KIFA
KIFA - Künstliche Intelligenz für finanzielle Assistenz
| Programm / Ausschreibung | IWI 24/26, IWI 24/26, Basisprogramm Ausschreibung 2025 | Status | laufend |
|---|---|---|---|
| Projektstart | 01.10.2025 | Projektende | 30.09.2026 |
| Zeitraum | 2025 - 2026 | Projektlaufzeit | 12 Monate |
| Projektförderung | € 378.758 | ||
| Keywords | |||
Projektbeschreibung
Pflegenavi ist seinem Motto und Wording treu geblieben und betreibt nun schon seit 2021 eine Software, die sich als „digitaler Navigator“ im Sozialbereich sieht. Für das FFG-Forschungsvorhaben haben wir gemeinsam mit Kunden und Kooperationspartnern wie Caritas, Samariterbund und Provinzenz und unserem etablierten Forschungspartner UMIT Tirol das Problem identifiziert, dass für Menschen mit Behinderung oder ältere Menschen mit Unterstützungsbedarf der Zugang zu Finanzdienstleistungen eine zentrale Herausforderung darstellt: Viele Betroffene verfügen entweder nicht über ausreichende digitale Kompetenzen, um bestehende digitale Finanzdienste zu nutzen, oder sie sind durch institutionelle und technische Barrieren de facto von der Teilnahme am Zahlungsverkehr ausgeschlossen.
Das genannte Problem adressieren wir heute bereits mit unserer Wallet- und Bezahlkartenlösung für soziale Organisationen in den Bereichen stationärer und mobiler Pflege, Menschen mit Behinderung und sonstigen Wohn- und Betreuungsformen. Die derzeitige Bezahlkartenlösung ist jedoch in Form sog. „Corporate Cards“ (bereitgestellt werden Kreditkarten für Mitarbeiter der sozialen Organisationen) ausgestaltet. Aus der Praxiserfahrung mit den oben genannten sozialen Organisationen, welche die Applikationen von Pflegenavi bereits nutzen, wird der Ruf nach „sozialer Inklusion und Selbstbestimmung“ von Menschen mit Behinderung und älteren Menschen zunehmend lauter und dringlicher artikuliert. Diese Menschen sollen selbst aktiv am wirtschaftlichen Leben teilnehmen.
Mit der geplanten Ausweitung auf die direkte Verwendung von Bezahlkarten durch unterstützungsbedürftige Personen selbst (mit sog. „Consumer Cards“) entsteht jedoch ein neues, vielschichtiges Spannungsverhältnis: Dieser Wunsch nach finanzieller Selbstbestimmung und Inklusion kollidiert mit erheblichen Risiken im Bereich von „Financial Abuse“ (Abhängigkeit, Betrug, Missbrauch), die es vor Umsetzung einer solchen Kartenlösung mit intelligenten Technologien abzufedern gilt. Rudimentäre Ansätze wie etwa der Einsatz barrierefreier Standards im Web für Internet Banking & Co reichen hier bei weitem nicht. Dem wollen wir uns mit unserem F&E-Ansatz gemeinsam mit der UMIT Tirol widmen.
Unser Forschungsprojekt „KIFA – Künstliche Intelligenz für finanzielle Assistenz“ setzt genau hier an: Ziel ist die Entwicklung eines intelligenten, barrierearmen, erklärbaren und vertrauenswürdigen Systems, das Menschen mit Unterstützungsbedarf nicht nur ein selbstbestimmtes Zahlungsverhalten ermöglicht, sondern sie im Umgang mit Geld begleitet, schützt und stärkt. Es geht uns nicht nur um technische Innovation, sondern um gesellschaftliche Wirkung. So zielt die Anwendung auf Barrierefreiheit im Zugang zu digitalen finanziellen Leistungen, Analyse und Beratung zu monetären Ausgaben, Sicherheit bei Finanztransaktionen – und das Ganze speziell für den Sozialbereich.
KIFA ist als modulares Gesamtsystem konzipiert und fügt sich direkt in die bestehende Lösung von Pflegenavi ein. Die zentralen Lösungsbausteine greifen nahtlos ineinander, bauen aufeinander auf und bestehen im Wesentlichen aus folgenden Themengebieten:
- Sprachassistenz: Domänenspezifisches LLM (Large Language Model) mit LoRA-Finetuning (Low-Rank Adaptation) und LoRAX-Runtime. Integriert ist ein RAG-System (Retrieval-Augmented Generation) mit semantischer Wissensdatenbank für kontextbezogene Antwortgenerierung. Antworten werden sprachlich über TTS (Text-To-Speech) ausgegeben, ergänzt durch einen empathischen Avatar mit mimischer Rückmeldung.
- Modussteuerung bei Transaktionen: Dynamische Umschaltung zwischen "frei", "assistiert" und "beaufsichtigt". Die Auswahl erfolgt automatisiert anhand kontextueller Parameter wie Uhrzeit, Betrag, Empfängerprofil oder Transaktionsverlauf. Dies ermöglicht risikoadaptive Interaktionen ohne starre Schwellenwerte.
- Budgetanalyse: Automatische Kategorisierung von Ausgaben mittels XGBoost (eXtreme Gradient Boosting für strukturierte Merkmale) und FinBERT (spezielles Modell für die semantische Interpretation von Buchungstexten); ergänzt durch Anomalieerkennung (Autoencoder, Isolation Forest), die atypisches Verhalten erkennt. GNNs (Graph Neural Networks) modellieren individuelle Ausgabenmuster für adaptive Budgetempfehlungen.
- Graphanalyse: Transaktionsverläufe werden als Graphen modelliert. Abweichungen von bekannten Mustern können so früh erkannt und visualisiert werden. Aus diesen Graphen können dann barrierefreie Empfehlungen in einfacher Sprache ausgelöst werden oder aber auch für andere Teilnehmer aus analytischen Gründen dargestellt werden (zB Dashboard für Erwachsenenvertreter mit Hinweisen auf Anomalitäten).
- Systemarchitektur: AWS basierendes System mit Monitoring über Cloudwatch, mit Fehlerlogging und Alerts. Architektur umfasst redundante Komponenten, containerisierte Deployments sowie Infrastrukturmanagement via Pulumi (IaC) für reproduzierbare und wartbare Setups.
Im Rahmen des Forschungsprojekts haben wir folgende Zielsetzungen:
- Ein barrierefreies Assistenzsystem, das Teilhabe ermöglicht – mit gesprochener Kommunikation, vereinfachten Begriffen und einer empathischen Benutzeroberfläche, die Menschen mit Unterstützungsbedarf echte finanzielle Teilhabe verschafft.
- KI-gestützte Analytik für bessere Budgetentscheidungen – durch intelligente Klassifikation, Mustererkennung und Anomalieanalyse auf Basis realer Transaktionsverläufe, die unterstützungsbedürftige Personen wie auch Betreuungspersonal helfen, Budgets vorausschauend und verantwortungsvoll zu steuern.
- Ein reaktionsfähiges Begleitsystem für finanzielle Sicherheit, das auffällige Transaktionen frühzeitig erkennt, automatische Unterstützung auslöst und Bezugspersonen gezielt einbindet; damit können unterstützungsbedürftige Menschen eigenverantwortlich handeln, ohne Risiken allein tragen zu müssen.
- Echten Impact, der sich insbesondere durch gesteigerte finanzielle Selbstwirksamkeit, Entlastung von Betreuungspersonen und Prävention von Missbrauch ausdrückt.
Damit erhalten einerseits unterstützungsbedürftige Personen Zugang zu budgetärer Eigenverantwortung ohne Überforderung und andererseits soziale Organisationen bzw Betreuende sowie Angehörige / Erwachsenenvertreter Tools zur Übersicht, Früherkennung und Kommunikation. Diese Form der „sozialen KI“ adressiert eine Zielgruppe, die bisher nicht im Fokus der Digitalisierung stand, und erweitert damit sowohl das technische Innovationsspektrum als auch das gesellschaftliche Verständnis von Inklusion.