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HyTRA

Hydrogen Tunnel Risk Assessment

Programm / Ausschreibung Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft, MdZ - VIF 2020 Status abgeschlossen
Projektstart 01.06.2021 Projektende 30.11.2023
Zeitraum 2021 - 2023 Projektlaufzeit 30 Monate
Keywords Wasserstoff, Tunnel, Risikoanalyse

Projektbeschreibung

Aus Klimaschutzgründen kommt es zu einer sukzessiven Umstellung von Antriebssystemen im motorisierten Verkehr. Der Trend geht eindeutig weg von fossilen Antrieben mit Benzin oder Diesel als Energieträger hin zu emissionsfreien Antriebskonzepten mit Batterien oder auch Wasserstoff (bzw. Wasserstoffträger) als Energiespeicher.

Eine Änderung im Bereich der Technologie bringt zwangsläufig neue Herausforderungen im Bereich der Sicherheit, welche das Fahrzeug selbst wie auch die genutzte Infrastruktur, wie z.B. Tunnel oder Parkgaragen, betreffen. Das Projekt HyTRA befasst sich mit den sicherheitsrelevanten Auswirkungen von Wasserstofffahrzeugen in Tunnelanlagen bereits zu einem Zeitpunkt an dem der Marktanteil derartiger Fahrzeuge -Brennstoffzellenantrieb - Fuel Cell Electric Vehicle–(FCEV)- aber auch direkte H2 - Verbrennung - noch gering ist. Somit ist das frühzeitige Erkennen einer geänderten Risikolage für Tunnelnutzer, Tunnelinfrastruktur sowie deren Betrieb garantiert und ein ausreichend großer Handlungszeitraum für etwaige Adaptierungen vorhanden.

Im Projektverlauf werden realistische Unfallszenarien und deren Risiken unter dem Aspekt der Beteiligung von FCEVs neu betrachtet und bewertet. Neben der Erarbeitung der dafür erforderlichen Grundlagen erfolgen die Untersuchungen primär auf Basis von numerischen Simulationen. Diese liefern die notwendigen Eingangsdaten für eine anschließende systematischen und detaillierte Konsequenzenanalyse mit einem quantitativen Tunnelrisikomodell. Das übergeordnete Ziel des Projekts ist die Erarbeitung von validen Bewertungsgrundlagen sowie Handlungsempfehlungen, welche in weiterer Folge auch in nationale und internationale Gesetze und Richtlinien einfließen können.

Abstract

Climate protection targets require a conversion of existing propulsion system and used fuels from fossil sources to sustainable ones. The market share of battery-electric vehicles increases rapidly and FCEVs (Fuel Cell Electric Vehicle) using hydrogen as energy carrier will as well be part of a future fleet mixture.
Every new technology comes along with new challenges in safety aspects. These challenges relate to the safety of the vehicles but also to the safety of road infrastructure such as tunnels and subsurface garages. The HyTRA project deals with the safety-relevant aspects of FCEVs involved in a tunnel-incident. The motivation is to identify potential risks at an early stage where the market share is still on a low level. This guarantees sufficient time for tunnel operators to adjust their infrastructure to future needs.
The project deals with the effects of the new energy carriers and propulsion technology (FCEV) on vehicle safety, on resulting specific accident risks and on risk management. The vulnerable points in the power train of a FCEV will be listed and the consequences of an accidental release of hydrogen are examined on the basis of numerical simulations. The results gained from these investigations will provide the relevant input for a subsequent systematic and detailed consequence-analysis, based on a quantitative risk model. The overall aim of the project is to provide recommendations for tunnel users and tunnel operators, which finally will have an influence on national and international legislation and guidelines.

Endberichtkurzfassung

Der Mobilitätssektor befindet sich aktuell in einem Umbruch. Alternative Antriebskonzepte und Energieträger drängen zunehmend auf den Markt. Dazu zählen unter anderem Wasserstoff-angetriebene Fahrzeuge. Diese stellen nicht nur eine alternative Technologie für den Antrieb von Fahrzeugen dar sondern bringen mitunter neue Herausforderungen bei der Bewältigung von Unfallereignissen mit sich. In diesem Kontext stellen Tunnelanlagen eine Infrastruktur mit besonderer Relevanz dar. Dies begründet sich durch die räumlichen Einschränkungen, die zu einer reduzierten Verdünnung von freigesetzten Schadstoffen, einer potentiell stärkeren Exposition gegenüber freigesetzter Wärme im Brandfall sowie eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten führen. Das Forschungsprojekt HyTRA - Hydrogen Tunnel Risk Assessment setzt sich mit den Risiken und Gefahren, die bei Unfallereignissen von Wasserstofffahrzeugen in Tunnelanlagen auftreten, im Detail auseinander. Hierzu wurden basierend auf einer detaillierten Literaturrecherche, mögliche Ereignisszenarien abgeleitet und hinsichtlich deren Gefahrenpotential bewertet. Fünf Ereignisszenarien konnten hierbei als relevant identifiziert werden:

1.) Kollision eines H2 Fahrzeuges mit unmittelbarem Bersten des Tanks und Entzündung des H2.

2.) H2 Freisetzung über eine Tank-Leckage (Kollision, Komponentenfehler) mit verzögerter Entzündung.

3.) Karosseriebrand eines H2 Fahrzeuges mit anschließender H2 Freisetzung über TPRD und verzögerter Entzündung.

4.) Karosseriebrand eines H2 Fahrzeuges mit anschließender H2 Freisetzung über TPRD und sofortiger Entzündung.

5.) Karosseriebrand eins H2 Fahrzeuges mit Fehlfunktion des TPRD und Bersten des Tanks.

Die bei diesen Ereignisszenarien auftretenden Gefahren beinhalten Wasserstoff-Freistrahlflammen, Gaswolkenexplosionen sowie den Bruch eines Wasserstoff-Tanks. Dabei ist hervorzuheben, dass die aktuell favorisierte Speichertechnologie für Wasserstoff, die gasförmige Speicherung unter hohen Drücken (350 bar für LKWs und Busse sowie 700 bar für PKWs) vorsieht. Daraus ergeben sich strikte Anforderungen bezogen auf die Sicherheit der Tanks, welche sowohl auf die mechanische als auch die thermische Widerstandsfähigkeit abzielen. Unter anderem sind für Druckspeicher, sogenannte TPRDs (Thermal Pressure Relief Devices) vorgeschrieben, über welche der Wasserstoff kontrolliert aus den Tanks abströmen kann, um unzulässig hohe Tankdrücke infolge von Temperatureinwirkung zu vermeiden. Die dabei entstehende Wasserstoff-Freistrahlflamme birgt jedoch das Risiko der Exposition gegenüber heißer Rauchgase (Verbrennungstemperatur Wasserstoff - ca. 2100°C). Wird Wasserstoff ungezündet freigesetzt, kommt es auf Grund der geringen Dichte zur Akkumulation an der Tunneldecke. Die geringe Aktivierungsenergie gepaart mit den weiten Zündgrenzen (4 - 76 Vol%), resultieren in der Gefahr der Explosion einer Wasserstoffwolke mit einer resultierenden, massiven Druckwelle (mechanische Einwirkung). Eine hohe mechanische und oder thermische Einwirkung auf einen Wasserstofftank führen mit unter zum Bersten des Tanks. Dieses Szenario führt zur Ausbildung eines Feuerballs sowie einer verheerenden Druckwelle durch den unmittelbaren Abbau der mechanischen (Speicherdruck) und chemischen Energie.

Die Schadensauswirkungen dieser Ereignisszenarien wurden anhand von publizierten Studien sowie analytischen und numerischen Simulationen ermittelt. Dabei standen sowohl die Auswirkungen auf Personen als auch die Infrastruktur selbst im Fokus. So wurde unter anderem der Einfluss der österreichischen Lüftungsstrategie gemäß RVS auf die Bildung von Wasserstoffwolken untersucht. Hierbei zeigte sich, dass mit zunehmender Lüftungsgeschwindigkeit, die Bereiche mit zündfähigen Wasserstoff-Luft Gemischen kleiner werden. Ab einer Lüftungsgeschwindigkeit von 2 m/s kann bei Freisetzung aus einem PKW Tank, die Bildung einer zündfähigen Wolke weitestgehend verhindert werden. Die für die obgenannten Ereignisszenarien abgeleiteten Gefahrenbereiche erstrecken sich über bis zu 300 m (Bereich mit potenziellen Todesfolgen) respektive die gesamte Tunnellänge (Bereich mit leichten und schweren Verletzungen).

Basierend auf den Schadenswirkungen, wurde im Zuge einer vertieften Konsequenzenanalyse, das Gesamtrisiko für jedes der fünf Ereignisszenarien untersucht. Hierbei wurde die Bedeutung des zeitlichen Ablaufs der Szenarien (z.B. Aktivierung des TPRDs) ersichtlich. Daraus ergibt sich eine starke Streubreite hinsichtlich des Schadensausmaßes der einzelnen Ereignisszenarien. Bei Ereignissen mit PKWs stellen die unmittelbare Tankexplosion zufolge einer mechanischen Einwirkung sowie der Wasserstoff-Freistrahlbrand (bei maximaler Flammenlänge) jene Szenarien mit dem höchsten Schadensausmaß dar. Bei Szenarien mit LKW tritt das höchste Schadensausmaß bei einer Wasserstoffwolken-Explosion auf. Dieselben Szenarien mit hohem Schadensausmaß konnten ebenfalls bei Ereignissen mit Bussen identifiziert werden. Bei diesen ist im Vergleich der Fahrzeugkategorien, auf Grund der großen Anzahl an Passagieren, mit dem höchsten Schadensausmaß zu rechnen.

Abschließend wurden aus den erzielten Ergebnissen mögliche Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Die höchste Effektivität bei gleichzeitig einfacher Umsetzung bieten Maßnahmen, die allgemein zur Verkehrssicherheit beitragen. Die wichtigsten Handlungsempfehlungen wurden wie folgt formuliert:

1.) Kennzeichnung der Fahrzeuge hinsichtlich deren Antriebstechnologie und Energiespeicher.

2.) Rascher Abbau des Austrittsimpulses bei Freisetzung über TPRD / Optimierung der Orientierung des TPRDs.

3.) Tempolimits inklusive Kontrolle (Section Control).

4.) Rasche Einleitung der Evakuierung / Früherkennung von (Primär-)Ereignissen.