Zum Inhalt

EMERDEC

Grundlagen von Entscheidungsfindungsprozessen in der primären Gefahrenabwehr

Programm / Ausschreibung KIRAS, Kooperative F&E-Projekte, KIRAS Kooperative F&E-Projekte 2023 Status laufend
Projektstart 01.01.2025 Projektende 31.12.2026
Zeitraum 2025 - 2026 Projektlaufzeit 24 Monate
Keywords Entscheidungsfindung, Feuerwehr, Einsatzkräfte, RPD Modell

Projektbeschreibung

Die weitreichenden Transformationsprozesse in der Energiebereitstellung und -versorgung, dem Mobilitätssektor, der industriellen Fertigung, dem Wohnbau oder der Abfallwirtschaft erfordern auch von Einsatzkräften eine schnelle und flexible Anpassung an geänderte Rahmenbedingungen. Im Falle eines Schadensereignisses wie beispielsweise bei einem größeren Austritt von Energieträgern wie Wasserstoff, LNG oder Ammoniak aber auch beim Brand von Fahrzeugen und Speicheranlagen mit Lithium-Ionen-Akkus müssen kritische Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden. Der Ausbildungs- und Erfahrungshintergrund von Einsatzkräften („Operational Bias“) prägt auch die Entscheidungsfindung maßgeblich.

Derzeit bauen viele Entscheidungsunterstützungssysteme auf dem bekannten „Regelkreis der Führung“ auf, welcher den Führungsvorgang abstrahiert und daher die Phase der Entscheidungsfindung nicht im Detail behandelt. Die genauen Mechanismen der Informationsverarbeitung und des Entscheidens spielen eine zentrale Rolle in der Entscheidungsunterstützung und sind derzeit nicht ausreichend untersucht. Digitale Unterstützungssysteme können konkrete, nutzbringende Vorschläge nur dann machen, wenn diese Mechanismen der Entscheidungsfindung verstanden und für die digitale Verarbeitung ausreichend exakt definiert sind. Die aktuell geringe Nutzung von digitalen Unterstützungssystemen, trotz umfassendem Angebot, zeigt den Bedarf an grundlegenden Forschungsergebnissen zur Entscheidungsfindung bei Einsatzkräften.

Das Projekt EMERDEC hat sich zum Ziel gesetzt, diese Grundlagen zu untersuchen und so eine verbesserte Entwicklungsbasis für digitale Unterstützungssysteme zu schaffen. EMERDEC setzt dazu einerseits Methoden der empirischen Feldforschung oder Kognitive Task-Analyse ein, um Einblicke in Entscheidungsprozesse von Einsatzkräften in realen Einsätzen zu gewinnen. Zusätzlich kommen Wearables (z.B. Blickanalyse) und mobile Geräte zur Datenerfassung in Echtzeit zur Anwendung. Zudem erfolgt eine Analyse vergangener Einsätze, insbesondere solcher, die mit komplexen Entscheidungen oder unvorhergesehenen Herausforderungen, z.B. durch neue Technologien in Mobilität oder Energieversorgung, verbunden waren. Der Einsatz simulationsbasierter Experimente in VR-Umgebungen dient im Rahmen des Projektes dazu, zusätzlich Entscheidungssituationen in realitätsnahen Umgebungen zu studieren.

Aufbauend auf dem verbesserten Verständnis von Entscheidungsprozessen, wird in weiterer Folge die Frage geklärt, welche technologischen und ethischen Bedingungen erfüllt sein müssen, um KI-Systeme im Rahmen der Entscheidungsunterstützung zu implementieren. Dabei wird auch untersucht, welche Systeme sich in unterschiedlichen Feldern bisher als tauglich erwiesen haben. EMERDEC liefert Erkenntnisse darüber, wie Informationen aufbereitet und dargestellt werden müssen, um diese möglichst bedarfsorientiert, geschlechtergerecht und bruchfrei in Entscheidungsfindungsprozesse einfließen lassen zu können, ohne eine Informationsüberlastung zu verursachen. Darüber hinaus soll die Frage beantwortet werden, ob es möglich ist, dass KI-Systeme durch menschliches Erfahrungswissen lernen und für eine verbesserte Entscheidungsunterstützung in der Gefahrenabwehr sorgen können.
EMERDEC schafft die Grundlage für das Experience Design von Entscheidungsunterstützungssystemen in der Gefahrenabwehr und sorgt für ein umfassenderes Verständnis der Herausforderungen und Bedürfnisse von Einsatzkräften in Entscheidungssituationen.

EMERDEC ist ein kooperatives und interdisziplinäres Forschungsvorhaben und stützt sich auf ExpertInnen aus der Psychologie, Soziologie, Datenwissenschaft, Notfallmanagement sowie aus Einsatzorganisationen. Projektpartner sind:

Abstract

The extensive transformation processes in energy supply and provision, the mobility sector, industrial manufacturing, residential construction, and waste management require rapid and flexible adaptation by emergency responders to changed framework conditions. In the event of an incident, such as a large release of energy carriers like hydrogen, LNG, or ammonia, or fires involving vehicles and storage systems with lithium-ion batteries, critical decisions must be made under time pressure. The training and experience background of emergency responders ("Operational Bias") also significantly shapes decision-making.

Currently, many decision support systems are based on the well-known "leadership cycle," which abstracts the leadership process and thus does not detail the decision-making phase. The precise mechanisms of information processing and decision-making play a central role in decision support and are currently not sufficiently investigated. Digital support systems can only make concrete, beneficial suggestions if these decision-making mechanisms are understood and defined accurately enough for digital processing. The currently low use of digital support systems, despite a comprehensive offering, indicates the need for fundamental research findings on decision-making among emergency responders.

The project EMERDEC aims to investigate these fundamentals and thus create an improved development basis for digital support systems. EMERDEC employs methods of empirical field research or cognitive task analysis to gain insights into decision-making processes of emergency responders in real missions. In addition, wearables (e.g., eye tracking) and mobile devices for real-time data collection are used. An analysis of past missions, especially those involving complex decisions or unforeseen challenges, e.g., due to new technologies in mobility or energy supply, is also conducted. The use of simulation-based experiments in VR environments serves to study decision situations in realistic environments within the project.

Based on the improved understanding of decision-making processes, the project will subsequently address the question of which technological and ethical conditions must be met to implement AI systems in decision support. It also examines which systems have proven viable in different fields to date. EMERDEC provides insights into how information must be prepared and presented to integrate it into decision-making processes as needs-oriented, gender-fair, and seamlessly as possible, without causing information overload. Moreover, it explores whether AI systems can learn from human experiential knowledge and provide improved decision support in hazard response.

EMERDEC lays the foundation for the experience design of decision support systems in hazard response and ensures a more comprehensive understanding of the challenges and needs of emergency responders in decision situations.

EMERDEC is a cooperative and interdisciplinary research project supported by experts in psychology, sociology, data science, emergency management, and from emergency organizations.