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Green Polyolefins

Entwicklung von Polyolefin-Recyklatmaterial für high-quality-Einsatz und internationale Technologieführerschaft

Programm / Ausschreibung BASIS, Basisprogramm, Budgetjahr 2019 Status abgeschlossen
Projektstart 01.11.2018 Projektende 31.10.2019
Zeitraum 2018 - 2019 Projektlaufzeit 12 Monate
Keywords

Projektbeschreibung

Das Recycling von Kunststoffabfällen ist zwar ein explizites Ziel auf EU-Ebene, allerdings werden derzeit nur rund 22 % tatsächlich einer Wiederverwertung in „low-quality“-Anwendungen zugeführt. Bei Polyolefinen (PO) – das sind Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) sowie Mischungen davon – werden etwa 28 % werkstofflich recykliert, allerdings für qualitativ niedrige Anforderungen.

Das geplante Projekt zielt auf eine Entwicklung von technologischen Konzepten und Lösungen zur Beseitigung dieser Problemfelder ab, welche derzeit den Einsatz von wiederverwerteten Polyolefinen in anspruchsvollen Anwendungen begrenzen bzw. verhindern, und soll die Forschungskompetenz von Borealis in diesem zukunftsrelevanten Technologiefeld auch im internationalen Vergleich deutlich stärken.

In internen Vorprojekten bei Borealis wurden drei Produkte mit Einsatz von PCR (25 bzw. 50 %) in Compounds für technisch einfache Anwendungen insb. im Automobilbereich entwickelt. Allerdings ist es das Ziel, mit PO-Recyklaten in den anspruchsvollen Anwendungsbereich zu gelangen. Vergleichbare Produkte werden derzeit weder von Recycling-Unternehmen noch von anderen Polyolefin-Herstellern angeboten, allerdings haben einige Compounder Produkte mit einem gewissen Recyklat-Anteil im Portfolio.

Die technischen Probleme in der ggst. Forschungsfrage liegen darin, dass der auf dem Markt erhältliche PCR nicht sortenrein ist, sondern aus höchst heterogen zusammengesetzten Grundmaterialien besteht (zB bzgl. molekularer Parameter, thermische/mechanische Eigenschaften, verschiedenste Additive, Ageging-Zustand, Kontaminierungen etc.) t. dar, die sich etwa nach folgenden Eigenschaften unterscheiden. Die technischen Herausforderungen und die anvisierten Lösungspfade des geplanten Forschungsprojekt „Green Polyolefins“ liegen daher in vier Bereichen:
1) Unzureichende mechanische Eigenschaften des Materials
Die mechanischen Eigenschaften von Recycling-Materialien sind wesentlich schlechter als von Virginmaterialien was die Balance Steifigkeit / Schlagzähigkeit betrifft. Beim Compoundieren beider Materialien sinkt die Gesamtperformance des Compounds. Mit den geplanten Forschungsarbeiten soll versucht werden, ob eine Einbringung der recyklierten Materialien als heterogene Phase das Problem verringern kann.
2) Mangelnde Verarbeitbarkeit aufgrund niedriger MFI-Werte (Melt-Flow-Index)
Die Verarbeitung von Materialien mit sehr unterschiedlichen MFI-Werten ist nur eingeschränkt oder gar nicht möglich, da sich die verschiedenartigen Materialien im Extruder nicht durchmischen lassen. Im Forschungsprojekt ist geplant, zwei spezifische Möglichkeiten zu analysieren und zu evaluieren: Den Einsatz von peroxid-induzierter Degradierung (Visbreaking) bei PP-Matrices und den Zusatz extrem leichtfließender PP-Typen, welche normalerweise für Meltblown-Fasern und Langglasfaser-Composites eingesetzt werden. Beide schränken allerdings die Verwendung des Matrixmaterials stark ein, sodass nur wenig adjustiert werden kann, wenn die mechanischen Eigenschaften des Compounds nicht den Anforderungen entsprechen. Im schlimmsten Fall sind die Qualitätsschwankungen so groß, dass eine ständige Anpassung ökonomisch nicht sinnvoll ist.
3) Geruchsprobleme (bzw. mögliche toxische Emissionen)
Die Geruchsproblematik von PCR ist gerade für anspruchsvolle Anwendungen ein wesentliches Problem. Die im „post consumer waste“ enthaltenen Geruchsstoffe entstehen im Wesentlichen durch Aldehydbildung aufgrund der Oxidation der Polymerkette, die Kontamination durch Kontaktmedien (Amine aus Lebensmitteln u.ä.) und tlw. durch Additive und den Abbau von Additiven. Das größte Problem ist, dass die geruchsaktiven Substanzen weitgehend unbekannt sind und zu analysieren sind. Bei der Identifizierung charakteristischer Geruchskomponenten inklusive toxikologischer Bewertung wird der Kooperation mit dem Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie der TU Graz eine wesentliche Bedeutung zukommen. Zur Verringerung bzw. schrittweisen Beherrschung der Geruchsproblematik sollen verschiedene Methoden getestet werden, etwa Wasser-Einspritzungen im Extruder incl. Entgasung, Belüftung, Heißdampf-Behandlungen und tlw. destillative bzw. extraktive Abtrennung.
4) Unvorhersehbare Langzeit-Stabilität
Die Heterogenität des Recyklat-Materials und die damit verbundene Komplexität der Materialeigenschaften (insb. enthaltene Stabilisatoren und Additive, vielfach „black box“) stellt große Herausforderungen im Hinblick auf die erforderliche Langzeit-Stabilität dar. Im Zuge des geplanten Forschungsprojekts ist eine Evaluierung des Additivgehalts im recyklierten Material vorzunehmen, auch sind die Abbauprodukte von mehrfunktionalen Additiven und ihre Wechselwirkungen zu kennen. Hierbei ist die Zusammenarbeit mit der TU Graz, Institut für analytische Chemie, vorgesehen.

Wenn es Borealis im geplanten Forschungsprojekt gelingt, die beschriebenen technischen Herausforderungen weitgehend zu lösen, könnte der Sprung zur internationalen Technologieführerschaft gelingen.