RAVEN
Radarsatellitenbasierte Veränderungserkennung bei Bauwerken
Programm / Ausschreibung | Weltraum, Weltraum, ASAP Ausschreibung 2023 | Status | laufend |
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Projektstart | 01.05.2024 | Projektende | 31.05.2025 |
Zeitraum | 2024 - 2025 | Projektlaufzeit | 13 Monate |
Keywords | Geodaten, Satellitendaten, Copernicus, Infrastrukturmonitoring, Change Detection, Bauwirtschaft, Stadtvermessung |
Projektbeschreibung
Im Projekt RAVEN - Radarsatellitenbasierte Veränderungserkennung bei Bauwerken soll gemeinsam mit der Stadtvermessung der Stadt Wien (MA 41) und der Augmenterra GmbH sollen mit Hilfe von Radar-Satellitendaten des europäischen Copernicus-Services bei ausgewählten Gebäuden im Stadtgebiet Wien exemplarisch anhand von definierten Testgebieten Gebäudeveränderungen in vertikaler Richtung aufgedeckt und mit Geodaten der Stadtvermessung verglichen werden. Mit Satellitendaten sollen zukünftig in einem größeren Zeitfenster (auch vor und nach Messungen am Boden) Aussagen getroffen werden können, ob Gebäudebewegungen stattgefunden haben. Die Sondierung soll also den Einsatz von Satellitendaten im Kombination mit (vorhandenen) Geodaten prüfen. Zukünftig könnten die Satellitendaten die punktuellen Messungen der Stadtvermessung unterstützen und im Sinne eines Warnsystems eine Aussage darüber zulassen, wo Vor-Ort-Messungen durchgeführt werden sollten. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Fachbereich Geoinformatik – Z_GIS der Paris Lodron Universität Salzburg.
Abstract
In the project RAVEN - Radar Satellite-based Change Detection in Buildings, together with the City of Vienna's Department of Surveying (MA 41) and Augmenterra GmbH, radar satellite data from the European Copernicus Service will be used to detect vertical changes in selected buildings in the city of Vienna using defined test areas and compare them with geodata from the city survey. Satellite data will then be used to determine whether building movements have taken place in a larger time window (also before and after ground measurements). The exploratory survey is therefore intended to test the use of satellite data in combination with (existing) geodata. In the future, the satellite data could support the point measurements of the city survey and, in the sense of a warning system, allow a statement to be made about where on-site measurements should be carried out. The project is being scientifically supported by the Department of Geoinformatics - Z_GIS at the Paris Lodron University of Salzburg.
Endberichtkurzfassung
Im Projekt RAVEN – Radarsatellitenbasierte Veränderungserkennung bei Bauwerken – wurde in Zusammenarbeit mit der Stadtvermessung Wien (MA 41) und der Augmenterra GmbH untersucht, wie sich mithilfe von Radar-Satellitendaten des Sentinel-1 Satelliten des europäischen Copernicus-Programms Oberflächenveränderungen an ausgewählten Gebäuden im Stadtgebiet Wien erkennen lassen. Dabei wurden definierte Testgebiete herangezogen, um diese Veränderungen exemplarisch zu identifizieren und mit den vorhandenen Geodaten der Stadtvermessung abzugleichen und zu validieren. Ziel war es, mithilfe der Satellitendaten künftig auch über längere Zeiträume hinweg, feststellen zu können, ob Setzungen oder seltener auch Hebungen, an Gebäuden stattgefunden haben. Langfristig könnten die Satellitendaten die punktuellen Messungen der Stadtvermessung ergänzen und beispielsweise als Grundlage für ein Warnsystem dienen, das Hinweise darauf gibt, wo gezielte Vor-Ort-Messungen notwendig sind. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Fachbereich Geoinformatik – Z_GIS der Paris Lodron Universität Salzburg.
Die im Projekt RAVEN angewendete Methodik trägt dezidiert dazu bei, die verschiedenen Arten von Bodenbewegungen und deren Auswirkungen entgegenzuwirken, die im Zuge des Klimawandels (z.?B. durch Veränderungen des Grundwasserspiegels) oder der Urbanisierung (z.?B. durch städtische Bauprojekte) vermehrt auftreten können. Hier setzt die verwendete Radarsatellitentechnologie an, die in den vergangenen Jahren bereits zur Beobachtung natürlicher Phänomene, wie etwa zur Kartierung der Bodenfeuchte, genutzt wurde. Mithilfe der sogenannten Interferometrie können aus den Radardaten der Satelliten räumliche Veränderungsdaten über ausgewählte Zeiträume gewonnen werden, wodurch Lage- und Höhenveränderungen von verorteten Objekten nachvollzogen werden können. Dank verbesserter Sensorik und weiterentwickelter Auswertealgorithmen sind mittlerweile Analysen im Sub-Zentimeter-Bereich möglich. Dies macht die Technologie auch für die baubegleitende Überwachungsmessung einsetzbar. Die Herausforderung liegt hier jedoch in der Komplexität städtischer Umgebungen, in denen es gilt, präzise Informationen über vertikale Veränderungen an Gebäuden zu gewinnen. Diese Form der Veränderungsdetektion ist insbesondere bei großen Infrastrukturprojekten, wie z.B. dem Bau von U-Bahnlinien, von hoher Bedeutung, da hier eine kontinuierliche Überwachung notwendig ist, um Hebungen oder Senkungen bestehender Bauwerke frühzeitig zu erkennen um präventive Maßnahmen zur Schadensbegrenzung bzw. Schadensprävention einzuleiten.
Im Rahmen des Projekts RAVEN wurden zwei konkrete Anwendungsfälle (siehe Use Case 1 und Use Case 2 ) untersucht, um die Einsatzmöglichkeiten von Radarsatellitendaten für die Detektion von vertikalen baulichen Veränderungen systematisch zu evaluieren. Als Untersuchungsgebiete wurden dafür zwei Testgebiete im Wiener Stadtgebiet ausgewählt.
Definition und Auswahl der Testgebiete
Die Auswahl basierte auf der Verfügbarkeit von Satellitendaten und In-situ-Messungen, auf der topografischen und städtebaulichen Eignung sowie auf der erwarteten baulichen Veränderungsdichte. Konkretes Untersuchungsgebiete waren der Bereich rund um das U2/U5-Rathaus-Bauprojekt sowie im Rahmen von Use Case 2 ein erweitertes Gebiet mit Zentrum in der Aspern Seestadt im Nordosten Wiens. Eine detaillierte Recherche zu den Satelliten-Footprints sowie zur raum-/zeitlichen Abdeckung bildete die Grundlage für die darauffolgende Datenbeschaffung.
Use Case 1: Deformationen an Gebäuden (z.?B. im Zuge des U-Bahn-Baus in Wien )
Als Datengrundlage kamen kostenfrei verfügbare Sentinel-1 SAR-Daten (C-Band) zum Einsatz. Die flächendeckende Zeitreihenanalyse urbaner Bodenbewegungen wurde mittels SqueeSAR®-Technologie durchgeführt, die eine InSAR-Auswertung auf hohem Präzisionsniveau ermöglicht. Zur Validierung der satellitengestützten Messergebnisse wurden hochpräzise Setzungsbolzenmessungen der Stadtvermessung Wien (MA 41) herangezogen, insbesondere Nivellement-Messungen (Messungen von Höhenunterschieden zwischen verschiedenen Punkten). Für die Interpretation und Weiterverarbeitung der Messdaten wurden die Punktinformationen mithilfe des MatchSAR®-Algorithmus in objektbezogene Aussagen überführt. Die Ergebnisse wurden über die 3D-Webplattform AUGMENTERRA Observer visualisiert und zur Verfügung gestellt.
Use Case 2: Change Detection bei baulichen Veränderungen
Für die Analyse von strukturellen Veränderungen an Gebäuden wurden hochauflösende, kommerzielle SAR-Daten der COSMO-SkyMed-Konstellation verwendet. Zur Erstellung belastbarer Referenzdaten wurde ein sogenanntes stratifiziertes Sampling angewendet, um ausgewogene Vergleichspunkte zu generieren. Die Veränderungserkennung basierte auf einem Algorithmus, der Amplitudenveränderungen analysierte. Das Ergebnis wurde in Form prozentualer Veränderungswerte pro Pixel ausgewertet und anschließend kartografisch aggregiert.
Datenvalidierung
Für Use Case 1 erfolgte die Validierung durch eine statistische Auswertung zwischen den InSAR-Ergebnissen und den Nivellement-Daten. Dabei zeigten sich bei 27?% der analysierten Punkte signifikante Korrelationen (von denen 75?% einen Wert größer als 0,8 aufwiesen). Im Fall von Use Case 2 wurde die Erkennungsgenauigkeit durch den Abgleich mit den zuvor definierten Referenzpunkten überprüft. Dabei konnten in 53?% der Fälle tatsächliche bauliche Veränderungen erkannt werden, bei 84?% wurde korrekt keine Veränderung detektiert. Hier bedarf es Weiterentwicklung hinsichtlich der Methodik.
Integration und Use-Case-Entwicklung
Im Verlauf des Projekts wurde auf Basis der Projekterkenntnisse sowie eines Knowledge Transfers- und eines Abschlussworkshops, ein Integrationskonzept für die Stadtvermessung Wien (MA 41) entwickelt, das die Überführung der gewonnenen Ergebnisse, unter Berücksichtigung möglicher Risiken, weiterem Forschungsbedarfs und benötigten Ressourcen, in bestehende städtische Verwaltungsprozesse der MA 41 ermöglicht. Im Rahmen des Integrationskonzeptes wurde außerdem mit relevanten Magistratsabteilungen eine Liste an weiteren Anwendungsbeispielen, für die im Projekt Raven verwendete Methodik erstellt. Neben dem generellen Bodenbewegungsmonitoring, wurden unter anderem die Zustandsüberwachung von Brückentragwerken sowie Bodenzustandsanalysen (z.B. Trockenheit) als geeignete Anwendungen für die Radarinterfoermetrische Analyse, definiert.
Ausblick
Die im Projekt RAVEN entwickelte Methodik zur satellitengestützten Erkennung von Oberflächenveränderungen an Bauwerken, stellt einen fortschrittlichen Ansatz für das urbane Monitoring dar. Durch die Integration von Sentinel-1-Radardaten und modernen Interferometrie-Verfahren eröffnen sich neue Möglichkeiten für eine flächendeckende und kontinuierliche Überwachung von Bodenbewegungen in städtischen Räumen. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere im Kontext großer Infrastrukturprojekte ein ergänzendes langfristiges Monitoring möglich ist. Perspektivisch sollen die gewonnenen Erkenntnisse in die Prozesse der Stadtvermessung Wien integriert und bei erfolgreicher Integration, für weitere Anwendungsbereiche ausgeweitet werden. Weitere Forschung ist hier notwendig, um die Methodik für komplexe urbane Umgebungen weiter zu verfeinern.
Nutzen
Aufbauend auf den Ergebnissen des Projekts RAVEN kann in Zukunft ein erheblicher Mehrwert für die städtische Bauwerksüberwachung und Gefahrenfrüherkennung geschaffen werden:
Früherkennung von Risiken : Durch regelmäßige, satellitengestützte Messungen können Setzungen oder Hebungen frühzeitig erkannt werden
Ergänzung bestehender Messnetze : Die punktuellen, bodengestützten Messungen der Stadtvermessung Wien werden flächendeckend Radar-Zeitreihen ergänzt.
Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit : Die Nutzung frei verfügbarer Sentinel-1-Daten bietet ein ökonomisch nachhaltiges Monitoring-Instrument.
Stärkung der Resilienz : Im Zuge des Klimawandels bedingte Bodenveränderungen oder baubedingte Eingriffe können systematisch beobachtet werden was einen signifikanten Beitrag zur klimaresilienten Stadtplanung darstellt.
Grundlage für ein Warnsystem : Die Methodik kann als Wissensfundament für ein intelligentes Frühwarnsystem zur gezielten Einleitung von Vor-Ort-Kontrollen stehen.
Reproduzierbarkeit und Skalierbarkeit : Die verwendete Methodik ist auf andere Magistratsabteilungen und ausgewählte Anwendungsfälle übertragbar und unterstützt so perspektivisch, eine moderne, datenbasierte Infrastrukturüberwachung über die Anwendungsfelder der MA 41 hinaus.
Beweissicherung bei baulichen Eingriffen:
Die Ergebnisse der Methodik liefern eine objektive und lückenlose Dokumentation von unterschiedlichen Oberflächenveränderungen über längere Zeiträume. Somit kann auf eine belastbare Grundlage für die Klärung strittiger baulicher Entwicklungen, insbesondere bei Infrastrukturmaßnahmen mit potenziellen Auswirkungen auf Nachbargebäude oder bestehende Strukturen, zurückgegriffen werden.