Upstream Austria
Upsrteam Austria - Innovative Prävention drohender und verdeckter Wohnungslosigkeit von Schüler*innen
Programm / Ausschreibung | , Wirksam Werden - Soziale Innovationen gegen Kinder- und Jugendarmut Ausschreibung 2023 | Status | laufend |
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Projektstart | 01.09.2025 | Projektende | 28.02.2027 |
Zeitraum | 2025 - 2027 | Projektlaufzeit | 18 Monate |
Keywords |
Projektbeschreibung
Durch “Upstream Austria” wird Schulen und verbundenen Unterstützungssystemen, insb. Schulpsychologie und -sozialarbeit, aber etwa auch Klassenvorständ*innen, ein Instrument in die Hand gegeben, um verdeckt wohnungslose Schüler*innen bzw. Schüler*innen mit hohem Risiko wohnungslos zu werden frühzeitig zu erkennen, um passgenau Hilfe anzubieten.
Je nach Datenquelle und Definition machen Junge Wohnungslose 17%-34% aller Wohnungslosen aus (AG Junge Wohnungslose, 2013, 2021; Lamei et al., 2024; Verband Wiener Wohnungslosenhilfe 2023). Präventive Ansätze, um Wohnungslosigkeit bei Jugendlichen und Jungen Erwachsenen gezielt und systematisch zu verhindern, gibt es in Österreich bislang nicht. Der Fokus etablierter Angebote liegt hingegen auf der Akutversorgung („emergency prevention“) und der Rückfallsprävention (“repeat prevention”) (Fitzpatrick et al., 2021: 88ff.). Die persönlichen, aber auch die volkswirtschaftlichen Folgen und Kosten sind dementsprechend hoch.
Aufgrund altersspezifischer Merkmale (Arnett, 2000, 2015; Stauber und Walther, 2016; Sting, 2011; Tanner und Arnett, 2016), etwa hoher Mobilität oder risikoreichen Verhaltens beim Konsum von Drogen und Alkohol, einer Zunahme an Multiproblemlagen (z.B. Mischkonsum und psychiatrische Diagnosen) sowie altersspezifischer Gründe junger Wohnungslosigkeit, wie Konflikten mit Eltern, nicht passgenaue Unterstützung oder fehlende Finanzbildung bei erster Wohnung (AG Junge Wohnungslose, 2021; Groen et al., 2020), gelten junge Wohnungslose als mit etablierten Unterstützungsangeboten schwer zu erreichen.
In drei Ländern (Australien, Kanada, Wales) mit ähnlichen Herausforderungen wurde daher der Versuch gestartet innovativ gegen Jugendwohnungslosigkeit mittel frühzeitiger Prävention, sog. „Upstream Prevention“, in Schulen vorzugehen (siehe u.a. Mackie et al., 2021). Im „Geelong“ bzw. „Upstream Project“ werden mittels eines dreistufigen, sequenziellen Verfahrens Schüler*innen, die Gefahr laufen, wohnungslos zu werden, oder verdeckt wohnungslos sind effektiv und kosteneffizient erkannt. Dies ermöglicht es in weiterer Folge etablierten Unterstützungssystemen (z.B. Schulsozialarbeit, Familienberatung etc.), frühzeitig und passgenau zu unterstützen. Mit Erfolg: In Australien reduzierte sich etwa die Jugendwohnungslosigkeit um 40% (MacKenzie, 2018), in Kanada konnten 266 Schüler*innen die Gefahr liefen wohnungslos zu werden frühzeitig adressiert werden. 60% schätzte das Lehrpersonal vorab nicht als „at risk“ ein (Canadian Observatory on Homelessness, 2024).
„Upstream Austria“ setzt sich zur Aufgabe, die Assessmentphase (1. Phase) des Geelong Projekts auf den österreichischen Kontext, mit all seinen Spezifika (Ausbildungspflicht, Dreigliedrigkeit des Schulsystems, diversifizierte Schulformen, Soziodemographie, etc.) zu übertragen.
Konkret wird daher Online-Assessment-Tool entwickelt und getestet, das in unterschiedlichen Regionen, unterschiedlichen Schulformen und unterschiedlichen soziodemografischen Kontexten angewendet werden kann. Zusammen mit Schüler*innen, Lehrpersonal, internationalen Forscher*innen und weiteren Expert*innen aus dem Schulbereich sowie mit Stakeholder*innen aus der Schüler*innen-, Jugend- und Wohnungslosenhilfe wird ein maßgeschneidertes Modell für ein flächendeckendes präventives Assessment an Österreichs Schulen entwickelt, das der Diversität der österreichischen Schullandschaft und regionalen Unterschieden wie auch den Bedürfnissen der betroffenen Schüler*innen Rechnung trägt.
Zusätzlich wollen wir Grundlagen für das in Phase 2 durchzuführende psychosoziale Validierungsgespräch erarbeiten, auf dessen Basis die konkrete Umsetzung im schulischen Umfeld erfolgen kann.
Literatur
- AG Junge Wohnungslose (2021): Über den Bedarf eines Gesamtkonzepts für junge Erwachsene in der Wohnungslosenhilfe. Wien: Arbeitsgruppe Junge Wohnungslose.
- Arnett, Jeffrey Jensen (2000): Emerging adulthood: A theory of development from the late teens through the twenties. American Psychologist 55(5): 469-480.
- Arnett, Jeffrey Jensen (2015): Emerging Adulthood. The Winding Road from the Late Teens Through the Twenties. New York: Oxford University Press.
- Canadian Observatory on Homelessness (2024): Upstream Canada: Preventing Youth Homelessness through School Engagement. Kelowna: Canadian Observatory on Homelessness Press.
- Fitzpatrick, Suzanne / Peter Mackie / Wood, Jenny (2021): Advancing a Five-Stage Typology of Homelessness Prevention. International Journal on Homelessness 1(1): 79-97.
- Groen, Gunter / Jörns-Presentati, Astrid / Jack, Weber (2020): Grenzgänger und Systemsprenger: von jungen Menschen mit komplexem Hilfebedarf und unzureichenden Hilfen. In: Giert, Karsten / Große, Lisa / Gahleitner, Silke B. (Hg.): Hard to reach: schwer erreichbare Klientel unterstützen. Köln: Psychiatrie Verlag. 82-94.
- Lamei, Nadja / Korunovska, Jana / Glaser, Thomas (2024): Aktualisierte Kennzahlen zu registrierte Obdach- und Wohnungslosigkeit. Sonderauswertung für Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Statistik Austria: Wien.
- MacKenzie, David (2018): The Geelong Project 2016 - 2017. Interim Report. Geelong: Barwon Child, Youth and Family.
- Mackie, Peter / Doherty, Erin / Thomas, Ian (2021a): Upstream Cymru Pupil Survey: Initial Findings Report. Cardiff: Cardiff University.
- Stauber, Barbara / Walther, Andreas (2016): Junge Erwachsene. Eine exemplarische Lebenslage für die Ausformulierung einer Sozialpädagogik des Übergangs. In: Schröer, Wolfgang / Struck, Norbert / Wolff, Mechthild (Hg.), Handbuch Kinder- und Jugendhilfe. Weinheim und Basel: Beltz Juventa. 135-163.
- Sting, Stephan (2011): Jugend aus pädagogischer Sicht. In: 6.Bericht zur Lage der Jugend in Österreich Jugend aus Sicht der – Wissenschaft (Teil A) – Jugendarbeit (Teil B), Wien: Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend. 39-42.
- Tanner, Jennifer Lynn / Arnett, Jeffrey Jensen (2016): The emergence of emerging adulthood. The new life stage between adolescence and young adulthood. In: Furlong, Andy (Hg.), Handbook of Youth and Young Adulthood. Abingdon, Oxon, New York: Routledge.
- Verband Wiener Wohnungslosenhilfe (2023): Jung und wohnungslos in Wien. Ein Teil der Stadt? Situationsbericht 2023. Wien.