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Biochar4Metallurgy

Untersuchung des Einsatzes von Biokohle in der metallurgischen Industrie als Ersatz für fossile Kohlenstoffträger

Programm / Ausschreibung IWI, IWI, Basisprogramm Ausschreibung 2023 Status laufend
Projektstart 01.12.2023 Projektende 30.11.2024
Zeitraum 2023 - 2024 Projektlaufzeit 12 Monate
Keywords

Projektbeschreibung

Um die nationalen (österreichischer Nationaler Energie- und Klimaplan) und internationalen (Green Deal der EU) Klimaziele zu erreichen, die eine Klimaneutralität bis 2040 vorsehen, sind in allen öffentlichen Sektoren sowie Industriesparten große Anstrengungen zu unternehmen, um die vorgegebenen CO2-Einsparungen erreichen zu können. Die metallurgische Industrie, in deren Prozessen Koks zur Reduktion und/oder Aufkohlung der Rohmaterialien bzw. Sekundärrohstoffe (Schrott und ähnliches) und zur Energiegewinnung eingesetzt wird und dementsprechend große Mengen an CO2 emittiert werden, steht dabei vor einer besonders großen Herausforderung. Prinzipiell kann die Reduktion der CO2-Emissionen durch den Einsatz erneuerbarer und klimaneutraler Energieträger und Reduktionsmittel (z.B. Wasserstoff (H2) oder Biokohle (BK)) oder durch den Umstieg auf klimafreundlichere Technologien (z.B. Umstieg vom Hochofen- auf den ELO-Prozess) erfolgen. Für viele mittelständische Metallurgiebetriebe kommen H2 (industriell noch nicht erprobt) oder Umstellungen bei den metallurgischen Prozessen (sehr kostenintensiv) nicht in Frage bzw. werden bei den Prozessen direkte C-Träger benötigt.
Die Substitution von fossilen Kohlenstoff-Trägern (C-Träger wie Kohle/Koks) durch nachhaltig produzierbare BK könnte hingegen ohne große Adaptionen an den Prozessen und ohne großen Investitionskostenaufwand erfolgen. BK weisen üblicherweise deutlich geringere S-, N- und Cl-Gehalte als fossile C-Träger auf und können somit auch zur Reduktion von Emissionen und Korrosionsproblemen in den Anlagen beitragen. Die effiziente großtechnische Herstellung von BK ist bereits Stand der Technik, wodurch diese Option kurzfristig verfügbar ist. BK kann dabei nachhaltig, günstig und lokal hergestellt werden, da Altholz sowie Abfall- und Schadholz (Käferholz, Windwurf) genutzt werden können.
Der Umstieg von Kohle/Koks auf BK hätte auch volkswirtschaftliche Vorteile, da die derzeit eingesetzte Kohle zu 100% importiert werden muss. BK kann hingegen aus heimischer Biomasse erzeugt werden, wodurch die Wertschöpfung in Österreich verbleibt und Transportwege und damit verbundene Emissionen reduziert werden können.
Ergebnisse aus laufenden Forschungsarbeiten sowie Diskussionen mit Industrievertretern haben aber gezeigt, dass unterschiedliche Prozesse in der metallurgischen Industrie voneinander abweichende Anforderungen an die BK aufweisen und die Substitution fossiler C-Träger durch BK dadurch prozessspezifisch genau untersucht werden muss. Der Einsatz von BK als Ersatz für fossile C-Träger wird international zwar seit Jahren erforscht, konzentriert sich dabei allerdings auf den Einsatz in der Stahlproduktion im Hochofen und damit verbundenen Prozessen (Kokerei, Sintern). Aufgrund der enormen Mengen an Kohle, die jährlich in der primären Stahlindustrie eingesetzt werden, ist allerdings eine vollständige Substitution von Kohle/Koks durch BK in diesem Bereich unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit der BK-Produktion nicht möglich.
Interessant ist der Einsatz von BK hingegen bei Prozessen, bei denen die eingesetzten Kohle/Koks-Mengen auch aus nachhaltiger BK-Produktion gedeckt werden können und auf einen C-Träger nicht verzichtet werden kann. Das betrifft z.B. den Einsatz von Koks zum Aufschäumen der Schlacke im Elektrolichtbogenofen (ELO) in der Stahlerzeugung aus Schrott oder als Energie- und C-Träger in Schachtofen- (SO) oder Kupolofen- (KO) Prozessen. Zum Einsatz von BK in diesen Prozessen gibt es noch viele offene Fragen (Einsatz im ELO) bzw. nur wenige Forschungsarbeiten, die über den theoretischen Bereich oder Labormaßstab hinausgehen (Einsatz im SO oder KO), so dass hier dringender Forschungsbedarf besteht, was auch durch die Teilnahme von Industriepartnern aus diesen Bereichen (Marienhütte Graz, Montanwerke Brixlegg, Tiroler Rohre) unterstrichen wird.
Die wesentlichen Ziele des beantragten Projektes sind daher detaillierte Grundlagenuntersuchungen inklusive der Bewertung spezifischer metallurgischer Prozesse, bei denen BK fossilen Koks ersetzen soll sowie die Erarbeitung von Qualitätskriterien für den Einsatz von BK in diesen Prozessen, die als Grundlage für den großtechnischen Einsatz von BK in metallurgischen Prozessen dienen sollen. Grundlagenuntersuchungen sind notwendig, da die Anforderungen an die BK als Ersatz für fossile C-Träger wesentlich vom betrachteten metallurgischen Prozess abhängen. Die Kenntnis der Relevanz der Qualitätskriterien auf die betrachteten Prozesse ist wiederum sehr wichtig, weil sie sowohl den Produktionsprozess (Einstellung von C-Gehalt, Gehalt an Flüchtigen oder spezifische Oberfläche durch Variation von Druck und Temperatur) als auch eine nachgeschaltete Behandlung der BK (Änderung der Festigkeit, Dichte, Korngröße oder Reaktivität durch Verpressung und Beimischung von Additiven) betreffen können.
Um diese Ziele zu erreichen, wurde eine Forschungsmethodik, die auf folgenden Schwerpunkten aufbaut, entwickelt. Zu Beginn sollen für alle im Rahmen des Projektes untersuchten metallurgischen Prozesse die Rahmenbedingungen für den Einsatz von BK sowie relevanten Eigenschaften der dabei eingesetzten C-Träger evaluiert und definiert werden. Anschließend sollen CFD-gestützte Simulationen zur Konversion der Einsatzstoffe in Schmelzreaktoren (z.B. ELO) durchgeführt und darauf aufbauend eine Detailevaluierung der Relevanz bestimmter BK-Eigenschaften für die jeweiligen Prozesse durchgeführt werden. Parallel dazu sollen mögliche BK-Vorbehandlungsmethoden wie Agglomeration und/oder Verfestigung der BK auf Basis der eingangs definierten Qualitätsansprüche für jeden Prozess evaluiert (insbesondere für SO und KO relevant) und mittels schrittweise durchgeführter Laborversuche erprobt werden. Aufbauend auf den Ergebnissen aus den vorangegangenen Punkten sind gezielte Vorversuche im industriellen Maßstab bei den Industriepartnern im ELO, SO und KO geplant. Die Untersuchungen sind wichtig, um die Ergebnisse aus den Simulationen und den Laborversuchen unter Realbedingungen zu validieren, da es sich um komplexe Prozesse mit vielen Einflussgrößen handelt. Abschließend sollen, begleitet von einer techno-ökonomischen und ökologischen Analyse, die wesentlichen Qualitätskriterien für den Einsatz von BK in den untersuchten Prozessen definiert werden. Darüber hinaus soll der Einsatz von BK in alternativen Prozessen für den SO (z.B. TBRC, Top blown rotary converter) und KO (z.B. Induktionsofen, IO) untersucht werden, da diese Prozesse vermehrt in der Gießerei- und Kupfersekundärmetallurgie eingesetzt werden und somit für die Branche ebenfalls relevante Anwendungen darstellen.
Die wesentlichen Innovationen des Projektes bilden somit die erstmalige vollständige Simulation des Einblasens von BK in den ELO-Prozess sowie die Simulation der BK-Konversion in der Schmelze, die Entwicklung eines neuen BK-Vorbehandlungsprozesses, um den speziellen Anforderungen im SO- und KO-Prozess gerecht zu werden, die Evaluierung des Einsatzes von BK in alternativen zukünftig interessanten Prozessen zum SO (TBRC) und KO (IO mit anschließender Aufkohlung), die bisher in Forschungsarbeiten noch nicht behandelt wurden und für die Branche relevant sind, sowie die Erarbeitung von für die jeweiligen Prozesse allgemein gültigen Spezifikationen für die BK und die notwendigen Vorbehandlungsschritte.
Das Projekt führt zu einer wesentlichen Know-How-Steigerung und soll den durch den Antragsteller Fachverband Bergwerke und Stahl vertretenen Branchenmitgliedern zukünftig ermöglichen, die durch fossile C-Träger anfallenden CO2-Emissionen mittels gezieltem Einsatz von BK zu minimieren, Transportwege zu verkürzen und die Wertschöpfung in Österreich zu erhöhen. Die Ergebnisse des Projektes stellen auch einen wichtigen Know-how-Aufbau für die wissenschaftlichen Partner Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie der Montanuniversität Leoben und BIOS Bioenergiesysteme GmbH (Basis für zukünftige F+E-Projekte) dar.