienste oder Einkaufsservice zur Unterstützung der Mobilität von Senior:innen oder mobilitätseingeschränkten Personen mit dem Transportrad können durch ehrenamtliche oder angestellte Fahrer:innen erfolgen. Die Koordination und die Anschaffung der Räder brauchen aber Mittel aus öffentlicher Hand. Bei Betrieb mit angestellten Fahrer:innen sind die Kosten als kommunale Sozialausgaben ähnlich zu “Essen auf Rädern” Angeboten zu sehen. Finanzielle individuelle Unterstützung könnte analog an die Pflegegeldstufe oder eine Bedarfsfeststellung geknüpft werden.

Beratung für Gemeinden und Wohnbauträger: Um den zahlreichen interessierten Mitarbeiter:innen in der Verwaltung, der Lokalpolitik und bei Wohnbauträgern alle Detailinformationen zukommen lassen zu können und eine Ansprechstelle zu bieten, empfehlen wir die Aufnahme von dezidierter Transportrad-Beratung in die Beratungsleistungen von klimaaktiv mobil.

Projektwebsite

KlimaEntLaster

https://www.klimaentlaster.at

Kontaktdaten Konsortium

FACTUM- apptec ventures GmbH

Karin Ausserer

E-Mail: karin.ausserer@factum.at

TU Wien Institut für Raumplanung

Aurelia Kammerhofer

E-Mail: aurelia.kammerhofer@tuwien.ac.at

IGF – Die Radvokat:innen

Alec Hager

E-Mail: hager@radvokaten.at

Energy Climate GmbH

Claudia Leichtfried

E-Mail: claudia.leichtfried@energy-climate.at

quadratic GmbH

Martin Moser

E-Mail: martin.moser@quadratic.at