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PowerPack Immo II

Technische Konzepte und Handlungsempfehlungen für den energieflexiblen Betrieb von Gebäuden

Programm / Ausschreibung BASIS, Basisprogramm, Budgetjahr 2020 Status abgeschlossen
Projektstart 01.07.2020 Projektende 30.09.2021
Zeitraum 2020 - 2021 Projektlaufzeit 15 Monate
Keywords

Projektbeschreibung

Im Vergleich zu den meisten Wirtschaftszweigen zeigen die Bau- und Immobilienbranche in den vergangenen 40 Jahren eine langsame Produktivitätsentwicklung. Dies ist vorwiegend auf eine schleppende Einführung der integrierten Planung sowie der prozessübergreifenden Digitalisierung zurückzuführen. Allerdings ist zu erwarten, dass dank der Digitalisierung im Bau- und Gebäudesektor die starke Fragmentierung der einzelnen Gewerke und Lebenszyklusphasen überwunden werden kann. Zu den Instrumenten der Produktivitätssteigerung gehören, beispielsweise, der digitale Planungsprozess Building Information Modelling (BIM) sowie die Nutzung des digitalen Gebäudezwillings für integrierte Planung und späteres Betreiben – hier auch im Facility Management.
Neben dem Bausektor ändern sich auch die technisch-regulatorischen Rahmenbedingungen im Energieversorgungssektor rasant. Sinkende Preise für Photovoltaik (PV) und Batteriespeicher (BSS), stark fluktuierende Strompreise bedingt durch volatile, erneuerbare Energieerzeuger, neue Handelsmöglichkeiten auf Basis von Blockchain-Technologie und veränderte regulatorische Rahmenbedingungen wie Mieterstrommodelle oder „local energy communities“ machen es den traditionellen Akteuren zunehmend schwer, sich auf die kommenden Anforderungen einzustellen.
Dies führt dazu, dass das Facility Management bei der technischen Betriebsführung eines Gebäudes direkt mit den Auswirkungen dieser Entwicklungen konfrontiert ist – meist ohne diese beeinflussen oder steuern zu können. Daher ist es für die Branche wichtig, die Herausforderungen frühzeitig zu erkennen, und sich mit den neuen Möglichkeiten und Handlungsoptionen vertraut zu machen.
Unter Berücksichtigung vorstehender Faktoren ist die Vermarktung der Flexibilität, die von Gebäuden bereitgestellt werden kann, gegenwärtig eines der wesentlichen Themen für die Betreiber. Mit Flexibilität ist die Fähigkeit eines Gebäudes gemeint, Energie zu speichern und sie dann abzugeben, wenn wirtschaftlich, ökologisch oder zum Beispiel aus Behaglichkeitsgründen ein optimaler Zeitpunkt dafür besteht.
Gebäude als Energiespeicher unterstützen die Integration erneuerbarer Energien in das Stromsystem, sowohl in das Stromnetz als auch in den Markt, da häufig Elektroenergie dann preisgünstig angeboten wird, wenn ein hoher Anteil erneuerbarer Energien verfügbar ist. Zumeist werden dafür mehrere Gebäude in Virtuellen Kraftwerken (VPPs) aggregiert.

Das von FFG geförderte Vorgängerprojekt PowerPack Immobilie (Nr 870930) konnte in einer Potentialstudie beachtliche finanzielle Einsparpotentiale zwischen 5-15 % durch die Ausnutzung von Flexibilitätsoptionen aufzeigen. Wenn davon ausgegangen werden kann, dass die technisch notwendigen Komponenten wie Wärmepumpen, Betonkernaktivierung, PV-Anlagen oder auch Elektromobilität zukünftig einen Standard in der Energieerzeugung darstellen, und die dann einzig erforderliche Ergänzung die „intelligente“ Steuerung darstellt, ergeben sich sehr attraktive Amortisationszeiten und Geschäftsmodelle für solche Systeme.

Obwohl bereits viele wissenschaftliche Beiträge zum Thema energieflexible Gebäude geleistet wurden, geht die technische Umsetzung der energieflexiblen Gebäudekonzepte aufgrund der Komplexität und den damit verbundenen Unsicherheiten vergleichsweise schleppend voran. Abgesehen vom Einsatz dezentraler Stromspeicher, existieren aktuell kaum Projekte, in denen die Flexibilität von Gebäuden aktiv genutzt wird.

Zielstellung des Projektes ist es daher, die Anforderungen und konkreten Maßnahmen für die technische Umsetzung und den Betrieb energieflexibler Gebäude anhand von praktischen Beispielen zu beschreiben. In Anlehnung an das Vorprojekt werden die Gebäudetypen Büro, Wohnbau, Gewerbe und Logistik analysiert. Ergänzend werden Schulen als Untersuchungsgegenstand aufgenommen, weil hier die Frage der nachhaltigen Energieversorgung von hohem öffentlichem Interesse ist und Vorzeigecharakter besitzt. Ein Schwerpunkt der Untersuchungen liegt im Gegensatz zum Vorprojekt (FFG 870930) auf dem Gebäudebestand und der entsprechend notwendigen / möglichen Umrüstung auf energieflexiblen Betrieb. Dazu stellen die Projektpartner für die genannten Gebäudetypen reale Messdaten zur Verfügung. Aus diesen heraus werden die Potentiale einer energieflexiblen Betriebsführung aufgezeigt und verallgemeinerbare technische Maßnahmen zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien und einer Reduktion der laufenden Energiekosten erarbeitet.

Im Ergebnis des Projektes entsteht ein klares Leitbild für die FM Branche, wie Gebäude so umgerüstet oder neu geplant werden können, dass deren Flexibilitätspotential ausgenutzt wird. Das Leitbild soll damit noch einmal mehr einen Anreiz für die Erschließung eines neuen Geschäftsfeldes darstellen, der in der Vergangenheit auf Grund hoher technischer Komplexität wenig genutzt wurde.

Im Rahmen des Projektes werden folgende Entwicklungsinhalte erarbeitet:
1. Aufbauend auf den Vorarbeiten und dem Vorgängerprojekt wird eine einführende Übersicht geeigneter energietechnischer Systeme erstellt für Bestand und Neubau.
2. Auf Basis von Messdaten konkreter Demoprojekte werden für die zu untersuchenden Gebäudetypen energiewirtschaftliche Kennzahlen für die Bewertung von Flexibilitätspotentialen abgeleitet. Die Kennzahlen werden in einem Stakeholderprozess diskutiert, um sie zukünftig als KIPs innerhalb der Branche verwenden zu können.
3. Nachfolgend werden dynamisch thermische Gebäudesimulationsmodelle erstellt, mit denen das Potential unter Ausnutzung der vollständigen Flexibilitätspotentiale berechnet wird.
4. Im dritten Schritt erfolgt der Vergleich der KPI’s zwischen Messdaten mit den Simulationsergebnissen. In den Fällen, in denen relevante Differenzen entstehen, werden gemeinsam mit Betreibern, Planern und Nutzern in einem Stakeholderprozess, verallgemeinerbare technische Maßnahmenpakete und Umsetzungskonzepte erarbeitet, um das volle Potential energieflexibler Gebäude zu erschließen. So werden konkrete Handlungsempfehlungen zur Umstellung des Energiemanagements hinsichtlich des Einsatzes energieflexibler Maßnahmen entwickelt. Übergeordnete Ziele sind a) die Senkung der Betriebskosten und b) die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien.
5. Die allgemein zu erwartenden Probleme und Herausforderungen bei der Ausrichtung auf energieflexiblen Gebäudebetrieb werden für die zu untersuchenden Gebäudetypen aufgezeigt (z. B. schlecht bzw. nicht funktionierende Komponenten / Anlagen / Regeltechnik, zu niedriger PV-Ertrag, zu hoher Verbrauch, Einschränkung der Behaglichkeit der Nutzerinnen, etc.) und konkrete Maßnahmen, d. h. Lösungsansätze dargestellt.
6. Abschließend werden die Möglichkeiten und Anforderungen aus personeller und organisatorischer Sicht für die Facility Management-Branche unter Beachtung neuer Geschäftsfelder zusammengefasst.

Zentrales Ergebnis des Branchenprojektes II ist ein Leitbild für die „PowerPack Immobilie“, welches für typische Gebäudetypen aufzeigt, wie sich das Energiemanagement energieflexibler Gebäude konzeptionell umsetzen lässt und welcher wirtschaftliche als auch energetische Mehrwert damit erschlossen werden kann.