SAFEfaceIMPLANT
Osteokonduktive, anti-mikrobielle Beschichtungen für komplikationsfreie Polymer-3D-gedruckte Gesichts-Implantate
Programm / Ausschreibung | Bridge, Bridge_NATS, Bridge_NATS 2018 | Status | abgeschlossen |
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Projektstart | 01.09.2019 | Projektende | 28.02.2023 |
Zeitraum | 2019 - 2023 | Projektlaufzeit | 42 Monate |
Keywords | Atmosphärendruck-Plasma-Beschichtung; Hydroxylapatit; Osteoinduktiv; PolyJet 3D-Druck; Gesichtsimplantate |
Projektbeschreibung
Implantate für den Gesichtsbereich werden zunehmend chirurgisch eingesetzt, um Trauma-bedingte Deformationen (d.h. bedingt durch Unfälle und Tumore) sowie altersbedingten Schwund der Gesichts-knochen (im Speziellen Wangenknochen, Kinnknochen und Nasenbein) zu korrigieren. Derzeit kom-men überwiegend Implantate aus Polymeren zur Anwendung, welche jedoch im Detail nicht auf die Anatomie des spezifischen Patienten abgestimmt sind und erst während des chirurgischen Eingriffs angepasst werden. Folgen sind dadurch längere Dauer der aufwendig minimalinvasiv durchgeführten OPs zur Vermeidung sichtbarer Narben, durch den dadurch bedingten sehr kleinen Zugang eine kom-plizierte Verschraubung des Implantats am vorhandenen Knochen und schlussendlich – bei oft auftre-tender ungenügender Anzahl an Schrauben – die Gefahr der Migration und Rotation des Implantats (d.h. unerwünschtes OP-Ergebnis, entstelltes optisches Erscheinungsbild des Gesichts). Zudem führt fehlende Bioaktivität der verwendeten Materialien durch Verkapselung des Implantats ohne Verwuchs mit dem Knochen zu erhöhter Neigung von bakteriellen Infektionen, was wie bei Implantat-Migration eine Wiederholung des chirurgischen Eingriffs erfordert (d.h., Entfernung und veränderte Positionie-rung des Implantats). CT-Bilder der Gesichtsknochen des Patienten liegen jedoch bereits heute meist zur Operationsvorbereitung vor, was die Basis für die Planung patientenspezifischer Implantate dar-stellt, welche die oben genannten Komplikationen entsprechend den Erfahrungen aus der z.B. Wirbel-säulen- und Kieferchirurgie deutlich verringern können.
Fokus dieses Projekt (SAFEfaceIMPLANT) ist nun die Entwicklung der Grundlagen für zukünftige patientenspezifisch angepasster Gesichtsimplantate, wobei dazu – basierend auf den chirurgischen Erwartungen – (i) als Grundwerkstoff ein bioinertes, nicht-biodegenerierendes Photopolymer zur dau-erhaften Beibehaltung der definierten Formen sowie (ii) bioaktive Beschichtungen aus Hydroxyapatit (HAp) zur optimalen Verbindung mit dem umliegenden Knochen angewendet werden sollen. Zukünftig patientenspezifische Fertigung wird durch Anwendung additiver Fertigung (3D-Druck) erreicht, wobei das PolyJet-Verfahren (= Auftragen eines flüssigen Photopolymers über einen Druckkopf und UV-Aushärtung) durch den Industriepartner alphaCAM unter Nutzung eines biokompatiblen, medizinisch zugelassenen, nicht-degenerierenden Polymers („Med610“) aus der Entwicklungsabteilung von Stra-tasys (als Marktführer und assoziierter Projektpartner) zum Einsatz kommt. Die Oberfläche wird dabei biomimetisch mit „Nischen“ für optimale Adhäsion von Knochenzellen (Osteoblasten) gestaltet, der 3D-Druck hinsichtlich einer weitgehenden Vermeidung von im Postprocessing vor allem in Hinblick auf hohe Biokompatibilität schwierig zu entfernenden Supports für überhängende Strukturen optimiert.
Der Hauptschwerpunkt der wissenschaftlichen Forschungsarbeiten der beiden Forschungspartner JOANNEUM RESEARCH (JR) und Medizinische Universität Wien (MUW) liegt jedoch im Bereich der bioaktiven Beschichtungen – d.h. der Aufbringung von bioaktivem HAp mit zusätzlich beigemengter Zn-Dotierung. Zur Anwendung kommt dafür die Atmosphärendruck-Plasma-Beschichtungstechnologie (APPD) mittels dem vom zweiten Industriepartner des Projekts, Inocon, entwickelten Plasma-Jet, wel-cher sich vom Stand-der-Technik (d.h. thermisches und Plasma-Spritzen) in signifikant verbesserten Regelbarkeit der erzielbaren Plasmen in einem deutlich größeren Parameterberiech (Energie, Tempe-ratur, etc.) sowie auch der Nutzung von sehr geringen Temperatureintrags in den Substratwerkstoff unterscheidet. Dadurch kann auch die Beschichtung von temperatursensitiven Polymeroberflächen (wie dem biokompatiblen Photopolymer Med610 von Stratasys) ermöglicht werden. Forschungshypo-these von JR und MUW ist, dass die gute Regelbarkeit der HAp-Partikelerwärmung im Plasma sowie auch die Nutzung des Plasma-Jets zu einer anschließenden Wärme-Nachbehandlung bereits abge-schiedener Beschichtungen eine gezielte Einstellung der sich ausbildenden HAp-Phasen ermöglichen kann, welche basierend auf der Literatur zu Spritzschichten (d.h. für die State-of-the-Art-Technologie für metallische Substrate) entscheidenden Einfluss auf das Auflösungsverhalten (Biodegradation) der Schicht in physiologischer Umgebung haben. Der Aufbau von grundlegendem Wissen zu Beschich-tungsparameter- / Schichtstruktur- / Schichteigenschafts-Beziehungen ist daher essentiell, um durch derartig gut regelbare Einstellung der Phasen (a) fast unlösliche Phasen als Haftschichten am Poly-mer und (b) in einem zu entwickelnden Gradienten-Schichtaufbau zur Oberfläche hin (d.h. zur Kon-taktflächen zum Knochen) zunehmend leichter lösliche, osteoinduktive bzw. osteokonduktive Schich-ten zu erzielen. Ein Vorprojekt zeigte dabei eine grundsätzliche Realisierbarkeit der APPD von HAp auf Metall (Stahl und CoCr) – die Schichtherstellung auf thermisch sensitiven Polymeren sowie das dazu detailliert notwendige Verständnis der Phasenausbildung und zum Auflösungs-/Biodegradationsverhalten aus materialwissenschaftlicher und chemischer Sicht unter in vitro und in vivo Bedingungen fehlen jedoch bislang auf temperatursensitive Polymeren auch vollständig in der Fachliteratur. Zudem zeigen Studien zu HAp-Werkstoffen mit Substitution von Ca bzw. mit Beimen-gung von Legierungselementen wie z.B. Zn verbesserte Osteoinduktion (d.h. Anregung der Knochen-neubildung) sowie antimikrobielle Wirkung auf Bakterien und Biofilme während der Biodegradation der Schicht. Auch dieser Effekt soll für die APPD-Beschichtungen durch materialwissenschaftliche sowie in vitro und in vivo Untersuchungen verifiziert werden.
Die 3 ins Projekt integrierten Jungforscher werden dabei bei JR, Inocon und MUW speziell in die ma-terial- und medizinisch-biologisch-wissenschaftliche Arbeit einbezogen – auch mit dem Fokus auf wissenschaftlicher Verwertung der Projektergebnisse im Rahmen von Publikationen und Dissertatio-nen. Sie werden dabei wissenschaftlich und administrativ von bereits etablierten Forschern unterstützt.
Als Projektergebnisse werden seitens der Industriepartner auf das thermisch sensitive Med610-Photopolymer abgestimmte APPD-Beschichtungsprozesse für Beschichtungen mit Gradienten in der Phasenstruktur erwartet, die die Grundlage für eine zukünftige Anwendung von bioinertem Photopo-lymer mit bioaktiver Beschichtung für Gesichtsimplantate ermöglichen werden und die Basis für die Aufskalierung auf Industrieprozesse sowie für die medizinische Zulassung darstellen. Eine Anwen-dung der Ergebnisse ist nach Durchführung einer klinischen Studie (unter Berücksichtigung der erwar-teten Änderungen für patientenspezifisch 3D-gedruckte Implantate in der Zulassung) 3 bis 3.5 Jahre nach Projektende geplant, wobei neben der gemeinsamen Fertigung von patientenspezifischen Im-plantaten von alphaCAM und Inocon auch die Lizensierung der Prozesse an weitere Technologienutzer (und damit auch die Fertigung von Beschichtungsanlagen bei Inocon) im Vordergrund steht. Für letzere Exploitation-Strategie kann auch auf das globale Netzwerk von Stratasys (assoziierter Projekt-partner) zurückgegriffen werden. Die Einbindung von Spitälern (bzw. deren Mund-/Kiefer-/Gesichts-Chirurgen) als assoziierte Partner bereits im Projekt wird dabei als weitere vorbereitende Strategie für die anschließende industrielle Verwertung der Projektergebnisse genutzt.
Abstract
Face implants gain increasing importance in surgery to correct for trauma-related deformities (i.e., accidents and tumours) and age-related facial bones (in the cheekbone, chin bone, and nasal bone). Currently, implants are predominantly made of polymers, which adapted to the anatomy of the specific patient during the surgical procedure. Thus, consequence is longer duration of the minimally invasive surgery performed to avoid visible scars and the very small access complicates screwing of the implant to the existing bone, which increases the risk of implant migration due to insufficient number of screws. Lack of bioactivity of the used materials results in increased probability for bacterial infections by encapsulation of the implant without adhesion to the bone, which, as in migration, requires repeated surgical procedures (i.e., removal and altered positioning of the implant). However, CT images of the patient's facial bones are already available for surgical preparation, which forms the basis for patient-specific implants, which compensate for the above-mentioned complications in accordance with experience from e.g. spinal and maxillofacial surgery.
Focus of this project SAFEfaceIMPLANT is now the development of the basis for the future generative production of such customized facial implants, whereby (i) as base material bioinert, non-biodegenerating photopolymers for permanent retention of the defined forms as well as (ii) bioactive coatings of hydroxyapatite (HAp ) for optimal connection with the surrounding bone are planned to be applied. Patient-specific manufacturing is achieved by additive manufacturing (3D printing), i.e. the PolyJet process (= printing of liquid photopolymer via a print head and UV curing) by the industrial partner alphaCAM using a biocompatible, medically accredited, not degenerating polymer ("Med610") from the development department of Stratasys (as market leader). The surface will be biomimetically designed with "niches" for optimal adhesion of bone cells (osteoblasts) and the 3D printing process itself will be optimized to avoid post-processing to remove supports for building overhanging structures.
However, the main focus of scientific research is set in the field of bioactive coatings - i.e. the application of bioactive HAp with additionally added Zn ions. For this purpose, the atmospheric pressure plasma coating technology (APPD) is used, whereby the applied plasma jet of the industrial partner Inocon differs from the state-of-the-art (i.e. thermal and plasma spraying) in significantly improved controllability of the achievable plasmas (energy, temperature, etc.) as well as the use of very low temperature input into the substrate material. This also allows coating deposition on the temperature-sensitive polymer surfaces (such as the Stratasys’ biocompatible photo-polymer Med610). The research hypothesis of JOANNEUM RESEARCH (JR) and Medical University of Vienna (MUW) is that the good controllability of HAp particle heating in the plasma as well as the use of the plasma jet for a subsequent heat treatment of already deposited coatings can enable a targeted adjustment of the forming HAp phases, which – based on the literature on spray coatings (i.e. for the state-of-the-art technology) – have a decisive influence on the dissolution behaviour (biodegradation) in a physiological environment. Building up of basic knowledge about relationship of coating parameters, layer structure and properties is therefore essential in order to ensure (a) almost insoluble phases as adhesive layers on the polymer and (b) in a gradient phase composition towards the surface (contact surfaces to bone) increasingly more easily soluble, osteoinductive layers. A preliminary project showed general feasibility of the APPD for HAp coatings on metal (steel and CoCr). However, missing is any knowledge of a coating deposition on thermally sensitive polymers as well as the necessary detailed understanding of the phase formation and the dissolution / biodegradation behaviour thereon from material science and chemical point of view under in vitro and in vivo conditions. In addition, the effect of improved osteoinduction as well as antimicrobial effect on bacteria and biofilms during the biodegradation of the HAp layers with substitution of Ca or with addition of alloying elements such as e.g. Zn has to be verified for the APPD coatings by material science as well as in vitro and in vivo studies studies.
At JR, Inocon and MUW, the 3 young researchers are specifically involved in the scientific work on coating development and material and medical-biological characterization - with the focus on the sci-entific exploitation of the project results in the context of publications and PhD work and with scientifically and administratively support by internationally recognized researchers.
As part of the project results, the industry partners expect the basis for APPD coating processes for Hap coatings with gradients in the phase structure for the thermally sensitive Med610 photopolymer, which will enable the future application of bio-inert photopolymers with bioactive coating for facial implants and the basis for scaling up to industrial processes for medical approval. Application of the results is planned 3 to 3.5 years after completion of a clinical study (taking into account the expected changes for patient-specific 3D printed implants). In addition to the joint production of patient-specific implants, the business model of alphaCAM and Inocon includes the licensing of processes (and thus also the production of coating systems at Inocon). The involvement of hospitals (or their oral and maxillofacial surgeons) is planned as associated partners already in the project, being the basis of a marketing strategy for the subsequent industrial exploitation of the project results.