Zum Inhalt

DynSchoStab

Dynamisches Schotteroberbauverhalten und Schotterbettdestabilisierung zufolge vertikaler Brückenschwingungen

Programm / Ausschreibung Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft, MdZ - VIF 2019 Status abgeschlossen
Projektstart 01.08.2020 Projektende 30.04.2023
Zeitraum 2020 - 2023 Projektlaufzeit 33 Monate
Keywords Brückendynamik, Schotteroberbauverhalten, Schotterbettdestabilisierung

Projektbeschreibung

Ausgangssituation, Problematik bzw. Motivation: Dynamische Berechnungen von Eisenbahnbrücken unter Hochgeschwindigkeitsverkehr benötigen für eine realitätsnahe Prognose des Schwingungsverhaltens des Tragwerkes zuverlässige Parameter für das zugrunde gelegte Berechnungsmodell. Das berechnete Tragwerksverhalten weicht jedoch sehr häufig vom real auftretenden, gemessenen Tragwerksverhalten ab (Diskrepanz Messung – Rechnung). Für Brücken mit Schotteroberbau sind in nationalen Regelwerken Grenzbeschleunigungen definiert, welche auf versuchstechnischen Messungen des Setzungsverhaltens des Schotteroberbaues basieren. Eine gezielte Erforschung und Berücksichtigung der genauen Mechanismen, welche letztendlich zu einer Schotterbettdestabilisierung führen, ist bisher keine ausreichende Grundlage der normativen Grenzwerte. Des Weiteren beinhalten normative Vorgaben hinsichtlich der Berücksichtigung der dynamischen Schotteroberbaueigenschaften (Steifigkeit und Dämpfung) in dynamischen Berechnungen nur sehr allgemeine Formulierungen mit lediglich vereinzelter, beispielhafter Angabe konkreter Modelle und Kennwerte. In der Ingenieurpraxis existiert somit kein vereinheitlichtes und allgemein anwendbares Modell für brückendynamische Berechnungen, welches den Einfluss des Schotteroberbaues in seiner Gesamtheit adäquat und realitätsnah berücksichtigt. Dynamische Berechnungen liefern daher teilweise sehr konservative und somit unwirtschaftliche Ergebnisse.

Ziele und Innovationsgehalt: Bisherige Forschungen am Institut (u.a. im Zuge der beiden Forschungsprojekte FFG-Projektnr. 840545 und 850537) haben gezeigt, dass im Schotteroberbau mehrere Energiedissipationsmechanismen wirken, die hinsichtlich der mechanischen Modellbildung für brückendynamische Berechnungen mit Feder-Dämpfer-Elementen beschrieben werden können. Diese Energiedissipationsmechanismen wurden versuchstechnisch anhand einer Großversuchsanlage im Maßstab 1:1 gezielt identifiziert und wirken sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung, wobei die vertikalen Mechanismen überdominant wirken. Die bisherigen Forschungen erfassen diese Mechanismen jedoch durch eine integrale Erfassung der Schotteroberbaueigenschaften stets in Kombination miteinander und auch innerhalb eines vergleichsweisen kleinen Frequenzbereichs zwischen vier und neun Hertz auf Basis einer Versuchsanlage mit linear veränderlichen tragwerksinduzierten vertikalen Bewegungen des Oberbaues. Das Ziel ist daher die versuchstechnisch isolierte Erfassung eines repräsentativen Brückenabschnittes anhand einer neuen Versuchsanlage (die nahezu einheitliche tragwerksinduzierte vertikale Bewegungen des Oberbaues ermöglicht) mit einem wesentlich höheren Frequenzbereich (1-30 Hz) zur gezielten Erforschung der vertikalen Energiedissipations- und Schotterbettdestabilisierungsmechanismen. Dadurch werden konkrete Steifigkeits- und Dämpfungskennwerte für mechanische Modelle, welche konsistent zu den Energiedissipationsmechanismen sind, ermittelt. Diese Modelle werden verwendet, um die Wirkung des Schotteroberbaues in dynamischen Berechnungen realitätsnah zu berücksichtigen, um letztendlich ein Schließen der noch immer vorherrschenden Diskrepanz zwischen Messung und Rechnung zu bewirken. Darüber hinaus ermöglicht eine neuartige Versuchsanlage ebenfalls die quantitative Erfassung von Schotterbettdestabilisierungsvorgängen zufolge vertikaler tragwerksinduzierter Bewegungen, wodurch die derzeitigen normativen Grenzwerte verifiziert und gegebenenfalls angepasst werden können.

Angestrebte Ergebnisse bzw. Erkenntnisse: Das wesentliche Ergebnis des gegenständlichen Forschungsprojektes sind zu mechanischen Modellen des Schotteroberbaues (bestehend aus Feder- und Dämpfer-Elementen) zugehörige, zuverlässige dynamische Steifigkeits- und Dämpfungskennwerte. Diese mechanischen Modelle erfassen das dynamische Schotteroberbauverhalten in seiner Gesamtheit, wodurch dem Brückeningenieur realitätsnahe Berechnungsmodelle für dynamische Berechnungen von Eisenbahnbrücken zur Verfügung stehen (Prognose des Schwingungsverhaltens). Des Weiteren werden versuchsgestützt Grenzzustände quantifiziert, ab denen eine signifikante Veränderung des Schotteroberbauverhaltens und somit eine Schotterbettdestabilisierung (signifikanter Steifigkeitsverlust in vertikaler Richtung oder in Querrichtung) eintritt (Prognose von Grenzzuständen).

Abstract

Starting point, set of problems and motivation: Dynamic calculations of railway bridges under high-speed traffic require a realistic model of the track-structure system to predict the actual vibrations of the structure. A bridge’s calculated vibrations differ from the actual behaviour of its bearing structure. National and international norms give limits for the maximal acceleration based on a ballasted track’s measured settlement behaviour. Actual mechanisms that lead to a loss of stability are not a sufficient basis for the given limits. Due to lack of appropriate mechanical models and related dynamic characteristic values of the ballasted track there is no generally applicable track-structure model for dynamic calculations. Therefore, dynamic calculations often lead to conservative and uneconomical results.

Aims and innovation: Previous investigations at the institute based on analyses of the dynamic behaviour of ballasted track on a large-scale test facility showed that different energy dissipation mechanisms occur in the ballasted track. These mechanisms act both vertically and horizontally and are subjected to various dependencies. Generally speaking, vertically orientated mechanisms predominate. The energy dissipation mechanisms can be described by several spring-damper-elements. The current test facility is limited in the frequency range and determines the ballasted track integrally (linearly variable displacements induced by vertical movements of the structure). The major aim of this project is to develop a new type of test facility with a significant higher frequency range that allows for isolated research of vertical energy dissipation mechanisms (ballasted track with nearly consistent vertical movements induced by the structure). Based on this new test setup dynamic characteristic values related to mechanical models (that represent the energy dissipation mechanism) can be determined. Furthermore, a quantification of mechanisms that lead to loss of stability of the ballast (induced by movements of the structure) is part of the research. Following this approach, the national and international acceleration limits can be verified and adjusted if necessary.

Envisaged results and findings: The result of this research project is a set of mechanical models with related characteristic values (stiffness and damping) consistent with the identified energy dissipation mechanisms. These mechanical models reflect reality more closely than so far, leading to accurate dynamic calculations and predictable maintenance. Furthermore, specific values predict the level of an appearing loss of stability.

Endberichtkurzfassung

Dynamische Berechnungen von Eisenbahnbrücken mit Schotteroberbau unter Hochgeschwindigkeitsverkehr benötigen für eine realitätsnahe Schwingungsprognose des Tragwerkes zuverlässige Parameter für das zugrunde gelegte Berechnungsmodell. Insbesondere die rechnerisch angesetzten dynamischen Steifigkeits- und Dämpfungseigenschaften des Schotteroberbaues haben bei dynamischen Beurteilungen von bestehenden und neu zu errichtenden Eisenbahnbrücken einen signifikanten Einfluss auf die generierten Rechenergebnisse. Nach dem derzeitigen Stand der Forschung steht jedoch keine mechanisch begründete und versuchstechnisch gestützte Einheit aus Rechenmodell und darauf abgestimmten Kennwerten zur Verfügung.

Im Rahmen des gegenständlichen Projekts DynSchoStab ( „Dynamisches Schotteroberbauverhalten und Schotterbettdestabilisierung zufolge vertikaler Brückenschwingungen“ ) werden anhand von großmaßstäblichen Versuchen anhand einer speziellen neu errichteten Versuchsanlage, welche einen Abschnitt einer Eisenbahnbrücke mit Schotteroberbau im Maßstab 1:1 versuchstechnisch nachbildet, die Energiedissipationsmechanismen, welche im Schotteroberbau unter vertikaler dynamischer Anregung auftreten, erforscht. Des Weiteren werden versuchstechnisch Grenzzustände ermittelt, ab denen eine signifikante Änderung des Schotteroberbauverhaltens und damit verbundene Destabilisierungsvorgänge eintreten.

Die wichtigsten Projektergebnisse können folgend zusammengefasst werden:


Eine umfangreiche Literaturrecherche zeigt, dass die dynamischen Steifigkeits- und Dämpfungskennwerte des Schotteroberbaues, welche verschiedenen mechanischen Modellen mit variierendem Detaillierungsgrad zugeordnet sind, je nach verwendeter Quelle einer enormen Streuung unterliegen. Die daraus resultierende Unsicherheit der verwendeten Eingangsparameter in Rechenmodellen verdeutlicht die Notwendigkeit einer versuchsgestützten Bestimmung zuverlässiger Kennwerte.
Die real auftretenden Massenbewegungen im Schotteroberbau zufolge tragwerksinduzierter Vertikalbewegungen wurden anhand von Voruntersuchungen an einem repräsentativem Abschnitt Schotteroberbau im Maßstab 1:1 mit einem optischen Messsystem sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Weise erfasst. Dies liefert wichtige Rückschlüsse auf die Oberbaukinematik unter dynamischer Anregung.
Zur gezielten und isolierten Erforschung vertikaler Energiedissipationsmechanismen und dem Auftreten von Destabilisierungsvorgängen wurde eine spezielle großmaßstäbliche Versuchsanlage entwickelt, geplant und realisiert. Die Versuchsanlage bildet einen Abschnitt Schotteroberbau einer Brücke mit einheitlicher Erfassung der Kinematik im Maßstab 1:1 nach.
Anhand der großmaßstäblichen Versuchsanlage wurden insgesamt 1255 dynamische Versuche durchgeführt, wobei der dabei untersuchte stationäre Schwingungszustand des Schotteroberbaues durch Anregungsfrequenz, Verschiebungs- und Beschleunigungsamplitude sowie Belastung (in vertikaler und lateraler Richtung) charakterisiert ist.
Die durchgeführten Versuche umfassen einen Frequenzbereich zwischen 2 und 25 Hz und Beschleunigungen bis zu 10 m/s² und bilden damit das Parameterfeld realer Eisenbahnbrücken ab. Damit konnte eine umfangreiche Datenlage für dynamische Analysen der vertikalen und lateralen Gleis-Tragwerk Interaktion geschaffen werden.
Die dynamischen Eigenschaften der vertikalen Gleis-Tragwerk Interaktion unterliegen sowohl Frequenz-, als auch Beschleunigungsabhängigkeiten hinsichtlich Steifigkeit und Energiedissipation.
Der Belastungszustand (unbelastetes Gleis oder konstant belastetes Gleis) hat einen essenziellen Einfluss auf die dynamische Gleis-Tragwerk Interaktion, sowohl in vertikaler als auch in lateraler Richtung.
Hinsichtlich des Querverschiebewiderstandes (Widerstand des Gleises in lateraler Richtung) hat im Falle des belasteten Gleises die vertikale Beschleunigung keinen Einfluss auf den Verschiebewiderstand. Für den unbelasteten Zustand hingegen zeigt sich neben einem signifikant geringeren Querverschiebewiderstand auch eine Beschleunigungsabhängigkeit (je höher das vertikale Beschleunigungsniveau, desto geringer der Verschiebewiderstand in Querrichtung).
Die Versuche zeigen, dass eine merkbare Änderung des dynamischen Schotteroberbauverhaltens (z. B. Setzungserscheinungen, übermäßige Gleisbeschleunigungen) erst bei vertikalen Beschleunigungsniveaus eintreten, welche über dem derzeit gültigen nationalen Grenzwert von 6 m/s² liegen.