Future_Services
Zukünftige Rolle von Energiedienstleistern im Österreichischen Strommarktmodell
Programm / Ausschreibung | Energie.Frei.Raum, Energie.Frei.Raum, Energie.Frei.Raum 2. AS 2020 | Status | laufend |
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Projektstart | 01.02.2024 | Projektende | 31.03.2025 |
Zeitraum | 2024 - 2025 | Projektlaufzeit | 14 Monate |
Keywords | Energiedienstleister, Strommarktmodell, Energiewirtschaftliche Prozesse |
Projektbeschreibung
Die zunehmende Digitalisierung und Verfügbarkeit von Verbrauchsdaten bietet ein erhebliches Potenzial für Effizienzsteigerungen im Energiesystem. Hierbei rückt auch die Rolle des Energiedienstleisters zunehmend ins Rampenlicht, dessen Möglichkeiten aufgrund der Einschränkungen der Prozesse des Strommarktes eingeschränkt sind. Smart Meter Daten stehen erst am Folgetag zur Verfügung. Diese Daten reichen für eine strategische Planung von Maßnahmen aus, für operative Maßnahmen (Flexibilitäten wie z.B. Start / Stops / Unterbrechungen beim Laden eines E Autos, Ein-/Ausschalten eines elektronischen Geräts, Ein/Abschalten einer Poolpumpe ) sind die Daten zu spät verfügbar.
Des Weiteren besteh ein Bedarf, die aktuelle Zuweisung einiger Dienstleistungen, bspw. die Energieverteilung in Erneuerbaren Energiegemeinschaften, zu diskutieren. Ein Beispiel dafür ist die Bürgerenergiegemeinschaft, deren Abwicklung nicht durch die Netzbetreiber erfolgt.
Ziel des Projektes „Future_Services“ ist die Sondierung der Einbindung von "Near-Real-Time"-Daten in die Prozesse des österreichischen Strommarktmodells und die Umschichtung etablierter Dienstleistungen auf die Rolle des Energiedienstleister. Daran angehängt sind die folgenden Teilziele:
- Validierung der bereits bei den Akteuren des Strommarktmodells verankerten Dienstleistungen hinsichtlich einer Erbringung durch den Energiedienstleister.
- Validierung der Möglichkeit zur Einbindung von "Near-Real-Time"-Daten in die Prozesse des österreichischen Strommarktmodells
- Definition von Dienstleistungen, die durch die Nutzung von "Near-Real-Time"-Daten möglich sind.
- Definition der Auswirkungen dieser Dienstleistungen auf die etablierten Prozesse im österreichischen Strommarktmodell
- Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen für Gesetzgeber, den Regulator und die bereits etablierten Akteure.
Der Innovationsgehalt des Projektes lässt sich anhand der folgenden Punkte festhalten:
- Erstmalige Beleuchtung der notwendigen Adaptionen der etablierten Prozesse zur Einbindung von „Near-Real-Time“-Daten
- Erstmalige Bewertung der Verteilung der bereits etablierten Dienstleistungen im österreichischen Strommarktmodell
- Neubewertung der Rolle des Energiedienstleisters und Sondierung der Möglichkeiten neuer Dienstleistungen zur Steigerung der Effizienz des Energiesystems.
Am Ende des Projektes werden Empfehlungen hinsichtlich der Umschichtung bestehender Dienstleistungen im Strommarktmodell ausgearbeitet und bereitgestellt. Darüber hinaus werden Empfehlungen über neue Dienstleistungen für den Energiedienstleister und die damit in Verbindung stehenden Anpassungen der Marktrollen, Prozesse, Gesetze und des Regulativs ausgearbeitet und bereitgestellt.
Abstract
The increasing digitalisation and availability of consumption data offers considerable potential for efficiency improvements in the energy system. In this context, the role of the energy service provider is also increasingly coming into the spotlight, whose options are limited due to the restrictions of the electricity market processes. Smart meter data is only available the following day. This data is sufficient for strategic planning of measures, but for operational measures (flexibilities such as start/stops/interruptions when charging an e-car, switching on/off an electronic device, switching on/off a pool pump) the data is available too late.
Furthermore, there is a need to discuss the current allocation of some services, e.g. energy distribution in renewable energy communities. An example of this is the citizen energy community, which is not handled by the grid operators.
The aim of the project "Future_Services" is to explore the integration of "near-real-time" data into the processes of the Austrian electricity market model and the reallocation of established services to the role of energy service providers. The following sub-objectives are attached to this:
- Validation of the services already anchored with the actors of the electricity market model with regard to a provision by the energy service provider.
- Validation of the possibility to integrate "near-real-time" data into the processes of the Austrian electricity market model.
- Definition of services that are possible through the use of near-real-time data.
- Definition of the effects of these services on the established processes in the Austrian electricity market model.
- Elaboration of recommendations for action for legislators, the regulator and the already established actors.
The innovative content of the project can be determined by the following points:
- First-time illumination of the necessary adaptations of the established processes for the integration of "near-real-time" data.
- First-time evaluation of the distribution of the already established services in the Austrian electricity market model
- Re-evaluation of the role of the energy service provider and exploration of the possibilities of new services to increase the efficiency of the energy system.
At the end of the project, recommendations regarding the reallocation of existing services in the electricity market model will be elaborated and provided. In addition, recommendations on new services for the energy service provider and related adjustments to market roles, processes, laws and the regulatory framework will be developed and provided.
Endberichtkurzfassung
Das Sondierungsprojekt Future Services hat sich umfassend mit der Rolle des Energiedienstleisters im österreichischen Strommarktmodell auseinandergesetzt. Ein spezieller Fokus wurde dabei auf Dienstleistungen gelegt, die sich durch die Nutzung von Live-Daten ergeben würden. In diesem Kontext wurde auch die Frage gestellt, welche Rahmenbedingungen und Effekte sich hinsichtlich der Einbindung von Live-Daten in den energiewirtschaftlichen Datenaustausch ergeben.
Folgende Ergebnisse wurden im Projektverlauf erarbeitet:
1. Rolle des Energiedienstleisters
Es wurde eine potenzielle Überschneidung mit bestehenden Rollen (z.?B. Netzbetreibern, Lieferanten) identifiziert, etwa in allen Belangen der Visualisierung von Energiedaten, der Effizienzberatung, der Abrechnung von Modellen der gemeinsamen Energienutzung. Diese Potenziale wurden rein aufgrund der technischen Möglichkeiten des Energiedienstleisters in der Prozesslandschaft des Strommarktmodells abgeleitet.
Daraus wurde ein Klärungsbedarf hinsichtlich der Rolle des Energiedienstleisters abgeleitet, da dieser rechtlich nicht genau definiert ist, sondern lediglich über seine Funktion. Die bessere Abgrenzung ist eine Grundlage für die Erarbeitung von Dienstleistungen.
Ein praxisnaher Definitionsvorschlag wurde im Projekt entwickelt:
"Ein Energiedienstleister bezieht Netzbezugs- und Netzeinspeisedaten von einzelnen Akteuren des Strommarktmodells und bietet auf Basis dieser Daten Dienstleistungen an.
Die Einführung dieser Definition grenzt den Energiedienstleister deutlich von anderen Marktrollen ab und erlaubt eine deutlich klarere Festlegung von Zuständigkeiten.
2. Bestehende und neue Dienstleistungen
Gespräche mit aktiven Energiedienstleistern zeigten, dass diese sich im Wesentlichen in den Bereichen Energieoptimierung, Betreuung von Energiegemeinschaften, Abrechnung und Datenplattformen betätigen. Einige der befragten Energiedienstleister führen die Rolle nicht mehr aktiv aus, da sie anfangs nur genutzt wurde, um Daten für die Bewertung von Energiegemeinschaften zu erhalten. Bei der Betreuung von Energiegemeinschaften gibt es mittlerweile jedoch eigene Prozesse, die nicht zwingend nach der Rolle des Energiedienstleisters verlangen. Bei den Gesprächen mit den Energiedienstleistern zeigte sich auch, dass diese der Verwendung von Live-Daten einen erheblichen Mehrwert beimessen. Hier würde vor allem die Smart Meter Schnittstelle und die darauf zugreifenden Smart Meter-Adaptoren eine wesentliche Rolle spielen. Es bedarf hier einer standardisierten Lösung. Hinsichtlich der Einbindung der Live-Daten in den energiewirtschaftlichen Datenaustausch waren sich die Energiedienstleister nicht einig, da zum Teil schlechte Erfahrungen mit dem Austausch der Smart Meter Daten gemacht wurden.
Auf Basis der Informationen von den Energiedienstleistern und unter der Annahme der Verfügbarkeit von Live-Daten wurden die folgenden Dienstleistungen definiert, im Detail beschrieben und bewertet:
Optimierung von Energiegemeinschaften
Diese Dienstleistung nutzt Echtzeitdaten, um den Flexibilitätseinsatz innerhalb von Energiegemeinschaften intelligent abzustimmen. Ziel ist die Maximierung des Eigenverbrauchs sowie die Reduktion von Netzbezug und -einspeisung.
Visualisierung von Energiedaten
Einspeise- und Bezugsdaten werden in Echtzeit verständlich aufbereitet und grafisch dargestellt, z.?B. in Apps oder Dashboards. Nutzer:innen können so ihr Verhalten anpassen und ihren Energieverbrauch effizienter gestalten.
Assisted Living
Anhand von Stromnutzungsprofilen werden Auffälligkeiten im Alltag – etwa bei älteren oder betreuungsbedürftigen Personen – erkannt. Die Dienstleistung erhöht die Sicherheit im Haushalt und kann Angehörige oder Pflegekräfte frühzeitig informieren.
Predictive Maintenance
Durch die Analyse von Strombezugs- und Sensordaten können Abweichungen im Betriebsverhalten technischer Geräte frühzeitig erkannt werden. Dies ermöglicht eine vorausschauende Wartung und vermeidet Ausfälle oder teure Reparaturen.
Prognoseerstellung
Echtzeitdaten ermöglichen präzisere Vorhersagen über Stromverbrauch und -erzeugung auf Kund:innen- oder Anlagenebene. Diese Prognosen unterstützen die Planung und Optimierung von Eigenverbrauch, Speicherbetrieb oder flexiblen Lasten.
Diese Services wurden hinsichtlich technischer Machbarkeit, wirtschaftlichem Nutzen und gesellschaftlichem Mehrwert bewertet.
3. Nutzung von Live-Daten
Um eine Perspektive der praktischen Umsetzung von Energiedienstleistungen zu erhalten, wurden Interviews mit Energiedienstleistern durchgeführt. Daraus konnten die folgenden Erkenntnisse gezogen werden:
Die Interviews mit Energiedienstleistern ergaben eine klare Nachfrage nach Echtzeitdaten , diesen wird sowohl ein erheblicher Mehrwert beigemessen als auch das Potenzial, neue Dienstleistungen zu generieren. Insbesondere wurden Dienstleistungen für Energiegemeinschaften zur Flexibilitätssteuerung oder zur Prognoseverbesserung genannt.
Neben dem Bedarf an Echtzeitdaten wurden auch einige Herausforderungen bei der Implementierung von Echtzeitdaten genannt. Darunter fallen der technische Aufwand und die Sicherheitsanforderungen, die fehlenden standardisierten Schnittstellen sowie die Kosten für die Endgeräte und die Kommunikation.
Zusätzlich wurden von den Energiedienstleistern Wünsche formuliert: Es bedarf einer standardisierten Schnittstelle zum Auslesen von Echtzeitdaten, eines geringen Aufwands bei der Freigabe der Daten, wenn diese über den energiewirtschaftlichen Datenaustausch erfolgt, sowie Zugriffs auf Echtzeit- sowie historische Daten.
4. Technische und prozessuale Rahmenbedingungen
Die Interviews mit den Energiedienstleistern stießen eine Untersuchung unterschiedlicher Hersteller und Produkte zur Nutzung der Smart-Meter-Schnittstelle an. Insgesamt wurden 7 für Österreich zugelassene Smart Meter-Adaptoren sowie 12 bislang noch nicht in Österreich getestete Produkte identifiziert.
Die Einbindung von Echtzeitdaten in den energiewirtschaftlichen Datenaustausch wurde ebenfalls analysiert. Hierfür wurden auf Basis der Erkenntnisse aus den aktuellen Prozessen für Energiedienstleister zwei neue Prozesse definiert:
CM_REQ_INT_SUB: Festlegung von Sendeintervallen
CM_REQ_CAI: Anpassung von Übertragungsfrequenzen
Aktuell ist der energiewirtschaftliche Datenaustausch (EDA) nicht auf Live-Daten ausgelegt – weder technisch noch prozessual.
5. Einschätzungen zentraler Marktakteure
Abschließend wurde Interviews mit Expert:innen der Branche geführt, um deren Perspektive auf das Thema Echtzeitdaten zu erfassen:
Netzbetreiber sehen Potenziale in Live-Daten (z.?B. Netzplanung, dynamische Tarife), äußern aber Bedenken hinsichtlich Datenflut, Echtzeitfähigkeit und Zuständigkeiten.
E-Control betrachtet das Thema Live-Daten als langfristige Vision (10+ Jahre) . Aktuell fehlen standardisierte Prozesse und rechtliche Grundlagen.
EDA GmbH sieht die Entwicklung der Einbindung von Live-Daten in den energiewirtschaftlichen Datenaustausch als realistisch und vielversprechend an. Auch hier werden die Herausforderung der fehlenden Standardisierung und die Relevanz des Datenschutzes erwähnt.
6. Empfehlungen
Aufbauend auf den Ergebnissen des Projektes wurden folgende Empfehlungen ausgearbeitet:
Klare Definition der Rolle des Energiedienstleisters
Dienstleistungen des Strommarktmodells sind gut verortet
Standardisierung von Schnittstellen zur Auslesung von Live-Daten
Herausforderungen der Kommunikation von Live-Daten adressieren
Schaffung klarer Grundlagen für die Umsetzung
Abgrenzung zwischen Individuallösungen und der allgemeinen Lösung für den Live-Daten-Austausch
Klare Auswertung der volkswirtschaftlichen Vorteile