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IEA UsersTCP SLA 2.0

IEA UsersTCP SLA 2.0: Inklusive und gemeinschaftsorientierte Ansätze für eine soziale Lizenz zur Automatisierung

Programm / Ausschreibung Energie- u. Umwelttechnologien, Energie- u. Umwelttechnologien, IEA (EU) Ausschreibung 2022 Status laufend
Projektstart 01.11.2022 Projektende 31.10.2024
Zeitraum 2022 - 2024 Projektlaufzeit 24 Monate
Keywords Demand Side Management, Automatisierung, Gender, Energiegemeinschaften, Akzeptanz

Projektbeschreibung

Die Energiewende stellt eine zentrale Herausforderung auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft dar, die im Kontext aktueller Engpässe in der Energieversorgung und damit verbundenen Preisanstiegen an Dringlichkeit weiter zugenommen hat. Eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energie ist entsprechend nicht nur für die Bekämpfung des Klimawandels, sondern auch für eine Normalisierung des Preisniveaus ohne Rückschritte durch vermehrtes Zurückgreifen auf fossile Brennstoffe kritisch. Endnutzer:innen spielen eine zentrale Rolle in diesem Prozess, denn nur über ein engeres Zusammenspiel zwischen Verfügbarkeit und Verbrauch lässt sich die Netzstabilität bei einem hohen Anteil an erneuerbarer Energie verlässlich aufrechterhalten. Zudem sind Endnutzer:innen derzeit auf das Thema Energieverbrauch besonders sensibilisiert. Entsprechend bietet die aktuelle Krise auch eine Chance, einen größeren Anteil der Bevölkerung zu erreichen.
Automatisierte und teilautomatisierte Lösungen versprechen Unterstützung bei der Anpassung von Energienutzung, sind jedoch derzeit häufig auf Nutzer:innen als homogene Gruppe ausgerichtet, ohne Unterschiede in Motivation und Flexibilitätspotenzial ausreichend zu berücksichtigen. Entsprechend häufig ist die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Lösungen eingeschränkt, da Zweifel zu Vertrauenswürdigkeit und Angst vor Kontrollverlust verunsichernd wirken.
SLA 2.0 adressiert diesen Bedarf über drei parallele, inhaltlich verbundene Ansätze:
[1] Im Rahmen des Projekts erfolgt eine umfassende Analyse der Rolle von Gender- und Diversitätsfaktoren in Bezug auf Motivation und bestehenden Flexibilitätspotenziale. Darauf basierend werden gender- und diversitätssensible individuelle und kollektive Engagement- Ansätze identifiziert, die dabei unterstützen können, diversere Nutzer:innengruppen zu erreichen und entsprechend ihrem Flexibilitätspotenzial in Automatisierungsprogramme einzubinden. Die Ergebnisse zu diesem Prozess werden in einem Framework zu Gender- und Diversitätsfaktoren bei Verbrauchsflexibilität und assoziierten Engagement-Ansätzen zusammengefasst und mit internationalen Ergebnissen ergänzt bzw. diesen gegenübergestellt.
[2] Parallel wird analysiert, wie unterschiedliche Formen von Energiegemeinschaften in Anbetracht eingesetzter Technologien und sozialer Kontexte die Akzeptanz von automatisiertem Demand Side Management (DSM) unterstützen können. Dabei wird durch die Einbindung von Stakeholder:innen insbesondere auf die Rollen unterschiedlicher eingebundener Akteur:innen und deren Beitragspotenziale zu einer Sozialen Lizenz geachtet. Die Ergebnisse bieten einen Überblick zu identifizierten Clustern der gemeinschaftlichen Energiekonzepte und eine qualitative Bewertung der identifizierten Flexibilitätspotentiale und möglichen Aspekte, die zur Unterstützung einer Sozialen Lizenz zum Automatisieren beitragen.
[3] Ergänzt und unterstützt werden beide Aktivitäten durch eine statistische Analyse von Verbrauchsprofilen, in denen zentrale demographische Marker für unterschiedliche Konsummuster identifiziert und hinsichtlich unterschiedlicher Flexibilitätspotenziale analysiert werden. Zudem werden durch eine konsolidierte Bewertung von Lastprofildaten Kriterien zur Datenqualität für die Identifikation von Flexibilitätsprofilen erarbeitet, wodurch zukünftige Forschungsaktivitäten sowie die Entwicklung von zielgruppenspezifischen Lösungen unterstützt werden.
Aufbauend auf den nationalen und internationalen Ergebnissen werden abschließend stakeholder:innenspezifische Handlungsempfehlungen zur Einbindung diverserer Nutzer:innengruppen und einer gezielten Nutzung von Energiegemeinschaftskonzepten im Rahmen von automatisiertem DSM formuliert.
Durch geopolitische Krisen bedingte Herausforderungen bei der Energieversorgung und stark ansteigende Energiekosten hat sich die Dringlichkeit erhöht, innovative Lösungen zu identifizieren, die das Potenzial haben, Versorgungssicherheit und Leistbarkeit sicherzustellen und dabei Sicherheit, Transparenz und Stabilität an Nutzer:innen zu vermitteln und diese erfolgreich einzubinden. SLA 2.0 trägt hier durch die dargestellten Aktivitäten und den darauf aufbauenden Empfehlungen für Stakeholder:innen, gesellschaftliche Akteur:innen und Entscheidungsträger:innen zur Lösung bei.

Abstract

The energy transition presents one of the most prominent challenges on the path to a sustainable future, which has become even more urgent in the context of current shortages in energy supply and associated price increases. Increasing the share of renewable energy is critical not only for combating climate change, but also for normalizing price levels without regressing by resorting to fossil fuels. End-users play a critical role in this process, because only a closer coordination of energy availability and consumption can reliably maintain grid stability with a high share of renewable energy. Moreover, end users are currently particularly sensitized to the issue of energy consumption and the current crisis offers an opportunity to reach a broader share of the population with the need for more conscious consumption pattern.
Automated and semi-automated solutions promise support in adapting energy use but are currently often geared to users as a homogeneous group, failing sufficiently take differences in motivation and flexibility potential into account. Accordingly, the social acceptance of such solutions is often limited because doubts about trustworthiness, protection of consumers' interests and fear of loss of control lead consumers to hesitate.
SLA 2.0 addresses this need via three complementary and interrelated approaches:
[1] Within the project, a comprehensive analysis of the role of gender and diversity factors in relation to motivation and existing flexibility potentials is conducted. Based on this, gender- and diversity-sensitive individual and collective engagement approaches will be identified to support reaching more diverse user groups and integrating them into automation programs according to their flexibility potential. The results of this process will be summarized in a framework on gender and diversity factors in consumption flexibility and associated engagement approaches, and will be complemented and contrasted with international insights.
[2] In parallel, we analyze how different types of energy communities can support the adoption of automated demand side management (DSM) in the light of deployed technologies and social contexts. Special attention is paid to the roles of different involved actors and their contribution potentials to a social license. The results provide an overview of identified clusters of energy community concepts and an assessment of the potentials and possible forms of support for a social license to automate through the involvement of stakeholders and users.
[3] Both activities are complemented and supported by a statistical analysis of consumption profiles in which key demographic markers for different consumption patterns are identified and analyzed with regards to different flexibility potentials. In addition, data quality criteria for the identification of flexibility profiles will be developed through a consolidated evaluation of load profile data, which will provide support for future research activities as well as approaches of target group-specific solutions.
Based on these results, stakeholder-specific recommendations for reaching and involving diverse user groups and the targeted use of energy community concepts in the context of automated DSM will be formulated, incorporating national and international findings.
Geopolitical crises, energy supply challenges, and soaring energy costs have increased the urgency to identify innovative solutions that have the potential to ensure security of supply and affordability while providing security, transparency, and stability to users and engaging them successfully. SLA 2.0 contributes to the solution through the activities outlined above and recommendations for stakeholders, societal actors and decision makers based on them.

Endberichtkurzfassung

Die Ergebnisse des Projekts SLA2.0 zur Rolle von Gender- und Diversitätsfaktoren in Verbrauchsflexibilität zeigen, dass Alter, Einkommen und Geschlechterrollen mit Haushaltsverantwortlichkeiten und mentale Belastung, besonders in Bezug auf Frauen, eine wichtige Rolle für die Bereitschaft zur Flexibilisierung spielen. Entwickelte Technologien richten sich oft eher an Männer, wohlhabendere Haushalte haben durch Technologien wie Elektrofahrzeuge und Solaranlagen größere Flexibilität, während einkommensschwache und ältere Gruppen auch in Bezug auf Energiekompetenz und digitale Kompetenz auf Barrieren stoßen. Die Ergebnisse der Fallstudienanalyse wurden in ein Flexibilitätsframework übersetzt und zeigen die folgenden Bereitschaften und Fähigkeiten zu Flexibilität:


Frauen sind eher zu manueller Lastverschiebung bereit, zeigen verstärkt eine soziale Befähigung dazu und sind eher durch soziale und Umweltargumente motiviert, während Männer eher Interesse an automatisierter Lastverschiebung, eine technologiebasierte Fähigkeit und finanzielle und technologiebedingte Motivationen aufweisen.
Jüngere und ältere Personen sind eher flexibilitätsbereit, jüngere auch eher bereit zur Akzeptanz externer Kontrolle, während ältere diese vermehrt ablehnen. Technologisch und sozial bedingte Fähigkeit ist verstärkt von Elternschaft beeinflusst, die vor allem die soziale einschränkt, die technologische aber fördern kann und auch bereitschaftsfördernd wirkt.
Sowohl höhere als auch niedrigere Einkommen können sich bereitschaftsfördernd auswirken, wobei bei niedrigem Einkommen finanzielle Motive zentral im Vordergrund stehen. Höhere Einkommen wirken sich zudem positiv auf die Fähigkeit zu Flexibilität (technologisch und sozial) aus. Besitztum von EVs oder Einfamilienhäusern spielt hier eine zentrale Rolle und fördert Bereitschaft, Akzeptanz externer Kontrolle bei Hausbesitz mit Prosumer-Technologien, sowie die technologisch bedingte Fähigkeit.


Die im Projektrahmen entwickelte Typologie von Energiegemeinschaften (EGs) bildet insgesamt 7 unterschiedliche Dimensionen zur Kategorisierung von EGs ab, die eine Rolle für die Unterstützung in der Formung einer sozialen Lizenz zum Automatisieren bilden. Wichtige Aspekte sind dabei


Initiierungsmodi, beteiligte Akteur:innen und Entscheidungskompetenzen innerhalb der EGs, die die soziale Akzeptanz beeinflussen
Finanzierungsmodelle, welche die Kontrolle über Energiequellen bestimmen
Werteversprechen, wodurch gemeinsam Werte und Vertrauen aufgebaut werden
Governance-Strukturen und Verwaltung der Energieressourcen zur Kostenverteilung, die Legitimität und Fairness beeinflussen.


Die Analyse der Fallstudien zeigte, dass Energiegerechtigkeit im Rahmen von EGs vor allem für Verteilungsgerechtigkeit steht, wobei sich Projekte im globalen Norden auf Kostenminimierung und finanzielle Gerechtigkeit konzentrieren, während im Globalen Süden faire Zahlungspläne und demokratische Teilhabe wichtiger sind. Soziales Kapital, insbesondere durch Schulungen und Arbeitsplatzschaffung, war entscheidend für den Erfolg von EGs. Gemeinschaftsermächtigung und direkte Beteiligung steigern die soziale Akzeptanz, insbesondere durch transparente Kommunikation und demokratische Entscheidungsfindung. Politische Unterstützung und die Akzeptanz erneuerbarer Technologien sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung

Die Analyse von Verbrauchsprofilen zur Identifikation von Flexibilitätsmarkern zeigte, dass Männer tendenziell einen höheren Basisverbrauch aufweisen, während Frauen im Winter höhere Spitzen zeigen. Jüngere Haushalte und solche mit höherem Einkommen wiesen tendenziell höhere Spitzenverbräuche auf, Haushalte mit Kindern oder mehr Mitgliedern frühere Spitzenzeiten. Technologien wie Wärmepumpen und Solar-PV-Anlagen beeinflussten die Verbrauchsmuster, wobei Wärmepumpen nachts und Solar-PV tagsüber für höhere Verbräuche sorgten. Zukünftige Datenerhebungen sollten detailliertere sozio-demografische Daten und Informationen zur technischen Ausstattung, sowie zu Verbrauchsverhalten erheben, um maßgeschneiderte Demand Side Management Strategien entwickeln zu können.

Basierend auf den Ergebnissen wurde das Konzept der Flexibility Readiness anhand der Dimensionen Kapazität, Fähigkeit und Bereitschaft definiert und die folgenden drei Flexibility Readiness Levels abgeleitet:


Hohe Flexibility Readiness: Haushalte mit höherem Einkommen, Eigenheimbesitzer:innen und technologieaffine Personen (tendenziell eher Männer) zeigen eine höhere Flexibilität und Bereitschaft zur Teilnahme an DSM-Maßnahmen und müssen vorwiegend über passende Narrative und ausreichende Vorteile abgeholt werden.
Mittlere Flexibility Readiness: Haushalte mit Kindern, jüngere Personen und Mietende sind nur eingeschränkt flexibel und brauchen zusätzliche Unterstützung über spezielle Teilnahmemodelle und Technologieförderungen.
Niedrige Flexibility Readiness: Ältere Personen, sowie Haushalte mit niedrigen Einkommen zeigen generell eine geringere Bereitschaft und Fähigkeit und brauchen Bildungsmaßnahmen, die Nutzung lokaler Ressourcen und vermittelnder Personen, sowie spezielle Förderprogramme, die die Teilnahme ohne zusätzlichen finanziellen oder technologischen Aufwand ermöglichen.


Entsprechend sind für inklusives DSM niedrigtechnologische Lösungen und digitale Bildungsangebote, haushaltsweite Bildungsinitiativen, sowie die Unterstützung einkommensschwacher Haushalte mit Subventionen besonders wichtig. Inklusive Energiegemeinschaften erfordern vereinfachte Teilnahmeprozesse und die Inklusion lokaler Akteur:innen, während umfangreicherer Datenerhebungen zur Entwicklung zielgerechterer Teilnahmeangebote zentral sind.