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EVUB

Erfassung und Visualisierung von unterirdischen Bewegungsräumen zur Vervollständigung des Lagebilds in Urban Operations

Programm / Ausschreibung FORTE, FORTE, FORTE - Kooperative F&E-Projekte 2021/2022 Status abgeschlossen
Projektstart 01.01.2023 Projektende 30.06.2024
Zeitraum 2023 - 2024 Projektlaufzeit 18 Monate
Keywords Geo-Basisdaten; Urban Operations; Augmented Reality;

Projektbeschreibung

Bei Einsätzen in Städten sind Einsatzkräfte mit der Herausforderung eines guten und möglichst breiten Lagebilds konfrontiert. Das betrifft neben der Oberfläche auch unterirdische Bewegungsräume (zB Kanäle, U-Bahn-Verbindungen, Keller-Durchstiege) und Infrastruktur (zB Glasfaserleitungen, Stromkabel).
freytag & berndt beschäftigt sich seit 250 Jahren mit Landkarten, die seit fast ähnlich langer Zeit auch für militärische Zwecke genutzt werden. Durch den Einsatz neuer kartographischer GIS-Systeme ist das Unternehmen in der Lage, zahlreiche zusätzliche Kartenebenen zu erfassen und zu verorten. In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Subsurface Engineering der Montanuniversität Leoben und den Projektpartner des Bundesministeriums für Landesverteidigung sollen diese Daten so aufbereitet und visualisiert werden, dass sie für den Einsatz in der „Urban Warfare“ genützt werden können.
Das Fernziel (das allerdings weit den Rahmen dieses Projekts hinaus geht) ist, Einsatzkräften mit Hilfe von Augmented Reality zusätzliche Kartenebenen im Einsatz anzuzeigen.
Das nahe Ziel dieses Projekts ist es, die relevanten Geo-Faktoren, Infrastruktur und Bewegungsräume zu definieren, die Grundlagen für eine dreidimensionale Darstellung in einer für das österreichische Bundesheer verwendbaren Datenstruktur aufzubauen. Dazu soll ein Prototyp für ein kleines Gebiet mit Echtdaten erstellt werden, der die anschauliche Darstellung einer komplexen räumlichen Struktur erlaubt, und über die Möglichkeiten herkömmlicher Auf- und Grundrisse wesentlich hinaus geht.
Ziel ist die Dimensionen und Komplexitäten der Thematik zu verstehen, um auf der Basis den Aufwand einer Ausrollung in einem größeren Stadtgebiet und zu aufwändigen Visualisierungen abschätzen zu können.

Abstract

In urban operations, military personnel needs a broad situational picture. One major aspect is the classic map, which can be aggregated with additional information such as underground movement paths (e.g. sewer pipes, subway lines or cellar passages) and infrastructure (e.g. fiber optic lines, power cables).
For 250 years, freytag & berndt has created maps, which have always been used for touristic, professional and also military purposes. With the introduction of new GIS-based cartographic systems, freytag & berndt is now able to acquire and locate additional map levels, which can be added or removed from the map picture on demand. In cooperation with the center for subsurface engineering of the Montanuniversität Leoben, these data can be used and visualized for urban operations.
The long-term goal (which goes beyond the scope of this project) is to use augmented reality to display additional map levels for military personnel in the area of operations.
The primary goal of this project is to define the relevant geo-factors, infrastructure and movement passages to build a three-dimensional representation in data formats that can be used by the Austrian Armed Forces. To this end, a prototype for a small area will be created, allowing the vivid representation of a complex spatial structure, which will significantly exceed the visualisation of conventional elevation and floor plans.
It is planned to carry out the research to understand the dimensions and complexities of the topic and to be able prepare an estimation for a larger rollout and for the use of complex visualization technologies.

Endberichtkurzfassung

Zunächst wurden 18 für Urban Operations relevante Geofaktoren definiert. Als Untersuchungsgebiet für einen Prototyp wurde ein ca. 0,62 km² großes Areal rund um den Wiener Karlsplatz definiert, welches eine große Vielfalt an unterirdischen Bewegungsräumen und Infrastruktur aufweist und einen wichtigen, zentralen Verkehrskontenpunkt darstellt. Für die Erhebung von Daten zu den Geofaktoren wurde eine umfassende Internetrecherche durchgeführt, wobei zwischen Open-Data- und Closed-Data-Quellen unterschieden wurde. Nützliche öffentlich zugängliche Datenquellen sind beispielsweise das Digitale Kanal-Informationssystem der Stadt Wien (KANIS) und Daten aus ViennaGIS. Der Zugriff auf andere wichtige Quellen, wie den Digitalen Zentralen Leitungskataster (ZLK) oder das Netz-Informationssystem der Wiener Netze GmbH, erfordert ein formelles Ansuchen oder eine Berechtigung.


Es wurden 50 Institutionen identifiziert, die potenziell relevante Daten für das Testgebiet bereitstellen können. In Gesprächen mit der Magistratsdirektion für Organisation und Sicherheit stellte sich heraus, dass die Stadt Wien aus Sicherheitsbedenken keine Daten für das Projekt bereitstellen wird, bis die rechtliche Lage geklärt ist. Daher musste sich das Projektteam auf Open-Data-Quellen beschränken. Bis auf die Institutionen der Stadt Wien und des Bundes wurden bei allen recherchierten Institutionen per Brief und Erinnerungsmails angefragt, ob Gebäudepläne für das Projekt zur Verfügung gestellt werden können. Daraufhin konnte das Projektteam 16 Gebäudepläne verwenden . Diese wurden mithilfe markanter Punkte wie Türen oder Einfahrten, welche zuvor im Zuge einer Begehung vor Ort lokalisiert wurden, in ein globales Koordinatensystem integriert. Als digitale Grundkarte wurde die digitale Katastermappe (DKM) des Bundesamtes für Eich - und Vermessungswesen gewählt, da diese in einem metrischen System vorliegt.


Zur Erfassung von unterirdischen Bewegungsräumen ohne vorhandene Gebäudepläne oder Geodaten wurden verschiedene Erhebungsmethoden in unterirdischen Räumen wie einem Korridor, einem Seminarraum, einem Lager und einer Tiefgarage getestet. Dabei kamen die Mixed-Reality-Brille HoloLens 2, welche präzise 3D-Modelle erstellt sowie die LiDAR-basierten iOS-Apps 3D-Scanner-App und MagicPlan zum Einsatz. Dabei konnten im Seminarraum mit allen getesteten Methoden, im Korridor nur mit den beiden LiDAR-Apps, im Lager nur mit der 3D-Scanner-App und in der Tiefgarage mit keiner der getesteten Methoden 3D-Modelle generiert werden. Erfassungsprobleme mit der HoloLens 2 sind auf komplexe Geometrien, metallene Oberflächen und den verwendet Workflow, bei MagicPlan hauptsächlich auf komplexe Geo-metrien sowie metallene Oberflächen und bei allen getesteten Methoden auf die Raumgröße zurückzuführen, da in großen Räumen (>100 m²) Scans nach einer gewissen Zeit abbrechen oder unvollständig sind und Akkuleistung sowie Reichweite der Geräte überfordert werden. Die getesteten Methoden sind daher für die Erfassung kleiner bis mittelgroßer Räume mit einfachen Geometrien geeignet, wobei LiDAR-Apps in solchen Fällen effektiver sind als die HoloLens 2. Anschließende Versuche eine Tiefgarage mit einem Laser-Entfernungsmessgerät zu vermessen und anschließend mit der Software 3D-Grafiksoftware Blender zu modellieren produzierten keine brauchbaren Ergebnisse. Um die Qualität der erstellten 3D Modelle zu validieren, wurden diese mithilfe der quelloffenen 3D-Engine Unreal Engine 5, sowie der VR-Brille Meta Quest 3 teilweise innerhalb einer virtuellen Realität dargestellt.
Erhobene Daten wurden als 3D-Modelle aufbereitet und erfolgreich in das Führungsinformationssystem der Theresianischen Militärakademie integriert, wo diese Informationen von Einsatzkräften genutzt werden können. Es wurde ein Standard-Ablauf für die Datenmigration festgelegt, wie unterschiedliche Ursprungsdaten in einem CAD-System vereinheitlicht werden und in das Unity-Zielsystem überführt werden können.
Die Erhebung großer Teile der öffentlichen Infrastruktur ist über öffentlich zugängliche Quellen möglich, jedoch mit hohem Aufwand verbunden. Eine Vollerhebung für das Österreichische Bundesheer ist nur sinnvoll, wenn öffentliche Stellen ihre Daten bereitstellen können. Davor müssen gesetzliche und behördliche Voraussetzungen sowie Maßnahmen für den Umgang mit klassifizierten Daten geklärt werden. Für eine österreichweite Erhebung ist die Kombination aus der Extraktion zentraler Informationen aus CAD-Plänen plus der Ergänzung mit Rapid Prototyping die vielversprechendste Methode.