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WAMOS

Wave Monitoring System based on GNSS/INS Integration

Programm / Ausschreibung Weltraum, Weltraum, ASAP Ausschreibung 2022 Status laufend
Projektstart 01.10.2023 Projektende 30.09.2025
Zeitraum 2023 - 2025 Projektlaufzeit 24 Monate
Keywords wave height; GNSS; INS; biodiversity; monitoring

Projektbeschreibung

Seeökosysteme sind durch zahlreiche Freizeitaktivitäten (Motorboot- oder Fährenfahrten, Segeln, …), durch Uferbauten als auch durch den Klimawandel einem hohen Druck ausgesetzt. Um solch aquatischen Ökosysteme zu schützen, gibt es die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (2000/60/EG). Ziel ist es, dass sich bis 2027 alle Seen zumindest in guten ökologischen Zustand befinden. In Kärnten kann zurzeit kein See mehr den sehr guten Zustand vorweisen — die drei größten Seen (Wörthersee, Ossiacher See, Weißensee) sogar nur einen mäßigen bzw. unbefriedigenden. Eine solche Schwächung des Ökosystems zeigt sich insbesondere am Rückgang der Wasserpflanzen (Makrophyten). Lokale Gewässerökologen finden einen möglichen Verursacher im verstärkten Bootsverkehr. Der durch den Bootsverkehr induzierten Wellenschlag führt zu hydrodynamischen Veränderungen in der Flachwasserzone und somit zu einer Resuspension von Sedimenten, welche sich wiederum negativ auf die Biodiversität auswirken können. Jedoch reicht der momentane Kenntnisstand nicht aus, um Sanierungsmaßnahmen zielgerichtet entwickeln zu können.
Ziel des Projektes WAMOS (WAve MOnitoring System) ist es nun die Frage zu beantworten, ob und inwieweit Bootsverkehr tatsächlich die Makrophytenvegetation beeinflusst und welche Gegenmaßnahmen (z.B. Wellenschutzvorkehrungen) gesetzt werden sollten.
Für die Zielerreichung bedarf es der Entwicklung eines interdisziplinäres Monitoringsystems, welches Aufschluss über das Zusammenspiel von Wellenhöhe mit Sediment und Makrophyten gibt. Ein Teil davon beschäftigt sich mit dem Konzept und der Entwicklung von Messbojen, welche die ankommende Wellenenergie in relevanten Uferzonen in Nahe-Echtzeit erfassen und quantifizieren soll. Aus Inertialdaten (MEMS IMUs) und Precise Point Positioning (PPP)-Positionen (basierend Galileo High Accuracy Service) werden Wellenhöhen abgeleitet. Einen weiteren Faktor stellt das Wetter dar. Um wind- als auch schiffsinduzierte Wellen richtig identifizieren zu können, bieten numerischer Modelle zur Wellennachbildung als auch die Beobachtung vom Bootsverkehr und Wind eine wertvolle Stütze. Das Monitoring von Booten (Position, Geschwindigkeit, Richtung) erfolgt mittels eines flexiblen Unbemannten Flug Systems (UAS)-basierten Bildaufnahmesystems. Dazu soll ein neuer Ansatz zur Stabilisierung und Georeferenzierung der UAS-Bilder auf Basis der dynamischen PPP-Positionen der Bojen entwickelt werden. Über Referenzanalyseverfahren in der Uferzone wird der ökologische Zustand von relevanten Uferzonen bewertet (Makrophytendiversität, etc.). Das gesamte Monitoringsystem soll dabei ein flexibles und skalierbares Tool sein.
Durch Messkampagnen am Wörthersee werden relevante Daten gemessen, analysiert und miteinander verknüpft. Gewonnene Erkenntnisse können mithilfe von Modellen auf weitere Teile des Sees übertragen werden oder ins System integriert werden. Damit ist eine wissenschaftlich fundierte Basis geschaffen, um mit der Maßnahmenplanung zu beginnen.

Abstract

Numerous leisure activities (sailing, boating, transportation, …), shoreline constructions and climate change have put lacustrine ecosystems under pressure. To protect such aquatic ecosystems, the European Water Framework Directive (WFD) (2000/60/EC) has been developed. It aims to achieve good status for all lakes until 2027. However, in Carinthia, no single lake can show a very good ecological status — the three largest lakes (Wörthersee, Ossiacher See, Weißensee) have only a moderate or unsatisfactory one. The status of such an ecosystem is measurable by bioindicator tests with aquatic plants (macrophytes). A reduction of the macrophyte stock means a weakening of the lake ecosystem. According to local aquatic ecologists, one of the reasons might be the rising boat traffic. The wave action induced by boat traffic leads to hydrodynamic changes in shallow water zones and, thus, to the resuspension of sediments, which in turn can harm the biodiversity. However, the current knowledge is insufficient to develop remediation measures in a targeted and effective manner.
The main aim of the project WAMOS (WAve MOnitoring System) is to clarify whether and to which extent boat traffic affects the macrophyte vegetation, and which countermeasures (e.g. wave protection measures) have to be undertaken.
The prerequisite for achieving the target is to develop an interdisciplinary monitoring system that provides indications of the link between wave heights, boat type, sediment, and macrophytes. A part of it is reserved for the design and development of measurement buoys, which shall capture the incoming wave energy in the shore zone in near-realtime. Therefore, inertial data (MEMS IMUs) is fused with Precise Point Positioning (PPP) solutions (based on Galileo High Accuracy Service) to obtain wave heights. Other aspects to take into account are weather conditions. To correctly distinguish wind waves from boat waves, numerical models for wave simulation as well as the observation of boat traffic and wind speed are essentially valuable. The boat traffic (position, speed, course) is monitored via flexible Unmanned Aerial System (UAS)-based image acquisition systems. For the UAS-image stabilization and georeferenzing, the dynamic PPP-positions of the buoys are utilized. The status of the lake shore zone (vegetation of macrophytes, etc.) is assessed according to the reference conditions concept. The entire monitoring system is intended to be a flexible and scalable tool, which serves as an indicator for hydrodynamic changes in stagnant waters.
During measurement campaigns at Lake Wörthersee, relevant data like wave energy, boat traffic, meteorology, and shore vegetation will be measured, analyzed, and linked. The findings are incorporated into the software of the GNSS/INS-buoys and transferred to other locations on Lake Wörthersee via models and simulations. Hence, a unique scientific basis is created to propose a planning of measures.

Endberichtkurzfassung

WAMOS Projektergebnisse

Im Rahmen des WAMOS-Projekts wurde von der TU Graz (Institut für Geodäsie und Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft) ein Demonstrator eines tragbaren Monitoring-Systems auf Basis von Bojen entwickelt, welches speziell darauf ausgelegt ist, von kleinen Freizeitmotorbooten erzeugte Wellen zu erkennen.



Entwicklung eines Wellen-Monitoringsystems

Durch die Integration von Inertialsensorik und GNSS-Messungen kann eine Genauigkeit von unter 1 cm erreicht werden. Hinsichtlich zukünftiger Anwendungen wurde die Einbindung des Galileo HAS sowie der Ausbau zu einem nahe-echtzeitfähigen Langzeit-Monitoringsystem untersucht.
Das Bojensystem ist L-förmig angeordnet, um sowohl die tiefenabhängige Wellenentwicklung als auch Entwicklungen entlang unterschiedlicher Uferabschnitte aufzuzeichnen und die Wellenrichtung abzuleiten. Die Wellenhöhenbestimmung erfolgt mit Inertialdaten in Nahe-Echtzeit.

Unterscheidung von Wind- und Motorbootswellen mittels Wellenfilter

Durch die Nachbearbeitung der Rohdaten mit einem neuartigen Filteransatz konnten von Booten verursachte Wellen zuverlässig von Wind und Messungenauigkeiten getrennt werden. Tests mit unterschiedlichen Bootstypen und Fahrweisen zeigten, dass sich die Verdrängerfahrt als schädlicher für die Vegetation herausstellt und dass sich die maximale Wellenhöhe mit zunehmendem Uferabstand verringert. Aufgrund der Tiefenwirkung der Wellen können Sedimente und Reproduktionspartikel der Wasserpflanzen aufgewirbelt werden, wodurch die Habitatqualität beeinträchtigt und der Pflanzenbestand reduziert werden kann.

Unter Verwendung eines numerischen Modells konnten für mehrere Messtage die durch Wind verursachten Wellenwirkungen abgeschätzt werden. Die Messungen wurden an touristisch stark genutzten Tagen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die künstlich durch Boote erzeugte Wellenenergie die natürlich durch Wind erzeugte deutlich übersteigt. Wellenschutzmaßnahmen wie Schutzzäune reduzieren die am Ufer ankommende Wellenenergie erfolgreich, eliminieren jedoch Windwellen nahezu vollständig und lassen nur geringe Anteile der Bootswellen durch. Im Vergleich zu natürlich geschützten Uferbereichen wie Buchten sind ökologisch relevante natürliche Windwellen hinter solchen Barrieren unterrepräsentiert. Der Erhalt natürlich geschützter Zonen ist daher von besonderer Bedeutung für die Habitatqualität im Wörthersee.



Numerische Wellenmodelle

Numerische Wellenmodelle ermöglichen eine räumlich und zeitlich hoch aufgelöste Darstellung der Wellenentwicklung und ergänzen die punktuellen Messinformationen. Von Kobus und Partner wurden im Rahmen von WAMOS Wind- und Bootswellenmodelle für den Wörthersee aufgebaut, um den Einfluss wind- und bootsinduzierter Oberflächenwellen auf die Uferzone zu analysieren.

Windwellenmodell

Für die Berechnung der Windwellen kam das numerische Wellenmodell SWAN (Simulating WAves Nearshore, TU Delft) zum Einsatz. Es wurde ein Modellgitter aus Dreieckselementen mit höherer Auflösung in der Uferzone verwendet. Zur realistischen Abbildung der für den Wörthersee typischen geringen Windgeschwindigkeiten wurde eine speziell für Seen entwickelte Formulierung der Reibungskoeffizienten der Windspannung implementiert. Als Windrandbedingung dienten die Daten des Analyse- und Nowcastingsystems INCA von GeoSphere Austria. Der Vergleich mit Messdaten zeigte, dass die Größenordnung der Wellenhöhen gut nachgebildet wird.

Mit dem überprüften Windwellenmodell wurden für alle Messtage die Windwellenverhältnisse berechnet. Die Ergebnisse flossen in den vom Projektpartner IWB entwickelten Wellenfilter zur Trennung von Wind- und Bootswellen ein. Zusätzlich wurde ein Windwellenatlas erstellt, in dem für Windrichtungen im 30°-Intervall und verschiedene Windgeschwindigkeiten die Wellenhöhenverteilung berechnet wurde. Dieser ermöglicht die Identifikation windwellenexponierter Uferbereiche und die Ableitung von Zusammenhängen zur Makrophytenentwicklung.

Bootswellenmodell

Für die modelltechnische Nachbildung von Bootswellen wurde das phasenauflösende Wellenmodell XBeach von Deltares verwendet. Bootsfahrten können durch Vorgabe einer dreidimensionalen Geometrie des eintauchenden Bootskörpers sowie einer Trajektorie direkt implementiert werden. Das Modell berechnet die aus der Wasserverdrängung resultierenden Strömungsverhältnisse, Sohlschubspannungen und Sedimentaufwirbelungen.

Zur Überprüfung wurden die am 6. Juni im Bereich Cap Wörth durchgeführten Bootstestfahrten im Modell nachgebildet und mit den aufgezeichneten Wasserspiegelauslenkungen verglichen. Die Wellenmuster und -höhen können vom Modell mit hoher Genauigkeit nachgebildet werden. Weitere Modellrechnungen untersuchten den Einfluss des Uferabstands auf die am Ufer ankommenden Wellen sowie auf Sohlschubspannungen und Sedimentresuspension.

In einer zweiten Anwendung wurde eine fiktive, typische Bootsfahrt entlang der Längsachse des Sees (Velden–Klagenfurt) definiert. Entlang der Route wurden im Abstand von 20 m Modellberechnungen auf Transekten in beide Uferrichtungen durchgeführt (insgesamt 1680 Simulationsläufe). Die Auswertung der Sohlschubspannungen erlaubt die Identifikation von Uferbereichen mit signifikantem Einfluss durch Bootswellen und weist auf besonders erosionsgefährdete Bereiche hin.



UAS-basierte Analysen

Die FH Kärnten (SIENA) entwickelte ein skalierbares, UAS-basiertes System zur automatisierten Erfassung, Klassifikation und georeferenzierten Trajektorienbestimmung von Booten. Über mehrere Messkampagnen hinweg wurde ein vollautomatischer Prozess aufgebaut, der von der Videodetektion bis zur raumbezogenen Analyse reicht. Die Ergebnisse gliedern sich in KI-basierte Bootsdetektion, Georeferenzierung und Trajektorienrekonstruktion sowie empirische Validierung der Systemgenauigkeit.

Ein Deep-Learning-Modell auf Basis der YOLO-Architektur wurde iterativ trainiert und erkennt Segelboote, Motorboote sowie Linienschiffe/Fähren stabil unter variierenden Aufnahmebedingungen. Auf Grundlage der Objektdetektion wurde ein Workflow entwickelt, der Bootstrajektorien in geodätische Koordinaten überführt und Informationen zu Uferdistanz, Fahrtrichtung und Geschwindigkeitsprofilen liefert.

Die Validierung mit GNSS-Referenztrajektorien zeigte bei der DJI M350 Abweichungen in der Uferdistanz von 5–10 m und Geschwindigkeitsabweichungen bis 2,4 km/h, während bei der DJI Inspire 3 (8K) Abweichungen von 2–6 m bzw. bis 1,5 km/h erreicht wurden. Die höhere Genauigkeit ist primär auf die höhere Auflösung, geringere Verzerrungen und die Weiterentwicklung des KI-Modells zurückzuführen.



Wirkungserfassung von Motorbootswellen im Uferbereich

Zur Klärung der Forschungsfrage, ob Wellen – insbesondere Bootswellen – die Makrophytenvegetation beeinflussen, wurde von systema die Wirkungserfassung in der Uferzone durchgeführt. Untersucht wurden aquatische Vegetation, Hydromorphologie, Trübung und Resuspension. Messungen erfolgten an wellenexponierten und wellengeschützten Standorten sowie im Bereich von Wellenschutzzäunen, ergänzt durch Bepflanzungsversuche und die Begleitung von Einzelboot-Messfahrten.

Die Makrophytenvegetation unterschied sich deutlich zwischen exponierten und beruhigten Standorten. An geschützten Standorten waren Biodiversität, Wuchshöhen und Bestandsdichten höher. Bei geringen Vegetationsdichten führten Wellen zu starker Sedimentaufwirbelung und Resuspension. An exponierten Standorten wurden 400 g/m² bis über 1000 g/m² resuspendiertes Material gemessen, was einer Erhöhung um den Faktor 20 bis 75 gegenüber geschützten Bereichen entspricht. Die höchsten Werte traten im Flachwasserbereich auf, während an der Messstelle Schlangeninsel die stabilisierende Wirkung des Schilfgürtels deutlich wurde.

Die durch Bootswellen verursachten Eintrübungen korrelieren sowohl mit großen Einzelwellen als auch mit länger anhaltenden Wellenmustern. Wellen sind jedoch nicht der einzige Grund für den Rückgang der Makrophytenvegetation, da sich die im Rahmen der Bepflanzungsversuche eingesetzten Makrophyten nur im Schutz installierter Käfige etablieren konnten und somit auch die Fraß- und Wühltätigkeit von Fischen einen erheblichen negativen Einfluss auf die Makrophyten hat.