IEA Wind TCP Task 19
IEA Wind TCP Task 19: Windenergie in kalten Klimazonen Siebte Arbeitsperiode (2022 – 2024)
Programm / Ausschreibung | IEA, IEA, IEA Ausschreibung 2021 - BMK | Status | laufend |
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Projektstart | 01.01.2022 | Projektende | 31.03.2025 |
Zeitraum | 2022 - 2025 | Projektlaufzeit | 39 Monate |
Keywords | Windenergie; Cold-Climate; Vereisung; Rotorblattheizung |
Projektbeschreibung
Im Jahresverlauf treten an einer vom Klima des Standortes abhängigen Anzahl von Tagen Wetterbedingungen auf, welche zu Vereisung führen. Etwa 15 % der derzeitigen Windkraftanlagenstandorte in Österreich können als sogenannte "Cold Climate" Standorte mit häufiger und intensiver Vereisung eingestuft werden. Hier stellt die Vereisung eine große Herausforderung sowohl während der Projektierung als auch während des Betriebs der Anlagen dar. Selbst an Standorten in jenen Regionen Ost-Österreichs, in denen ein Großteil der österreichischen Windkraftanlagen in Betrieb ist, treten mehrmals pro Jahr Vereisungsereignisse auf, welche insbesondere in Hinblick auf Sicherheits- und Risikoaspekte zu berücksichtigen sind.
Der Task 19 des IEA Wind TCP setzt sich seit mehr als 15 Jahren mit den vielfältigen Herausforderungen des Betriebs von Windkraftanlagen unter Vereisungsbedingungen auseinander. Das primäre Ziel dieser internationalen Forschungskooperation ist die Sammlung und das Generieren neuer Erkenntnisse durch wechselseitigen Erfahrungsaustausch sowie globale Vernetzung. Dies wird durch die Arbeit an gemeinsamen Projekten und halbjährliche Task Workshops, bei denen nationale Forschungsprojekte präsentiert und diskutiert werden, ermöglicht. Die Ergebnisse der Kooperation werden in Form von Leitfäden mit Best-Practice Beispielen und Empfehlungen für die Realisierung von Windenergieprojekten unter Vereisungsbedingungen publiziert. Diese Dokumente enthalten Empfehlungen hinsichtlich international gültiger Definitionen und Klassifizierungssysteme und dienen als Inputs für Normen und Standards.
Im Zuge des gegenständlichen Projektes werden durch die Energiewerkstatt neben internationalen Vernetzungsaktivitäten und der Arbeit an gemeinsamen Task-Publikationen zwei inhaltliche Forschungsschwerpunkte bearbeitet: Zum einen tritt die Energiewerkstatt die Arbeit als Leiterin eines Subtasks an, der sich mit Rotorblattheizungssystemen unterschiedlicher Bauart und Funktion beschäftigt. Speziell die Effektivität der Enteisung bzw. Verhinderung der Vereisung in unterschiedlichen Betriebsmodi der Blattheizung soll untersucht werden, jeweils in Relation zu Vereisungshäufigkeit und -dauer an den jeweiligen Standorten. Des Weiteren arbeitet die Energiewerkstatt anhand der Datensätze von (für die Windenergie) relevanten Standorten an einer Transferfunktion zur Übertragbarkeit der Vereisungshäufigkeit und -dauer an einem unbeheizten 1st-Class-Schalensternanemometer auf eine unbeheizte WKA.
Um gleichzeitig für einen reibungslosen Knowhow Transfer der internationalen Expertise nach Österreich zu sorgen, fungiert die Energiewerkstatt als nationale Schnittstelle zu den IEA-Aktivitäten. Die internationalen Erfahrungen werden u.a. unter Einbeziehung der IG Windkraft in Österreich verbreitet.
Abstract
Depending on the climate at a site, there are numerous days during the year with weather conditions that lead to icing. About 15 % of current wind turbine sites in Austria can be classified as so-called "Cold Climate" locations with frequent icing. At these locations, icing represents a major challenge, both during the planning phase and later on during operation of the turbines. Even in regions in the Eastern part of Austria, where a majority of the Austrian wind turbines are located, icing events occur multiple times per year. These icing events have to be taken into account, particularly regarding security and risk aspects.
Task 19 of the IEA Wind TCP has been dealing with the manifold challenges of wind power in icing conditions for more than 15 years. The primary target of this international research cooperation is to collect and generate new knowledge through mutual exchange of experience and global networking. This is achieved through biannual task workshops, where national research projects are presented and discussed. The results of the collaboration are published in form of guidelines with best practice examples and recommendations for the realization of wind energy projects at sites with icing conditions. These documents contain recommendations for internationally valid definitions and classification systems and serve as inputs for guide lines and standards.
In the course of the current project Energiewerkstatt will (beside international networking activities and co-working on the common task publications) deal with the two following research topics: On the one hand, Energiewerkstatt will lead a subtask investigating rotor blade heating systems of different design and function. In particular the effectiveness of de-icing or the prevention of icing linked to different operation modes of the blade heating shall be investigated, each in conjunction with the icing frequency and duration at the specific site location. Furthermore, Energiewerkstatt will work with data sets (of for wind energy relevant locations) on a transfer-function for converting the icing frequency and duration of an unheated first class cup anemometer to an unheated wind turbine.
In order to ensure a smooth knowledge transfer of international expertise to Austria, Energiewerkstatt serves as a national interface for the IEA activities. The international know-how will be disseminated in Austria in co-operation with IGW amongst others.
Endberichtkurzfassung
Der European Green Deal der Europäischen Kommission zur Bekämpfung des Klimawandels und Erreichung der Klimaneutralität erfordert einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in allen Mitgliedsstaaten. Auch weltweit werden die Klimaziele ambitionierter und damit verbunden die Ausbauziele für die Windenergie. In vielen Staaten mit ausgeprägtem Winterklima bedeutet dies die Planung und den Betrieb von Windkraftanlagen (WKA) an Standorten mit erheblichem Vereisungspotenzial.
Der Task 54 des IEA Wind TCP (ehemals Task 19) setzt sich seit mehr als 20 Jahren mit den vielfältigen Herausforderungen der Planung und des Betriebs von WKA unter Vereisungsbedingungen auseinander. Das primäre Ziel dieser internationalen Forschungskooperation ist die Sammlung und das Generieren neuer Erkenntnisse durch wechselseitigen Erfahrungsaustausch sowie globale Vernetzung. Die Energiewerkstatt fungierte hierbei als nationale Schnittstelle zu den IEA-Aktivitäten im Task 54, um für einen reibungslosen Knowhow-Transfer der internationalen Expertise nach Österreich zu sorgen.
In Bezug auf die Kernkomponente beim Betrieb heutiger WKA unter Vereisungsbedingungen übernahm die Energiewerkstatt die Leitung eines Subtasks, der sich mit dem Performance Envelope von Rotorblattheizungssystemen auseinandersetzte. Im Mittelpunkt der Arbeiten stand dabei die Entwicklung einer Modellierung des Performance Envelopes unter Berücksichtigung der Rotorblattdimensionen, der Heizleistung des Rotorblattheizungssystems und den meteorologischen Umgebungsbedingungen in Form von Umgebungstemperatur, Windgeschwindigkeit sowie dem Wassergehalt der Luft (Liquid Water Content, LWC). Das Modell berechnet eine Grenzkurve bis zu derer die Heizleistung ausreicht, um die beheizte Fläche des Rotorblatts auf eine konstante Temperatur zu erwärmen, z. B. 0°C. Diese Grenzkurve stellt den sog. Performance Envelope des Rotorblattheizungssystems dar. Daran anknüpfend wurde zum einen eine Datenbank erstellt, die beispielhafte Zeitreihen von Vereisungsereignissen unterschiedlicher Weltregionen beinhaltet, die wiederum in das Modell eingespeist werden können. So lassen sich die regionalen Unterschiede im Vereisungsgeschehen wie auch die resultierende Leistungsfähigkeit von Rotorblattheizungssystemen in spezifischen Regionen darstellen. Zum anderen wurde eine Methodik zur Validierung von Rotorblattheizungssystemen entwickelt, die es anhand von Infrarotkamera-basierten Temperaturmessungen der Blattoberfläche unter Hinzunahme der Modellierung des Performance Envelopes ermöglichen soll, die Leistungsfähigkeit des Systems im Feld nachzuweisen. Zielsetzung der erarbeiteten Tools und Prozesse ist die Beförderung einer Standardisierung, die es zukünftig ermöglicht, die eingesetzten Systeme unterschiedlicher Hersteller in den verschiedenen Phasen der Projektentwicklung und des Betriebs besser bewerten und vergleichen zu können.
Die Energiewerkstatt erarbeitete des Weiteren eine Transferfunktion zur Übertragung der standortspezifischen instrumentellen Vereisungsdauer auf potentielle Vereisungszeiträume einer räumlich nahegelegenen WKA. Für eine Auswahl an Standorten, für die zeitgleiche Zeitreihen von Betriebsdaten unbeheizter WKA und Messdaten von unbeheizten 1st-Class-Anemometern vorlagen, wurden die Windmessdaten sowie die WKA-Betriebsdaten hinsichtlich der aus ihnen jeweils ableitbaren Vereisungszeiträume evaluiert. Für die Korrelation, Gegenüberstellung und statistische Auswertung in Hinblick auf eine mögliche Transferfunktion zwischen Anemometer- und WKA-Vereisung wurde u. a. ein logistisches Regressionsmodell zur qualitativen Bewertung der identifizierten Zusammenhänge genutzt. Die Ergebnisse belegen, dass eine direkte Anwendung der ermittelten Verhältniszahlen auf einzelnen Vereisungsperioden und auf spezifische Anlagen nicht möglich ist. Das statistische Gesamtergebnis ist jedoch von großer Relevanz, da es die bisher gängig in der Praxis verwendete und intuitive Annahme, dass die Vereisungszeiträume der Rotoren einer WKA ohne Rotorblattheizung in einer ähnlichen Größenordnung, wie die der instrumentellen Vereisung einer nahegelegenen Windmessung mit Schalenanemometer liegen, bestätigt.
Weitere Themenschwerpunkte der vergangenen Task-Periode lagen auf Vergleichsmessungen in Vereisungswindkanälen, dem Einfluss von Vereisung auf die Geräuschemissionen von WKA sowie den Auswirkungen der Windenergieproduktion unter Vereisungsbedingungen auf den Elektrizitätsmarkt.
Die Ergebnisse zu Vergleichsmessungen in Vereisungswindkanälen leisten einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu standardisierten Untersuchungsbedingungen für angewandte Forschung und die Produktentwicklung in der Windbranche. Technologien, die zur Erfassung und Bekämpfung/Vermeidung von Vereisung entwickelt werden müssen unter repräsentativen Vereisungsbedingungen getestet werden. Da Untersuchungen im Feld oft mit großen Aufwand verbunden sind und die dortige Vereisungsbedingen nur schwer vorhersagbar, sind Vereisungswindkanäle in dieser Hinsicht von zentraler Bedeutung.
Die im Task gesammelten Erkenntnisse zum Einfluss von Vereisung auf die Geräuschemissionen von Windkraftanlagen sind ein wichtiger Startpunkt für weitere Forschungsarbeit auf diesem Gebiet. Aufgrund eines stetig wachsenden Anteils an Windenergieerzeugung in vereisungsgefährdeten Regionen rücken die Projektstandorte kontinuierlich näher an besiedelte Gebiete heran. Ein zentrales Beurteilungskriterium für die Umweltverträglichkeit eines Projekts in Bezug auf sich in der Umgebung befindliche Siedlungen ist die von den Anlagen dort einlangende Geräuschimmission. Neben der unmittelbaren Entfernung und der ebenfalls stetig wachsenden Größe der zum Einsatz kommenden Anlagen, kann auch der Veränderung der Geräuschemissionen durch Vereisung der Rotorblätter in dieser Hinsicht zukünftig eine größere Bedeutung zukommen.
Nicht zuletzt wurden innerhalb des Tasks auch die Auswirkungen der Windenergieproduktion unter Vereisungsbedingungen auf den Elektrizitätsmarkt diskutiert und Erkenntnisse dazu präsentiert. Der stetig wachsende Anteil an Erzeugungskapazität an Standorten mit relevanten Vereisungsintensitäten in Verbindung mit den immer volatiler werdenden Verhältnissen am (europäischen) Strommarkt führen zu einem großen Bedarf an Strategien zur vorausschauenden Betriebsführung von Windparks in Bezug auf Anlagenvereisung. Selbst im Fall des Weiterbetriebs unter Vereisungsbedingungen gilt es die Steuerung der Anlagen und die Vorhersage der Verfügbarkeit und Leistungsausbeute zu verbessern. Nicht zuletzt, da die Kosten für Regel- und Ausgleichsenergie in den vergangenen Jahren extrem angestiegen und einer großen Volatilität unterlegen sind, sodass die Aufwände für den Ausgleich fehlender Produktion die entgangenen Einnahmen teils um ein Vielfaches übersteigen.