VLSA 2.0
Situationsgerechte Leistungsfähigkeit von Verkehrslichtsignalanlagen
Programm / Ausschreibung | Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft, MdZ - 2021 Verkehrsinfrastruktur | Status | abgeschlossen |
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Projektstart | 01.08.2022 | Projektende | 31.01.2024 |
Zeitraum | 2022 - 2024 | Projektlaufzeit | 18 Monate |
Keywords | VLSA, Automatisiertes Fahren, Verkehrssimulation, Vissim, Signalanlage, Verkehrslichtsignalanlage, Lichtsignalanlage, Verkehrstechnik, Verkehrsfluss, Fahrdynamik, Ablenkung |
Projektbeschreibung
Im Rahmen des Projekts wird ein neues Berechnungsverfahren für Leistungsfähigkeitsberechnungen von Verkehrslichtsignalanlagen (VLSA) entwickelt. Weiters wird ein Richtlinienentwurf für die RVS 05.04.32 unter Einbeziehung aktualisierter Parameter erarbeitet. Stakeholder Anforderungen (siehe LOI) werden berücksichtigt.
Die Richtlinien für Leistungsfähigkeitsberechnungen in Österreich wurden über Jahrzehnte nicht aktualisiert, einzelne Ansätze unterscheiden sich auch von den Richtlinien in Deutschland (z.B. Sättigungsmenge in Abhängigkeit der Grünzeit). Neue wissenschaftliche Ergebnisse sind nicht umfassend einbezogen. Bei mehreren Evaluierungen von KonsortialpartnerInnen bei realisierten VLSA wurde eine teilweise hohe Diskrepanz zwischen Berechnungen nach der Richtlinie und dem tatsächlichen Verkehrsablauf festgestellt.
Ein neuer Vorschlag für Berechnungsverfahren erfordert detaillierte Beurteilungen und Analysen. Ein wesentlicher Punkt des Forschungsvorhabens sind umfassende Erhebungen an VLSA bei 4 bis 8 Kreuzungen. Daraus werden die relevanten Parameter für die Leistungsfähigkeit ermittelt. Diese Untersuchungen erfolgen von ExpertInnen des Konsortiums hinsichtlich Verkehrstechnik, Verkehrsfluss, Fahrdynamik sowie Ablenkung. Damit wird garantiert, dass alle relevanten Kriterien einbezogen werden.
Die wissenschaftliche Beurteilung der Erhebungsdaten ergeben die maßgebenden Faktoren für die Leistungsfähigkeit. Mit mikroskopischen Verkehrssimulationen werden unterschiedliche Situationen beurteilt. Mit dieser Methode, die auf den detaillierten Bestandsuntersuchungen und den Ergebnissen der Literaturanalyse beruht, werden zuverlässige Ergebnisse für die Erstellung des Richtlinienentwurfs erreicht. Bei verschiedenen Evaluierungen haben sich Simulationen als geeignet für eine Beurteilung realer Verkehrssituationen gezeigt. Damit ist es auch möglich, nicht nur die derzeitigen Fahrzeugzusammensetzungen zu analysieren, sondern auch künftige Anforderungen wie z.B. Elektrofahrzeuge zu berücksichtigen.
Die Erstellung eines Berechnungsprogramms auf Basis der detaillierten Analysen, Erhebungen und Simulationen unter Einbeziehung der Verkehrstechnik, der Ablenkung und der Fahrdynamik stellt eine umfassende Lösung dar. Es wird daher mit hoher Wahrscheinlichkeit ein unter festgelegten Rahmenbedingungen zuverlässiger Berechnungsansatz erreicht. Die Innovationen durch das Projekt sind vielseitig, vor allem realistische Berechnungsparameter, exakte Aufnahmen von Zwischenzeiten und Räumzeiten sowie die Einbeziehung praxisgerechter fahrdynamischer Faktoren insbesondere für den Schwerverkehr und die Festlegung von Ablenkungsfaktoren. Mit Simulationen werden unterschiedliche Kreuzungsgeometrien, grüne Wellen, verkehrsabhängige Steuerungen und Staulängen mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen analysiert. Eine genaue Dokumentation ermöglicht laufende Aktualisierungen bei geänderten Anforderungen.
Abstract
Within the project a new calculation method for performance calculations of traffic light signal systems is developed. Furthermore, a guideline draft for the Austrian RVS 05.04.32 including updated parameters is created. Stakeholder requirements (refer to LOI) are included.
The guidelines for performance calculations in Austria have not been updated for decades, and individual approaches also differ from the guidelines in Germany. New scientific results are not comprehensively included. In several evaluations of realized traffic signal systems carried out by the project team members also discrepancies between calculations according to the guideline and the actual traffic flow have been identified.
A new proposal for calculation methods requires detailed assessment and analysis. An essential point of the research project are comprehensive surveys of traffic light systems. From this, the relevant parameters for performance are determined. These investigations are carried out by experts from the project team with regard to traffic engineering, traffic flow, driving dynamics and distraction. This guarantees that all relevant criteria are included.
The scientific assessment of the survey data results in the decisive factors for the performance. Different situations are assessed with microscopic traffic simulations. With this method, which is based on the surveys of traffic light signal systems and findings of the desktop review, reliable results for the creation of guidelines are achieved. Various evaluations have shown that traffic simulations are suitable for assessing real traffic situations. This also makes it possible not only to analyze the current vehicle compositions, but also to take into account future requirements such as electric vehicles.
The creation of a calculation program based on the detailed analyses, surveys and simulations, including traffic engineering, distraction and driving dynamics, represents a comprehensive solution. It is therefore very likely that a reliable calculation approach will be achieved under defined boundary conditions. The innovations resulting from the project are diverse, above all realistic calculation parameters, exact recordings of interim times and clearing times of signal phases, the inclusion of practical driving dynamics factors in particular for heavy vehicle traffic and the definition of distraction factors. Different intersection geometries, green waves, traffic-dependent controls and queue lengths with different boundary conditions are analyzed with simulations. Precise documentation enables ongoing updates when requirements change.
Endberichtkurzfassung
Zur Planung von Verkehrslichtsignalanlagen in Österreich wird die Richtlinie RVS 05.04.32 „Planen von Verkehrslichtsignalanlagen“ maßgebend als Grundlage herangezogen. Die aktuell gültige Fassung wurde im Oktober 1998 veröffentlicht. In der Zwischenzeit hat es wissenschaftliche und technische Neuerungen gegeben sowie eine Vielzahl neuer Einwirkungen auf LenkerInnen (Ablenkung) und Änderungen im Fahrzeugkollektiv. Aus diesem Grund erfolgte im Rahmen des Forschungsprojekts VLSA 2.0 eine Überprüfung der Parameter und des methodischen Ansatzes sowie der dahinterliegenden Annahmen.
Im Projekt erfolgte eine entsprechende Überprüfung anhand von detaillierten Analysen auf Basis von Literaturrecherchen, Erhebungen sowie mikroskopischen Simulationen. Verkehrstechnische Erhebungen wurden an acht Kreuzungen in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und im Burgenland durchgeführt. Daraus erfolgte die Ableitung der verkehrstechnischen Parameter für unterschiedliche Fahrzeugkategorien. Auf Einzelfahrzeugebene wurden beispielsweise Fahrtrichtung, Abbiegevorgang, Zeitlücke, Geschwindigkeit, VLSA-Phase beim Überfahren der Haltelinie, etc. bestimmt. Für komplexe Situationen wie z.B. Abbiegemanöver und Interaktionen mit parallel geführtem Fußgänger- und/oder Radverkehr wurden auf Basis der identifizierten Parameter umfassende mikroskopische Simulationen und Bewertungen durchgeführt. Weiters erfolgte eine Auswertung des Ablenkungsverhaltens an fünf Kreuzungen in Wien und Niederösterreich. Hierbei wurden neben den unterschiedlichen Arten der Ablenkung auch mögliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit geprüft. Zusätzlich erfolgte eine Analyse des Fahrzeugkollektivs auf Österreichs Straßen, um Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit aus diesem Blickwinkel beurteilen zu können.
Auf Basis der Auswertungen und Analysen wurden entsprechende Empfehlungen zusammengestellt. Diese umfassen einerseits allgemeine Erkenntnisse und andererseits konkrete Vorschläge für die Überarbeitung der RVS 05.04.32. Der Großteil der angesetzten Parameter und methodischen Ansätze besitzt weiterhin Gültigkeit. Die Sättigungsverkehrsstärke mit 1.800 Pkw/h wurde bestätigt.
Zur Umrechnung des Schwerverkehrs in Pkw-E erfolgte eine Empfehlung zur Reduktion der Umrechnungsfaktoren auf Basis der ermittelten Zeitlücken. Bei der Abminderung von abbiegenden Fahrzeugströmen durch den parallel geführten Fußgänger- und Radverkehr wurden für Standardsituationen Anwendungshilfen der Abminderungsfaktoren zusammengestellt. Weiters wurden Vorschläge für Abminderungsfaktoren für repräsentative Kurvenradien ausgewiesen.
Die Erkenntnisse zeigen ferner, dass Längsneigungen bis ±4 % sowie Auswirkungen reduzierter Fahrstreifenbreiten bis 3,0 m bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht mehr explizit berücksichtigt werden sollten.
Die Ergebnisse der Ablenkungsuntersuchung kommen zu dem Schluss, dass kein gesonderter Faktor für die Ablenkung zu etablieren ist. Es zeigten sich deutliche Schwankungen bei allen erfassten Kreuzungen und nur geringfügige Änderungen bei den Zeitlücken.
Aus Sicht der Fahrzeugtechnik kommt es aufgrund der Antriebstechnik (Diesel, Benzin, Eklektisch), Getriebe (Automatik- und Schaltgetriebe) und der technischen Ausstattung (Haltefunktion der Fußbremse, Start-Stopp Einrichtung, Turboaufladung) zu einer stärken Spreizung der technischen Ansprechzeiten, die allerdings in den Zeitlücken repräsentiert werden.