MasSan
Machbarkeit serieller Sanierungskonzepte und -modelle in Österreich?
Programm / Ausschreibung | Energie- u. Umwelttechnologien, Energie- u. Umwelttechnologien, Technologien und Innovationen für die klimaneutrale Stadt TIKS (früher: Stadt der Zukunft | Status | laufend |
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Projektstart | 01.06.2024 | Projektende | 31.05.2025 |
Zeitraum | 2024 - 2025 | Projektlaufzeit | 12 Monate |
Keywords | Serielle Sanierung, Machbarkeitsstudie |
Projektbeschreibung
Um die Klimaziele in Österreich zu erreichen, braucht es innovative und schnelle Sanierungslösungen. Ein möglicher Ansatz, der für einen großen Teil der zu sanierenden Gebäude zielführend sein kann, ist die serielle, modulare Sanierung, bei der Bestandsgebäude im bewohnten Zustand mit Hilfe von modular vorgefertigten Elementen, im Bedarfsfall inklusive integrierter Haus- und Anlagentechnik, energetisch hochwertig saniert werden.
Die serielle Sanierung ist europaweit auf dem Vormarsch. Ausgehend von den Niederlanden wird die serielle Sanierung als Energiesprong-Initiative von der Global Energiesprong Alliance in ganz Europa verbreitet. In Deutschland wird das Thema seit 2017 von der dena finanziell sowie strukturell unterstützt und vorangetrieben, weshalb die serielle Sanierung dort bereits die Pilot-Projekt-Phase hinter sich gelassen hat und bereits 49 Projekte abgeschlossen, 25 weitere in Bau und über 146 in Planung sind.
Auch in Österreich wurden bereits zahlreiche erfolgreiche Pilot-Projekte zur seriellen Sanierung umgesetzt, doch der Sprung zur Serie ist bis heute noch nicht gelungen. Damit die Bauindustrie das Markpotential erkennt und die Akteur:innen sowohl auf der Hersteller- als auch auf der Nachfrage-Seite (Wohnbaugenossenschaften) überzeugt werden, braucht es eine Machbarkeitsstudie bzw. Marktanalyse mit konkreten Zahlen.
Ziel der Studie ist eine Darstellung und Analyse von seriellen Sanierungen großvolumiger Bauten in Europa (inkl. der österreichischen Demoprojekte). Dabei werden inter-/nationale Sanierungsmodelle und -prozesse analysiert und die wesentlichen Erkenntnisse auf ihre Umsetzbarkeit im österreichischen Kontext geprüft. Ergänzend werden Gespräche mit ausgewählten relevanten Stakeholdern und Expert:innen geführt, um deren Erfahrungen abzuholen und tiefere Einblicke zu erhalten, sowie schlussendlich Handlungsempfehlungen zur Marktentwicklung in Österreich abzuleiten.
Um das Marktpotenzial in Österreich zu bewerten, wird der Gebäudebestand quantitativ in Hinblick auf die Anwendbarkeit serieller Sanierung analysiert. Hierfür werden vorab Kriterien zur Auswahl geeigneter Gebäude definiert, wobei nicht nur Zahlen, sondern auch Kriterien wie Gebäudetypologie, Baualter, thermischer Zustand etc. berücksichtigt werden.
Die Analyse der wirtschaftlichen Machbarkeit sowie von Finanzierungsmodellen und Förderungen beinhaltet auch eine Analyse der jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen samt konkreter Vorschläge zur Anpassung der Rahmenbedingungen und Förderungen in Österreich. Über ein Legal gap Assessment werden die Hürden und der Anpassungsbedarf mit Schwerpunkten auf wohnrechtlichen Regelungen, Bau-, Energierecht identifiziert.
Die Definition geeigneter Kriterien zur Festlegung des Energiestandards berücksichtigt die Aspekte Klimaschutz, Kosten und Wirtschaftlichkeit inkl. Anbindung an bereits bestehende Gebäudekriterien (z.B. klimaaktiv).
Die erwarteten Ergebnisse dieser F&E-Dienstleistung sind eine publizierbare Studie, die den aktuellen Stand, eine Einschätzung der zukünftigen Marktentwicklung, konkrete Handlungsempfehlungen und Strategien für die serielle Sanierung sowie das Etablieren eines Netzwerks, das sich gegenseitig unterstützt, damit Österreich ein Technologieführer in diesem Bereich wird.
Zudem soll die Studie den weiteren Handlungs- und Forschungsbedarf aufzeigen sowie welchen Mehrwert die serielle Sanierung zur Steigerung der nationalen Sanierungsquote leisten kann.
Abstract
In order to achieve the climate targets in Austria, innovative and fast remediation solutions are needed. One possible approach, which can be expedient for a large proportion of the buildings to be renovated, is the serial, modular refurbishment, in which existing buildings are renovated in an inhabited state with the help of modular prefabricated elements, including integrated building technology to high energy efficiency.
Serial refurbishment is on the rise throughout Europe. Starting in the Netherlands, serial refurbishment is being disseminated by the Global Energiesprong Alliance throughout Europe as the Energiesprong initiative. In Germany, dena has been providing financial and structural support for this topic since 2017, which is why serial refurbishment has already left the pilot project phase behind and 49 projects have already been completed, 25 more are under construction and more than 146 are being planned.
Numerous successful pilot projects for serial refurbishment have already been implemented in Austria, but the leap to series production has not yet been achieved. In order to convince the players on both sides - the housing cooperatives) and the manufacturer / the construction industry and to recognise the market potential, a feasibility study or market analysis with concrete figures is needed.
The aim of the study is to present and analyse serial renovations of large-scale buildings in Europe (including the Austrian demo projects). In doing so, inter-/national renovation models and processes are analysed and the main findings are examined for their feasibility in the Austrian context. In addition, discussions will be held with selected relevant stakeholders and experts in order to pick up their experiences and gain deeper insights, as well as ultimately to derive recommendations for action on market development in Austria.
In order to evaluate the market potential in Austria, the building stock is quantitatively analysed with regard to the applicability of serial refurbishment. For this purpose, criteria for the selection of suitable buildings are defined in advance, taking into account not only numbers, but also criteria such as building typology, building age, thermal condition, etc.
The analysis of the economic feasibility as well as financing models and subsidies also includes an analysis of the respective legal framework including concrete proposals for adapting the framework conditions and subsidies in Austria. A legal gap assessment is used to identify the hurdles and the need for adaptation with a focus on housing regulations, construction and energy law.
The definition of suitable criteria for determining the energy standard takes into account the aspects of climate protection, costs and economic efficiency, including connection to existing building criteria (e.g. klimaaktiv).
The expected results of this R&D service are a publishable study that provides the current status, an assessment of future market development, concrete recommendations for action and strategies for serial refurbishment as well as the establishment of a mutually supportive network so that Austria becomes a technology leader in this area.
In addition, the study is intended to show the need for further action and research as well as the added value that serial refurbishment can provide to increase the national renovation rate.
Endberichtkurzfassung
Die Dekarbonisierung des Gebäudesektors ist eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Österreich hat sich mit dem nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) sowie internationalen Verpflichtungen (EU-Gebäuderichtlinie, Green Deal, EEDIII) ambitionierte Ziele gesetzt. Da über ein Drittel der CO2-Emissionen aus dem Gebäudebereich stammt , ist eine drastische Erhöhung der Sanierungsrate und der (energetischen) Qualität von Sanierungen erforderlich.
Die serielle Sanierung – also der „industrialisierte“ Ansatz, bei dem Gebäude mit modular gefertigten Dach- und Wandelementen (inkl. Haus- und Anlagentechnik) in wenigen Wochen in bewohntem Zustand saniert werden – verspricht eine kosteneffiziente, skalierbare und sozial verträgliche Lösung. Die zentrale Forschungsfrage lautete daher: Unter welchen technischen, organisatorischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen kann die serielle Sanierung in Österreich skaliert und systematisch umgesetzt werden?
Ziel der Studie MasSan sind Handlungsfelder und -empfehlungen für eine „Marktentwicklung Serielle Sanierung in Österreich“ zu erarbeiten. Sie untersucht die serielle Sanierung als innovativen Ansatz zur energetischen Gebäudesanierung in Österreich und analysiert die Potenziale, Hindernisse und Erfolgsfaktoren für die serielle Sanierung in Österreich. Dabei wurden technische Aspekte (z.?B. vorgefertigte Bauteile, energetische Standards), rechtliche Hürden (z.?B. Vergaberecht, Mietrecht), wirtschaftliche Rahmenbedingungen (z.?B. Fördermodelle, Kostenstrukturen) sowie soziale und kommunikative Fragestellungen (z.?B. Nutzerakzeptanz, Sanierung im bewohnten Zustand) integriert betrachtet.
Ausgehend von einer Datenerhebung und Analyse von seriell sanierten Gebäuden in Europa wurden in weiterer Folge diese Erkenntnisse auf ihre Umsetzbarkeit in Österreich überprüft. Ergänzt durch Erfahrungen aus (inter)nationalen Umsetzungsprojekten, bestehende Pilotprojekte und Studien aus Österreich sowie der Expertise von relevantem Stakeholder und eine Quantitative Gebäudeanalyse wurde das Potential für Österreich abgeleitet. Das Projektteam führte über 10 Expert:inneninterviews mit Vertreter:innen aus Wohnungswirtschaft, Politik, Bauindustrie und Forschung durch und entwickelte ein strukturiertes Maßnahmenpaket. Die Analyse erfolgte entlang der vier Kategorien: bautechnisch/energiestandardbezogen, rechtlich/finanziell, kommunikativ/sozial sowie marktbezogen/organisatorisch . Internationale Marktenwticklungsteams und Valume Deals (z.?B. aus den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Estland) dienten als Vergleichsrahmen.
Die Untersuchung zeigt klar: Die serielle Sanierung hat ein hohes Potenzial zur Dekarbonisierung – besonders bei Nachkriegsbauten mit einfacher Struktur und Kubatur . Ihre Vorteile liegen in verkürzten Bauzeiten, standardisierter Qualität, der Möglichkeit der Sanierung im bewohnten Zustand sowie in langfristigen Kosteneinsparungen durch Skaleneffekte.
Bis zu 500.000 Wohneinheiten in Österreich sind prinzipiell für die serielle Sanierung geeignet . Derzeit jedoch fehlen flächendeckende Marktstrukturen, strategische Partnerschaften sowie gezielte Förderinstrumente . Die rechtlichen Rahmenbedingungen – insbesondere im Miet- und Vergaberecht – sind noch nicht auf die spezifischen Anforderungen serieller Verfahren abgestimmt. Erste Pilotprojekte und Forschungsinitiativen existieren, jedoch bleiben sie meist vereinzelt. Eine koordinierte Skalierung sowie eine strategische Marktaktivierung stehen noch aus. Wesentliche Hemmnisse sind ungeeignete rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. Generalunternehmervergaben im BVergG), hohe Anfangsinvestitionen ohne gesicherte Refinanzierung sowie ein unzureichend entwickelter Markt.
Um das Potenzial zu heben, braucht es auch eine zentrale Gebäudedatenbank, klare Rahmenbedingungen und gezielte Marktsteuerung. Der Erfolg hängt nicht nur von technischer Innovation, sondern auch von politischem Willen, rechtlichen Reformen, sozialen Prozessen und marktwirtschaftlicher Steuerung ab. Dies ist ein Learning aus anderen EU Ländern!
Zentrale Handlungsempfehlungen betreffen:
Klare Definitionen und Marktstrukturen, um Investitionen zu erleichtern und Synergien zu fördern und gezielte Förderanreize mit verpflichtender Kostenoffenlegung
Förderlogik und rechtliche Anpassungen, etwa zur Überwindung von Vergabe- und Eigentumsrechtshürden sowie ein Fördermodell für eine Mini-Serie (z.?B. 15 gleichartige Gebäude) und Anpassungen im Miet-, Bau- und Vergaberecht
ein eigenständiges, unabhängiges Marktentwicklungsteam zur Koordination
ambitionierte, aber realistische Energiestandards , die auch gestalterischen Spielraum ermöglichen
soziale Einbindung und Kommunikation , um Akzeptanz und Mitwirkung der Bewohner:innen zu sichern
strategische Marktentwicklung , etwa durch Modellprojekte, Branchenstandards und gezielte Unterstützung von KMU sowie Standardisierung von Haustechnikmodulen
und ein stärkerer Einbezug öffentlicher Gebäude als Vorbildprojekte
Österreich steht vor der Chance, mit der seriellen Sanierung eine Schlüsseltechnologie für die Klimaneutralität zu etablieren. Wird das vorgeschlagene Maßnahmenpaket umgesetzt, kann die serielle Sanierung zu einem Leuchtturmprojekt österreichischer Klima- und Baupolitik werden.
Dafür braucht es jetzt einen strategischen Aktionsplan: den Aufbau eines branchenu¨bergreifenden Netzwerks, gezielte Demonstrationsvorhaben (z.?B. erstes Modellquartier), systematisches Stakeholder-Engagement und langfristig ein europaweit anschlussfähiges Marktmodell. Wird die aktuelle Dynamik nicht genutzt, droht ein Verlust an Innovations- und Wirtschaftskraft. Gelingt der Markthochlauf jedoch, kann Österreich zu einem europäischen Vorreiter werden – sowohl klimapolitisch als auch wirtschaftlich.
Für die erfolgreiche Skalierung der seriellen Sanierung besteht ein umfangreicher Forschungsbedarf in technischer, wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht. Demonstrationsvorhaben sind der Schlüssel zur praktischen Erprobung und Skalierung.