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Symul8

Symbiotische Simulationsplattform zur Anpassung der verkehrlichen Regelungen für das automatisierte Fahren

Programm / Ausschreibung Mobilität der Zukunft, Mobilität der Zukunft - Transnational, DACH 2020 Status abgeschlossen
Projektstart 01.10.2020 Projektende 30.09.2022
Zeitraum 2020 - 2022 Projektlaufzeit 24 Monate
Keywords Verkehrsflusssimulationsplattform; Fahrverhaltensmodellierung; Einzelfahrzeugdaten; Automatisierte Fahrfunktionen mit C-ITS Kommunikation; Simulations-Szenariomanager

Projektbeschreibung

Weltweit wird intensiv an der Entwicklung automatisierter Fahrzeuge gearbeitet. Dieser disruptiven Technologie werden viele potentiell positive Wirkungen attestiert: Die Automatisierung von Fahrzeugen soll ein Wegbereiter für neue Dienstleistungen (MaaS) sein, Transportkosten senken, neue Lösungen für die steigende Mobilitätsnachfrage bieten, die Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit von Verkehrsnetzen verbessern sowie bei der Erreichung unserer Klimaziele unterstützend auftreten. Neben den technologischen und organisatorischen Entwicklungen müssen auch erforderliche Änderungen und eine Anpassung der verkehrlichen Regelungen für das automatisierte Fahren mitgedacht werden. Hier bieten Simulationsmodelle die Möglichkeit kostengünstig die Auswirkungen unterschiedlicher Ausgestaltungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zu evaluieren.
Aus diesem Anlass werden in Symul8 Analysen, Erkenntnisse und Entscheidungshilfen auf Basis einer modular aufgebauten Verkehrsflusssimulationsplattform erarbeitet, welche eine Anpassung bestehender rechtlicher Regelungen bzw. eine Erschaffung neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen für den Individualverkehr mit dem Fokus auf das automatisierte Fahren ermöglicht. Zudem wird die Berücksichtigung von Einzelfahrzeugdaten für die Kalibrierung von Verkehrsflussmodellen sowie eine Integration von Umfeld- und Witterungseinflüssen in der Gesamtkonzeption von Symul8 verankert. Die Gesamtkonzeption besticht durch eine freie Konfigurierbarkeit der Simulationseinstellungen in folgenden Modulen:
- Infrastrukturauswahl (typischer Infrastruktursegmente des hochrangigen Straßennetzes entsprechend einer aufgebauten DACH-Infrastrukturvergleichsmatrix)
- Konfigurierbarkeit der Durchdringungsraten automatisierter Fahrzeuge unterschiedlicher Automatisierungsstufen im Mischverkehr
- Konfigurierbarkeit der Verkehrseingangskenngrößen (Verkehrsstärken, Zuflussverteilungsverhältnis an Anschlussstellen, Geschwindigkeitsverteilung, Fahrzeugzusammensetzung, etc.)
- Konfigurierbarkeit von Fahrzeugparametern aus semiautomatisierter Einzelfahrzeugdaten-Analyse (Zeitlücken, Vorausschauweite, Fahrstreifenwechselverhalten, kooperative Spurwechsel, etc.)
- Konfigurierbarkeit rechtlicher Rahmenbedingungen (Geschwindigkeitslimit, Vorrangregelung, Überholverbot, Rechtsfahrgebot, Reißverschlusssystem, etc.)
- Konfigurierbarkeit von Umfeld- und Witterungsverhältnissen (Sensor- sowie Fahrverhaltensbeeinflussung)
- Integration digitaler Infrastruktur (C2X Kommunikation)
Die symbiotische Simulationsplattform in Symul8 vereint dabei zwei international anerkannte Verkehrsflusssimulationsmodelle (PTV VISSIM und SUMO) mit dem Ziel, dadurch die folgenden acht neuralgischen Forschungsfragen vollumfassend beantworten zu können:
- Welche Verkehrssimulationsverfahren ermöglichen die in der Folge gestellten Fragestellungen auf Basis von Einzelfahrzeugdaten und deren Fahrzeugtrajektorien zu beantworten?
- Welche Erweiterungen bzw. Änderungen sind im Allgemeinen bzw. konkret für einen Prototyp erforderlich?
- Welchen Einfluss haben automatisierte Fahrzeuge auf die Verkehrseffizienz und Verkehrssicherheit auf typischen Autobahnabschnitten?
- Wie ist der Einfluss des Automatisierungsgrades im Mischverkehr auf die erforderlichen rechtlichen Regelungen?
- Welche Regelungen für das Testen von automatisierten Fahrzeugen sind zur Verifizierung von Annahmen und Datengrundlagen erforderlich?
- Welche Anpassungen bzw. Änderungen der Infrastruktur sind fördernd bzw. erforderlich?
- Welche Vorgaben bzw. Voraussetzungen müssen automatisierte Fahrzeuge erfüllen, um den Verkehr sicherer und effizienter abzuwickeln?
- Sind quantitative Aussagen über die Wirkung auf Verkehrssicherheit und -effizienz in Abhängigkeit des Automatisierungsgrades möglich?

Abstract

The development of automated vehicles is a main issue in the field of traffic and transportation worldwide. This disruptive technology has a high potential of revealing many positive effects: The automation of vehicles should lead the way for new services (MaaS), reduce transport costs, offer new solutions for increasing mobility demand, improve traffic safety and the performance of transport networks, and help to achieve our climate goals. In addition to technological and organizational developments, necessary changes and adjustments of traffic regulations for automated driving must also neatly be considered. Simulation models offer a cost-effective opportunity to assess the effects of different legal frameworks.
In Symul8, decision-making contributions are developed on the basis of a modular traffic flow simulation platform, which enables an adaptation of existing legal regulations or likewise the creation of new legal framework conditions for individual traffic with a focus on automated driving. In addition, the consideration of single vehicle data for the calibration of traffic flow models and the integration of environmental and weather influences is anchored in the overall concept of Symul8. The overall concept offers the possibility that simulation settings can be freely configured by setting up the following modules:
- Infrastructure selection (typical infrastructure segments of the high-level road network according to an infrastructure comparison matrix of the DACH-countries)
- Configurability of the penetration rates of automated vehicles for different automation levels in mixed traffic conditions
- Configurability of traffic input parameters (traffic volumes, inflow distribution ratio at connectors, speed distribution, vehicle composition, etc.)
- Configurability of vehicle parameters from semi-automated single vehicle data analyses (time gaps, foresight, lane change behaviour, cooperative lane change, etc.)
- Configurability of the legal framework (speed limit, priority regulation, prohibition of overtaking, obligation to drive on the right, zip merging system at bottlenecks and at connector road segments, etc.)
- Configurability of environmental and weather conditions (influencing sensors and driving behaviour)
- Integration of digital infrastructure (C2X communication)
The symbiotic simulation platform in Symul8 combines two internationally recognized traffic flow simulation models (PTV VISSIM and SUMO) with the aim of being able to fully answer the following eight critical research questions:
- Which traffic simulation processes enable the questions posed below to be answered on the basis of individual vehicle data and their vehicle trajectories?
- Which extensions or changes are generally or specifically required for a prototype?
- What influence do automated vehicles have on traffic safety and efficiency on typical motorway sections?
- What is the impact of the degree of automation in mixed traffic on the required legal regulations?
- Which regulations for testing automated vehicles are required to verify assumptions and data bases?
- Which adjustments or changes to the infrastructure are supportive or necessary?
- What requirements or requirements must automated vehicles meet in order to handle traffic more safely and efficiently?
- Are quantitative statements about the effect on traffic safety and efficiency possible depending on the degree of automation?

Endberichtkurzfassung

Hintergrund des Projektes Symul8 war die Berücksichtigung von automatisierten Fahrfunktionen in der Verkehrsflusssimulation, um die zukünftigen Auswirkungen auf den Verkehrsfluss ermitteln und in weiterer Folge Adaptierungen bei rechtlichen und/oder infrastrukturellen Rahmenbedingungen rechtzeitig einleiten zu können. Das Kernziel von Symul8 war somit die Spezifikation und der Aufbau einer modularen Simulationsplattform , welche zwei international anerkannte Verkehrsflusssimulationsmodelle (PTV VISSIM und Eclipse SUMO) integriert und Einzelfahrzeugdaten und -verhalten in der Modellbildung und Kalibrierung berücksichtigt. Auf Basis der Verkehrssimulationen können Daten, Erkenntnisse und Entscheidungshilfen zur Anpassung bestehender rechtlicher Regelungen und zur Erschaffung neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen für den Individualverkehr geliefert werden, wobei hier nationale Unterschiede der rechtlichen Rahmenbedingungen ihr Berücksichtigung finden sollen.

Die Etappenziele des DACH-Projektes Symul8 konnten allesamt vollständig erreicht werden und bilden somit die wichtigsten Ergebnisse, welche wie folgt gegliedert werden können:


Erarbeitung einer länderspezifischen Rechts- und Infrastrukturvergleichsmatrix , um nationale Unterschiede insbesondere im DACH Raum gebührend in der Modellbildung berücksichtigen zu können.
Auswahl typischer Infrastruktursegmente des hochrangigen Straßennetzes auf Basis der Infrastrukturvergleichsmatrix, um für generische und richtlinienkonforme Streckenabschnitte Verkehrsanalysen durchführen zu können.
Modellierung automatisierter Fahrfunktionen unterschiedlicher Automatisierungsstufen für unterschiedliche Fahrzeugkategorien, um insbesondere die verkehrlichen Effekte in frei definierbaren Mischverkehrs-Szenarien quantifizieren zu können.
Akkumulation von bestehenden und neu zu messenden Einzelfahrzeugdaten, um in der Modellkalibrierung nicht nur länderspezifisch unterschiedliches Fahrverhalten abbilden zu können, sondern auch den Einfluss von Wetter- und Witterungsverhältnisse.
Berücksichtigung der Einzelfahrzeugdaten für die Kalibrierung und Parametrisierung von Verkehrsflussmodellen, um bereits im Basisfall ohne automatisierten Fahrzeugen innerhalb der Simulation das reale Fahrverhalten möglichst genau nachbilden zu können.
Analyse von Umfeld- und Witterungseinflüssen auf den Verkehrsablauf, um eine Verschneidung der Wetterdaten und des dadurch beeinflussten Verkehrszustand analysierbar zu machen.
Integration von Umfeld- und Witterungseinflüssen in der Simulationsplattform durch Korrektur-Parameter, um kapazitätsrelevante Effekte durch exogene Einflüsse in der Modellbildung berücksichtbar zu machen.
Berücksichtigung einer möglichen Integration digitaler Infrastruktur in der Simulationsumgebung, um hinsichtlich der Implementierung automatisierter Fahrzeuge innerhalb der Simulationsplattform unterstützende Informationen in der Trajektorienwahl der Fahrzeuge bereitstellen zu können.
Gliederung verkehrlicher Kennwerte der Verkehrseffizienz und Verkehrssicherheit und darauf basierende Bestimmung von Key Performance Indicators für quantitative Aussagen hinsichtlich Verkehrssicherheit und -effizienz, um auch den Einfluss der Änderungen von rechtlichen Rahmenbedingungen analysierbar zu machen.
Erarbeitung von Auswerteroutinen zur grafischen und tabellarischen Aufbereitung von Simulationsergebnissen, um automatisierte Auswertungen im Nachgang an die Simulationsläufe zu ermöglichen und damit eine schnelle Analyse des Verkehrsablaufs sicherzustellen.
Übergabe der Simulationsplattform und integrierten Auswerteroutinen inkl. Source Code zur Verwendung und Erweiterung der Simulationsplattform, um eine Weiterentwicklung der modular aufgebauten Simulationsplattform zu erleichtern.
Anhand der im Projekt generierten Analysen sollen Empfehlungen für gesetzliche Regelungen für die Etablierung automatisierten Fahrens ermöglicht werden, um die Etablierung automatisierten Fahrens anhand einer sicheren, simulationsgestützten Umgebung maßgeblich unterstützen zu können.


Im Projekt Symul8 wurde demnach eine modular aufgebaute, erweiterbare und automatisierte Verkehrsflusssimulationsplattform auf Basis von Einzelfahrzeugdaten kalibriert und erarbeitet und dient zur Unterstützung der Anpassung der verkehrlichen Regelungen für das automatisierte Fahren im Mischverkehr. Anhand der Symul8-Simulationsplattform können die Auswirkungen künftiger automatisierter Fahrfunktionen auf Verkehrseffizienz und -sicherheit bereits in der frühen Entwicklungsphase von automatisierten Fahrfunktionen bewertet werden. Hierbei wurden automatisierte Auswerteroutinen und grafische Visualisierungen innerhalb des symbiotischen Simulationsframeworks programmiert und umgesetzt. Damit adressiert Symul8 mit dem Ansatz der modular aufgebauten und automatisierten Simulationsplattform sowohl Fahrzeugentwickler, Straßen- und Infrastrukturbetreiber als auch Verkehrsplaner und ermöglicht ein breites Anwendungsgebiet bei der Beantwortung spezifischer Forschungsfragen hinsichtlich eines infrastrukturellen und strategischen Verkehrs-managements unter Berücksichtigung automatisierten Fahrens.

Mit der innerhalb Symul8 entstandenen, modular erweiterbaren Simulationsplattform konnte schlussendlich ein Tool erarbeitet werden, welches langfristig bei der strategischen Implementierung von automatisierten Fahrzeugen genutzt werden kann. Dieser Innovationsgehalt ermöglicht einen enormen Wissensvorsprung und bildet somit zusammenfassend wohl das zentralste und wichtigste Ergebnis des vorliegenden DACH-Projektes.