EISBALL
Standortsspezifische Simulation von Eisfall und Eiswurf von Windenergieanlagen mittels ballistischer Modelle
Programm / Ausschreibung | Energieforschung (e!MISSION), Energieforschung, Energieforschung 4. Ausschreibung 2017 | Status | abgeschlossen |
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Projektstart | 01.05.2018 | Projektende | 31.03.2021 |
Zeitraum | 2018 - 2021 | Projektlaufzeit | 35 Monate |
Keywords | Eisfall, Eiswurf, Simulation, Modellierung |
Projektbeschreibung
Windenergie soll im zukünftigen Energiemix Österreich eine wichtige Rolle spielen. Hierbei wird der Ausbau der Windenergie unter anderem dadurch beschränkt, dass zahlreiche Gunst-flächen bereits genutzt wurden. Auch der bereits stattfindende Austausch älterer Anlagen durch leistungsstärkere (Repowering) an Gunststandorten ist hinsichtlich der politischen Ziel-setzung nicht ausreichend. Daher müssen neue Flächen erschlossen werden, wodurch tech-nisch anspruchsvollere Standorte wie zum Beispiel Wald und (vor-)alpine Gegenden interes-sant werden.
Mit zunehmender Komplexität des Geländes bzw. größerer Vereisungshäufigkeit steigt auch die Bedeutung von Risikoanalysen zum Eisfall bzw. –wurf. Dafür werden üblicherweise ballis-tische Modelle eingesetzt, die zur Berechnung der Fallweiten dienen. Die derzeit eingesetzten Modelle weisen jedoch wesentliche Schwachstellen auf. So zeigt der Vergleich zwischen Ex-perimenten und Modellrechnungen, dass keines der bisherigen Modelle die Fallweiten befrie-digend reproduzieren kann. Weiters sind für die bestehenden Modelle keine Zuverlässigkeits-grenzen bekannt, wodurch aus Sicherheitsgründen wesentlich höhere Abstände von Wind-kraftanlagen zu Infrastrukturen gewählt werden müssen. Schließlich wurden die verwendeten Simulationsprogramme zumeist für ebenes oder gleichmäßig geneigtes Terrain ausgelegt, komplexere Strukturen werden schlecht oder gar nicht erfasst.
Das vorliegende Projekt nimmt sich dieser Probleme durch die Entwicklung eines neuartigen Modells und dazugehöriger Simulationswerkzeuge an. Als Datenbasis dienen hierbei Be-obachtungen und 1:1-Experimente. Letztere haben den entscheidenden Vorteil, wetterunab-hängig große Stichprobenzahlen zu ermöglichen, wodurch statistisch signifikante Aussagen möglich werden. Bei den Experimenten werden Probekörper von WEA fallen gelassen oder abgeworfen. Die verwendeten Probekörper basieren auf 3D-Scans von realen Eisfragmen-ten, welche in Vorprojekten gefunden und digitalisiert wurden. Mit Hilfe eines 3D-Druckverfahrens können diese in passender Dichte und ausreichender Anzahl reproduziert werden. Diese Herangehensweise stellt ein Alleinstellungsmerkmal dar, da diese Methode von keinem anderen Akteur in diesem Forschungsfeld eingesetzt werden kann bzw. wird. Die prinzipielle Machbarkeit dieser Studien wurde vom Projektwerber in Vorprojekten gezeigt und geeignete Vorrichtungen entwickelt.
Das Modell selbst basiert auf einem Modell mit sechs Freiheitsgraden (6 Degrees of Freedom Model), für die vollständige Abbildung aller Möglichkeiten von Translation und Rotation. Ge-genüber anderen Modellen werden hier neben dem Strömungswiderstand auch zusätzliche Kräfte durch Autorotation berücksichtigt. Die dafür notwendigen Parameter werden durch numerische Strömungsmechanik (Computational Fluid Dynamics) ermittelt. Das Modell wird in eine Simulationsumgebung eingebettet, die sowohl Brüche der Eisfragmente während des Fallens berücksichtigt, als auch komplexes Terrain.
Das entwickelte Tool ermöglicht nicht nur verbesserte Sicherheitsanalysen, sondern auch Ableitungen für technologische Anpassungen und Optimierung von WEA an bestimmte Standortbedingungen. Besonders hervorzuheben ist, dass die verbesserten Sicherheitsanaly-sen und validierten Werte für Eisfall und Eiswurf die Erschließung neuer Standorte ermögli-chen, welche aktuell aufgrund übermäßig konservativer Sicherheitsabstände nicht oder nur eingeschränkt bebaut werden können.
Abstract
Wind energy will play a crucial role in the future Austrian energy mix. Currently, the increase in wind energy production is severely limited by the fact that most favorable areas have al-ready been put to use. Even the existing exchange of older plants with new, more efficient ones (repowering) at favorable sites is not sufficient with regard to the political objective. Thus, there is a heightened interest in technically more demanding sites, such as woodland and alpine areas.
The importance of risk assessments for ice shed or ice throw also increases with higher ter-rain complexity and/or icing frequency. These assessments usually rely on ballistic models to calculate shed or throw distances. However, the models currently used have significant weaknesses. The comparison between experiments and model calculations shows that no model can satisfactorily reproduce the shed distances. Furthermore, no reliability limits are given for the existing models, which means that for safety reasons considerably higher dis-tances from wind power plants to infrastructures have to be selected. Finally, the applied sim-ulation programs were mostly designed for flat or evenly inclined terrain; more complex ter-rains are not at all or at best poorly represented.
The present project addresses these problems by developing a novel model including associ-ated simulation tools. The data basis consists of observations and results from 1:1 experi-ments. The latter have the decisive advantage of allowing large sample numbers to be gener-ated in a weather-independent manner- a prerequisite for statistically significant statements. In the experiments, test specimens are dropped or thrown from wind turbines. These specimens are based on 3D-scans of real ice fragments, which were found and digitized in previous pro-jects. With the aid of a 3D-printing process, these are reproduced with suitable density and in sufficient number. This is an entirely novel approach since no other actor in this research field has access to this method. The feasibility of these studies was demonstrated by the project developer in previous projects and suitable devices were developed.
The model itself is based on a model with six degrees of freedom (6DOF), allowing for all possibilities of translation and rotation. Compared to other models, additional forces from au-torotation are taken into account in addition to the flow resistance. The necessary parameters are determined by computational fluid dynamics (CFD). The model is embedded in a simula-tion environment that takes into account both fractures of the ice fragments during the fall, as well as complex terrain.
The developed tool not only enables improved safety assessments, but also derivations for technological adaptations and optimization of wind turbines to specific site conditions. It should be emphasized that the improved safety assessments and validated limits for icefall and ice throw allow the development of new sites, which currently can only be used to a limited extent or not at all, due to excessively conservative safety distances.